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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz
Autoren: Keith Ablow
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Familiennamen zu nennen.
    Psychiatrische Krankengeschichte:
Unbekannt. Der Patient hat j
edoch einige horizontale Narben am linken Handgelenk, was auf einen Selbstmordversuch in der Vergangenheit schließen läßt.
    Somatische Krankengeschichte:
Unbekannt.
    Bewertung und Therapie:
Der Patient leidet eindeutig an einer Psychose, entweder an chronischer paranoider Schizophrenie oder an wahnhafter Depression. In j
edem Fall ist der Einsatz von Psychopharmaka angeraten. Auch die Verabreichung eines Antidepressivums ist zuerwägen. Wir werden Mr. Westmoreland weiter im Hinblick auf Suizidgefahr beobachten, da er auf Fragen nach Selbstmordgedanken nicht antwortet.
    Dr. Tom Klein
    behandelnder Psychiater
    Stonehill 3
    Den täglichen Eintragungen auf dem Krankenblatt entnahm ich, daß Westmoreland die Einnahme sämtlicher verschriebener Medikamente verweigert hatte. Deshalb hatte Dr. Klein einen Antrag beim Bezirksgericht von Lynn gestellt und die Genehmigung erhalten, dem Patienten dreimal täglich eine Dosis Thorazin intramuskulär zu injizieren. Tagelang hatte Westmoreland sich gegen die Spritzen zur Wehr gesetzt und manchmal sechs Stunden am Stück an Händen und Füßen fixiert in einem Isolierzimmer verbracht. Doch schon eine Woche später sprachen Kleins Aufzeichnungen von einer »deutlichen Besserung«. Zuerst ließ sich der Patient bereitwillig die Spritzen verabreichen, dann erklärte er sich einverstanden, die Medikamente oral einzunehmen. Zehn Tage nach seiner Einweisung beteuerte er gegenüber den behandelnden Ärzten, daß er nichts mehr für die Statue empfände. Er wurde, ausgestattet mit einem Vorrat an Thorazin, ins Obdachlosenasyl von Lynn überstellt und bekam einen Termin in einer Ambulanzklinik. Das man am Tatort bei ihm eine unangebrochene, zwei Jahre alte Flasche Thorazin gefunden hatte, war davon auszugehen, daß er diesen Termin nie wahrgenommen hatte.
    In seinem Entlassungsbericht schrieb Klein, daß sich »der Zustand paranoider Schizophrenie innerhalb von zehn Tagen drastisch besserte«. Bei dieser Behauptung mußte ich grinsen. Denn die Diagnose des Arztes wies eine offensichtliche Schwachstelle auf: Es dauert etwa drei Wochen, bis Thorazin bei einem Psychotiker die erste Wirkung zeigt.
    Plötzlich merkte ich, daß jemand neben mir stand, und als ich aufblickte, sah ich Kevin Malloy.
    »Es paßt doch alles zusammen«, spöttelte er. »Das Blut des Opfers auf seinen Kleidern. Daß er Patient des Krankenhauses war, in dem die Frau arbeitete. Und ich habe noch eine Info von Ihrem Kumpel Levitsky: Er hat Sperma von einem Mann mit Westmorelands Blutgruppe in ihr gefunden. Aber man kann ja mit den Rechten eines Mörders nicht vorsichtig genug umgehen. Vielleicht sollte man mit dem Geständnis noch warten, bis uns jemand ein Video vorführt, auf dem er sie gerade auseinandersäbelt.«
    Ich fand Kathy in der winzigen Kammer, die den Ärzten als Bereitschaftsraum diente. Im OP-Anzug saß sie auf dem Bett und schrieb den Bericht über die Entbindung. »Sieben Pfund, dreihundert Gramm«, verkündete sie. »Ich könnte schwören, er hat seine Mutter angelächelt, als sie ihn im Arm hielt.«
    Wortlos nahm ich neben ihr Platz. Als ich geboren wurde, wog ich nur knapp fünf Pfund. Meiner Mutter war es so peinlich gewesen, schwanger auszusehen, daß sie hungerte, um ihre Figur zu halten. Deshalb hat Mutterglück mich noch nie rühren können. »Tut mir leid, das mit Sarah«, sagte ich.
    Sie steckte den Stift in die Hemdtasche und stützte den Kopf in die Hände. » Wer war es?« fragte sie. »Ein Schizophrener hat sich der Polizei gestellt.«
    Sie blickte zur Decke. »Wurde sie erschossen?«
    »Er hat ein Messer benutzt.«
    Eine Träne rollte ihr die Wange hinunter. »Hat er ... du weißt schon ... hat er sonst noch was mit ihr gemacht?«
    »Ja, hat er. Er hat sie vergewaltigt.«
    »Vergewaltigt?« Sie starrte mich an, und die Trauer auf ihrem Gesicht wich langsam einem Ausdruck von Verstörung. Dann beugte sie sich so nah zu mir herüber, daß ich ihren Atem spürte. Dann fuhr sie plötzlich zurück, als ob sie etwas Scheußliches gerochen hätte. »Du hast wieder gekokst!«
    Der Bereitschaftsraum liegt direkt am Hauptflur. »Nicht so laut, verdammt«, zischte ich.
    »Red nicht mit mir wie mit einem Kleinkind!« Sie stand auf. »Es darf doch nicht wahr sein, daß du wieder damit anfängst. Die Entziehungskur ist noch nicht mal fünf Monate her.«
    Ich sah in den Spiegel. Unter meiner Nase entdeckte ich
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