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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz
Autoren: Keith Ablow
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Körperstellen keine Bestätigung dafür finden. Ihre Speiseröhre war weich und rosig.«
    »Sicher würde sie sich über diese Diagnose freuen, Paulson. Hast du den Zeitpunkt des Todes schon ermittelt?«
    »Mitternacht, plusminus eine Stunde.«
    »Westmoreland hat die Polizei kurz nach drei Uhr morgens gerufen. Also hatte er genug Zeit, das Messer – und die Brüste – loszuwerden.«
    »Du sagtest doch, daß nichts auf eine Vergewaltigung hinweist.«
    »Richtig.«
    »Keine Hautrisse. Keine Hämatome. Keine Blutergüsse. Nichts.«
    »Genau.«
    »Und ...«
    »Und was?«
    »Westmoreland hat mir nicht viel verraten, aber in einem war er sicher: Er hatte Sex mit ihr. Und ich habe erfahren, daß er dieselbe Blutgruppe hat wie der Kerl, der in ihr gekommen ist. Passiert es öfter, daß nach einer Vergewaltigung keine Veränderungen an den Genitalien festzustellen sind? Nach einer Vergewaltigung, die mit einem Mord endet?«
    »Nicht sehr häufig.« Levitsky haßte offene Fragen wie kein anderer. Er seufzte.
    »Dann erkläre mir eines: Warum hat sie keine vaginalen Verletzungen?«
    »Vielleicht hatte sie zu große Angst, um sich zu wehren, und hat es einfach über sich ergehen lassen. Vielleicht stand sie ja auch auf Penner, und er hat sie umgebracht, nachdem sie zusammen im Heu waren.«
    »Klar doch.«
    »Ich traue jedem alles zu.«
    »Das ist deine Erklärung?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Daß sie freiwillig mitgemacht hat?«
    »Worauf willst du hinaus? Schließlich bist
du
der Fachmann für menschliches Verhalten. Ich rede nur über das, was ich sehe.«
    »Also ist die Sache für dich erledigt. Fall abgeschlossen.«
    'Levitsky strich eine Falte seines Laborkittels glatt. »Du vergißt wohl, wen du vor dir hast. Hast du jemals erlebt, daß ich aufgebe? Ich bin ein Besessener, Frank. Ein Wahnsinniger. Manchmal kommt mir die Antwort im Schlaf. Ich habe schon von Aortas und Winddärmen geträumt. Einmal habe ich sogar geträumt, ich wäre ein Bakterium –
Clostridium difficile,
um genau zu sein. Ich zerfraß den von Geschwüren übersäten Darm meines damaligen Autopsiefalles. Am nächsten Morgen habe ich die Leiche auf Clostridien getestet – und siehe da!« Er steigerte sich in sein Thema hinein. »Während eines kurzen Nickerchens auf meiner Couch zwischen zwei
    Comedy-Serien war ich schon ein Cytomegalovirus. Und so was Trassiert mir nicht nur im Schlaf.«
    Ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Schon verstanden. Also hakst du den Fall noch nicht ab?«
    »Nein. Obwohl unsere Freunde bei der Polizei das gerne hätten. Malloy hat mich inzwischen schon dreimal angerufen und sich
nach
meinem abschließenden – die Betonung liegt auf
abschließend –
Bericht erkundigt.«
    »Emma Hancock will verhindern, daß ein ungeklärter Fall ihr
die
Beförderung zur Polizeipräsidentin vermasselt. Sie hat mir anderthalb Tage gegeben, um ihr einen Grund zu liefern, warum Westmoreland nicht auf der Stelle dem Richter vorgeführt werden sollte. Und seitdem sind schon einige Stunden vergangen.«
    »Hältst du ihn für unzurechnungsfähig?«
    »Wen man ihn jetzt ein Geständnis ablegen läßt, wäre das wie die Aussage eines Kindes, das gerade aus einem Alptraum aufwacht. Der Mann begreift nicht, was um ihn herum vorgeht. Er lebt in einein psychotischen Nebel aus Stimmen und Visionen.«
    » Mit solchen Einschätzungen wirst du dich bei unseren Gesetzeshütern nicht unbedingt beliebt machen.«
    »Nein«, gab ich zu. »Die Hancock war ziemlich sauer. Ich bin nicht einmal sicher, ob sie sich an unsere Abmachung halten wird.«
    »Für dich steht eine Menge auf dem Spiel. Bei der Polizei fangen sie allmählich wieder an, dir zu vertrauen. Du bekommst regelmäßig Aufträge. Und es ist schon eine Weile her, daß jemand über dein ...«
    »Ich weiß, ich weiß. Ich brauche die Arbeit, das kannst du mir glauben. Und ich will, daß sie mir vertrauen, Paulson, ganz ehrlich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie wichtig mir das ist.« Ich machte eine Pause. »Doch genauso wichtig ist es mir, daß meine Patienten Vertrauen zu mir haben können. Selbst ein Patient, der des Mordes verdächtigt wird.« Er nickte stirnrunzelnd. »Emma Hancock wird das gar nicht gefallen«, sagte er. »Aber ich finde es prima.« Als ich Levitskys Labor verließ, war es schon dunkel. Vom Autotelephon aus rief ich im Gefängnis an und gab Anweisung, Westmoreland seine Dosis Thorazin zu verabreichen.
    Allerdings wußte ich, daß sie ihn lediglich ruhigstellen würden. Es
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