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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz
Autoren: Keith Ablow
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weißes Pulver. Ich wischte es weg und drehte mich zu ihr um. »Du solltest Polizistin werden.«
    »Du blöder Idiot!« brüllte sie und schüttelte den Kopf. »Habe ich nicht schon genug verloren? Willst du, daß ich aufwache, und du liegst tot neben mir im Bett?«
    »So schnell sterbe ich nicht, Kathy.«
    Sie wollte sich an mir vorbeidrängen. Ich stellte mich mit dem Rücken zur Tür. »Ich hör auf, sobald dieser Fall vorbei ist. Versprochen.«
    »Spar dir deine Versprechungen. Ich will dein Gerede nicht mehr hören.«
    »Das willst du nie.«
    »Ach, du armer Junge, niemand versteht dich. Schauen wir mal, ob ich es richtig kapiert habe: Du mußt dich zudröhnen, weil ich zu unsensibel bin, um deine Bedürfnisse zu erkennen.« Sie kräuselte verächtlich die Lippen. »So ein Schwachsinn.« Ich machte einen Schritt auf sie zu und legte ihr sanft die Hände auf die Schultern. »Sprechen wir zu Hause darüber.«
    »Ich komme nicht nach Hause. Das vor fünf Monaten hat mir gereicht.«
    Ich sah rot. »Mit wem hat es dir gereicht? Mit mir oder mit Trevor Lucas? Das halbe Krankenhaus redet noch darüber, daß du was mit diesem Egozentriker hattest, während ich in der Klinik Blut und Wasser geschwitzt habe.«
    »Komisch, vor dem Entzug hätte ich geschworen, daß dich deine nächste Ration Stoff mehr interessiert als mein Sexualleben.«
    »Und deshalb dachtest du, ein Schönheitschirurg könnte da Abhilfe schaffen? Das ist wahre Treue, Kathy! Echte Charakterstärke.«
    Sie blickte mich trotzig an. »Wenigstens war Trevor nicht ständig so zugedröhnt, daß er keinen mehr hochgekriegt hat.« Am liebsten hätte ich ihr eine gescheuert, aber ich vermutete, daß sie es darauf anlegte, sich durch körperlichen Schmerz von ihrem seelischen abzulenken. Also holte ich tief Luft. »Wenn wir uns gegenseitig fertigmachen, wird Sarah auch nicht wieder lebendig.«
    »Ich brauche keinen Seelenklempner, um zu wissen, daß meine Freundin nicht aus dem Grab auferstehen wird, okay? Und wenn du nur ein bißchen Grips hättest, wäre dir klar, daß du der einzige bist, den ich ins Leben zurückholen will. Aber du bist zu zugekokst zum Denken.« Sie ging um mich herum und streckte die Hand nach der Türklinke aus. Ich versperrte ihr den Weg. »Wir sind noch nicht fertig.«
    Kathy trat zwei Schritte zurück, zog ihren Stift aus der Tasche und zückte ihn wie einen Dolch. Sie zitterte. »Geh mir sofort aus dem Weg.«
    Ich kannte Kathys aufbrausendes Temperament gut genug, um zu wissen, daß ich mein Augenlicht oder wenigstens meine Klamotten riskierte. Deshalb wich ich in Richtung Bett aus.
    Sie warf den Stift nach mir – aber daneben. Er prallte an der Wand ab. »Ruf mich nicht an, pieps mich nicht an und komm auch nicht vorbei«, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Zwischen uns ist es aus.« Sie stürmte hinaus. Fast wäre ich ihr nachgelaufen, doch ich glaubte, ihre Wut würde sich ganz von allein in Trauer verwandeln. Ich sah in den Spiegel, um mich zu vergewissern, daß ich kein Pulver mehr an der Lippe hatte, steckte den Rollkragenpulli wieder in die Hose und ging.
    Es ist kein Zufall, wenn einem der Bauch etwas sagt. In Intuitionen treten die Dinge zutage, die man gesehen und doch nicht gesehen, die man gehört und doch nicht gehört hat. Deshalb lauschte ich mit meinem »dritten Ohr« in mich hinein, weil mir Levitskys Worte bei der Autopsie einfach nicht aus dem Kopf gingen: Sarah hatte keine vaginalen Verletzungen erlitten. Ich fuhr zurück zur Leichenhalle und machte mich auf den Weg in sein Labor.
    Er hatte mich nicht hereinkommen hören, denn er saß über ein Mikroskop gebeugt und betrachtete Dias von Gewebepartikeln, die er Sarahs Brust entnommen hatte.
    »Massive geschwulstartige Veränderungen an den Wundrändern«, sprach er ins Mikrophon.
    »Könnten das nicht Schmutzspuren auf dem Glas sein?« flüsterte ich.
    Er blickte auf und rollte seinen Stuhl zur Seite. »Schau es dir selbst an.«
    Ich blickte durch die Linse, hatte aber keine Ahnung, was ich eigentlich sehen sollte. Nachdem ich an der Universität fast durch die Pathologieprüfung gefallen war, hatte ich das ganze Zeug so schnell wie möglich wieder vergessen. »Scheußlich. Was ist der Grund?«
    »Eine ernste Bindegewebserkrankung, würde ich sagen. Die Schäden sind so schwer, daß sie fast auf eine durchgängige Gewebeveränderung hinweisen. Sklerodermie zum Beispiel, eine Krankheit, die die Haut in Leder verwandelt. Allerdings kann ich an anderen
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