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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz
Autoren: Keith Ablow
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wollte mir an die Kehle gehen.
    Mit der Schulter fing ich den Aufprall ab und schaffte es, ihn am Haar zu packen und sein Gesicht gegen den Betonboden zu knallen. Seine Nase und seine Lippen bluteten. Als ich Zangotas rasche Schritte auf dem Flur hörte, näherte ich meinen Mund Westmorelands Ohr. »Tut mir leid«, flüsterte ich. »Aber Sie haben mich bedroht.« Im nächsten Moment legte Zangota ihm Handschellen an, und ich ging in Emma Hancocks Büro.
    Sie reinigte gerade ihren Revolver, als ich hereinkam.
    »Jetzt sagen Sie bitte, daß wir beide uns einig sind«, meinte sie, ohne aufzublicken. »Er ist doch klar genug, um ein Geständnis abzulegen?«
    »Sie wissen, daß ich Ihnen nur ungern widerspreche«, antwortete ich.
    »Dann lassen Sie's.«
    »Er hat sein Glied vorgezeigt und mich angegriffen.«
    Sie spähte in eine Kammer ihres Magazins und pustete hinein. »Nun, Sie sind zwar nicht gerade mein Typ, aber ich kann verstehen, saß er was an Ihnen findet.«
    »Er halluziniert.«
    Hancock sah auf und schüttelte langsam den Kopf. »Jetzt machen Sie mal 'nen Punkt, Sie heiliger Franziskus. Die Sache ist doch wohl sonnenklar. Er war mit dem Blut des Opfers bedeckt.« Sie ließ das Magazin zuschnappen und warf die Pistole in die Schreibtischublade. »Verschonen Sie mich damit.«
    »Wenn ich auch nur die geringsten Zweifel hätte, würde ich Ihnen den Gefallen tun, das wissen Sie genau. Doch der Typ ist vollkommen wirr.«
    »Sie lassen mich wirklich hängen?« Resigniert breitete sie die Hände aus. »Was rege ich mich überhaupt noch auf? Sie können fünf Stunden abrechnen.« Sie zuckte die Achseln. »Meinetwegen auch zehn, wenn Sie sich bei der nächsten Spendenaktion dran erinnern.«
    Ich spielte mit dem Gedanken, sie beim Wort zu nehmen, was die zehn Stunden anging, ich hatte eine Pechsträhne auf der Rennbahn hinter mir, und da das Koks einen Hunderter pro Gramm kostete, bekam ich allmählich Probleme mit dem Kredit für mein Haus. Aber etwas, das Levitsky in der Leichenhalle gesagt hatte, wollte mir einfach nicht aus dem Sinn. »Ich bin noch nicht fertig«, sagte ich. »Noch nicht.«
    »Tut mir leid. Ich wollte Sie wirklich mit diesem Fall beauftragen. Poch das ist offenbar nicht möglich.«
    »Haben Sie allen Ernstes vor, nach nur einem Gespräch mit dem Beschuldigten den Sachverständigen zu wechseln? Die Verteidigung wird Sie vor Gericht in Stücke reißen.«
    »Jetzt passen Sie mal gut auf. Dieser Wahnsinnige hat vielleicht Visionen oder hört Stimmen, das will ich gar nicht abstreiten. Aber er wußte ganz genau, daß er ein Verbrechen beging, als er das Mädchen zerstückelte. Er wußte, daß er gegen das Gesetz verstößt. Er war sogar klar genug, um danach die Polizei zu rufen.
    Er fühlt sich schuldig, weil er schuldig ist.«
    »Bei manchen Menschen existieren die Schuldgefühle nur in ihrem Kopf. Das sollten Sie eigentlich am besten wissen. In der katholischen Kirche wimmelt es von solchen Leuten.«
    Sie erstarrte. »Ich habe Sie gewarnt. In diesem Büro lästert niemand den Namen Gottes.« Dann beruhigte sie sich wieder. »Malloy hat erzählt, daß Sie das Opfer kannten.«
    »Sie war eine Freundin von Kathy.«
    »Also bin ich berechtigt, Sie von dem Fall abzuziehen. Sie sind persönlich betroffen.«
    »Hören Sie: Alles, was ich verlange, ist, daß ich ihm Thorazin verabreichen und morgen noch einmal mit ihm sprechen darf. Vielleicht ist er dann vernünftiger.«
    »Nein danke.«
    »Wen wollen Sie denn beauftragen? Chuck Sloane? Der Typ steht doch noch links von Lenin. Und George Schwartz würde den Verdächtigen in die Psychiatrie einweisen, nur weil er komisch angezogen ist.«
    »Ohne ein Geständnis oder eine gerichtliche Anordnung kann ich ihn nur zweiundsiebzig Stunden wegen Mordverdachts festhalten. Sie wissen genau, daß Richter Katzenstein unseren Schlächter stante pede ins Bridgewater State Hospital stecken wird. Und das lasse ich nicht zu.«
    »Geben Sie mir zwei Tage.«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil«, antwortete ich, »Sie wissen, daß Sie nicht alles wissen.«
    Die Falten auf Hancocks Stirn vertieften sich, und sie fing wieder an, mit den Fingernägeln zu klicken. Ich stellte mir vor, wie sie vergeblich versuchte, sich gegen die moralischen Grundsätze zu wehren, die ihr in den zwölf Jahren an Lynns katholischer Mädchenschule eingetrichtert worden waren. Sie schüttelte den Kopf und sah mich schließlich an: »Sie haben sechsunddreißig Stunden.«

2
    Als ich im Krankenhaus ankam,
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