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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz
Autoren: Keith Ablow
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vergewaltigte sie ein zweitesmal und erwürgte sie. »Das ist schon lange her«, sagte ich.
    »Ein Mädchen mußte sterben.«
    Ich biß die Zähne zusammen. »Weshalb rufen Sie mich dann überhaupt an, Emma? Macht es Ihnen Spaß, mich unter der Fuchtel zu halten?«
    »Ich finde, jeder hat eine zweite Chance verdient. Schließlich sind wir alle nicht frei von Sünde.« Ich schüttelte den Kopf. »Machen wir uns nichts vor. Prescott hat mit diesem Fall nichts zu tun. In Wahrheit brauchen Sie doch keinen sentimentalen, liberalen Psychoonkel wie mich, der Ihnen vielleicht eine negative Presse beschert. Nicht, wenn Sie in ein paar Monaten Polizeipräsidentin werden könnten.«
    »Ihr Wort in Gottes Ohr.«
    »Sie wissen, daß ich Ihnen die Beförderung gönne. Wirklich. Meiner Ansicht nach wäre es gut für uns beide und sogar für die Stadt. Aber ich glaube, Gott ist es scheißegal, wie die Sache ausgeht.«
    Hancocks Griff wurde fester. »Hier wird nicht geflucht.« Sie zögerte einen Moment und lächelte dann. »Eine Hand wäscht die andere«, sagte sie. »Ich habe immer dafür gesorgt, daß Ihre Rechnungen pünktlich bezahlt wurden und daß niemand Ihre Stunden nachzählt.«
    »Ich zähle sie.«
    »Die Zeit fliegt dahin.« Sie zwinkerte mir zu, dann ließ sie meine Schulter los. »Zangota soll Sie zum General bringen.« Angel Zangota, ein Bulle aus Lynn, der neu auf dem Revier war, begleitete mich zu Westmorelands Zelle. Ich roch den Gefangenen, bevor ich ihn sah. Er saß im Schneidersitz vor seiner Pritsche und trug zu viele Schichten schmutziger Kleider übereinander. Als die Tür geöffnet wurde, rappelte er sich auf und schlurfte zur hinteren Wand. Er wirkte wie etwa fünfundvierzig, war abgemagert und hatte verfilztes, graumeliertes Haar und stahlblaue Augen, die tief in den Höhlen lagen.
    Beim Öffnen legte Zangota die Hand auf die Waffe. »Soll ich hierbleiben?« erkundigte er sich.
    Ich bezweifelte, daß ich in Gegenwart eines uniformierten Polizisten etwas aus Westmoreland herausbekommen würde. »Es ist besser, wenn Sie auf dem Flur warten«, sagte ich. Zangota zog sich zurück, ich trat ein und stellte mich seitlich an die Wand. Meine Regel Nummer eins lautet, einem Häftling niemals den Weg zum Ausgang zu versperren. Westmoreland sah mich an und murmelte vor sich hin. Ich stellte fest, daß er immer wieder verstohlen in eine leere Ecke blickte. »Ist da drüben etwas, das Ihnen angst macht?« fragte ich.
    Er musterte mich von Kopf bis Fuß.
    Ich ging an der Wand in die Hocke, um ihm zu zeigen, daß ich eine Weile bleiben wollte. »Die Polizei sagt, Sie heißen Westmoreland.«
    »William C. Westmoreland, geboren 1914«, verkündete er.
    »Waren Sie in Vietnam?«
    Er schwieg einen Augenblick und kicherte dann in sich hinein. »Ich habe dort getötet.«
    Ich nickte.
    »Priester?«
    Ich trug einen schwarzen Rollkragenpulli. »Nein, Psychiater.«
    »Ist dasselbe«, antwortete er ruhig. Er setzte sich langsam. Sein Blick wanderte wieder in die Ecke und blieb dort hängen. »Ich möchte beichten, Vater. Ich habe versagt.«
    » Versagt?«
    »ich habe Gottes Prüfung nicht bestanden und seine Pläne durchkreuzt.«
    »Wie?«
    »Durch Pläne.«
    Schizophrene benutzen Worte als Schutzschilder, damit sie sich eicht wirklich offenbaren müssen. Und diese Abwehr wollte ich durchbrechen. »Womit haben Sie Gottes Pläne durchkreuzt?«
    »Ich habe geschändet.«
    An welcher Weise?«
    Er zupfte an seinem Ärmel, wie um etwas zu entfernen. »In einer Weise. Auf eine Weise. Durch eine Weise.« Ich beschloß, es anders zu versuchen. »Wo ist das Messer?« fragte ich.
    Zum ersten mal sah Westmoreland mir in die Augen. »Es gibt kein Messer«, sagte er. »Messer ist besser.« Reimen ist eine weitere Methode, mit der Schizophrene echte Kommunikation verhindern. »Haben Sie das Messer versteckt?« beharrte ich.
    Hastig wandte er den Blick ab. Diesmal sah er zur Decke und wieder zu mir. Er stand auf und machte ein paar zögernde Schritte auf mich zu. Ich wollte schon ebenfalls aufstehen, als er innehielt. »Sie hätte meine Frau sein können!« kreischte er. »Aber ich habe sie getötet! Mit diesem Messer!« Er fing an, sich die Uniformhose aufzuknöpfen. Da ich befürchtete, die Polizei habe ihn nicht gründlich genug nach Waffen durchsucht, sprang ich auf. Westmoreland ließ seine Hose runterrutschen und umfaßte seinen Penis. »Ich habe sie damit getötet!« brüllte er. Mit ausgestreckten Händen stürzte er sich auf mich und
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