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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition)
Autoren: Joe R. Lansdale
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teilweise, also warf Clyde sich ein drittes Mal dagegen, zusammen mit Sunset. Der Türrahmen barst, Splitter flogen, und schon waren sie drin und drückten die Tür wieder zu, um die Heuschrecken draußen zu halten.
     
    Bull schwang den Gewehrkolben nach hinten und traf etwas. Der Druck, der auf das Messer ausgeübt worden war, hörte auf, aber das Messer blieb, und er dachte: Verdammt, von hinten überwältigt, das ist nicht richtig, so was passiert doch mir nicht. Ich bin immer auf alles vorbereitet, aber verdammt, ich kann’s fühlen, ein Messer in meinem Rücken, und das sitzt so fest drin wie der Schwanz eines Bullen im Arsch einer Henne.
    Jetzt wandte er sich zu seinem Angreifer um, und der packte ihn vorne an den Beinen. In dem Moment wurde Bull klar, dass er jemanden mit dem Gewehrkolben getroffen und zu Boden gestoßen hatte, und derjenige hielt jetzt seine Beine umklammert, und er würde rücklings auf das Messer fallen.
    Bull versuchte, sich im Fallen zu drehen und auf der Seite zu landen, was ihm auch gelang. Zumindest größtenteils. Aber der Messergriff bekam trotzdem einiges von dem Druck ab, und das Messer glitt immer tiefer hinein. Bull hatte das Gefühl, dass sich in ihm sämtliches Feuer der Welt versammelt hatten, und dann krabbelte jemand ... oder etwas ... wie eine Kakerlake auf ihn drauf. Inzwischen hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und am Rand, wo die Tür nicht ganz zu war, drang das morgendliche Licht durch die Millionen von Heuschrecken hindurch, und in diesem Licht sah er ein schwarzes Gesicht und einen Kopf, auf dem eine Melone saß. Dann spürte er, wie kräftige Hände seine Kehle umklammerten. Er versuchte, mit der Schrotflinte zuzuschlagen, aber die Kakerlake schlug sie ihm aus der Hand, drückte ihn mit dem ganzen Körpergewicht – und es war eine riesige Kakerlake – nach unten, dem Messergriff entgegen. Bull stieß einen Schrei aus. Vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte, das Licht von der Tür wurde schwächer, doch dann war er wieder da, wenn auch nicht ganz. Er sah alles wie durch einen Schleier. Er versuchte, die Kakerlake an der Kehle zu packen, schaffte es aber nur, die Melone hinunterzustoßen. Als Nächstes versuchte er, den Kopf des Mannes nach hinten zu drücken, und dabei berührte sein Daumen etwas – es war eine Narbe. Und jetzt verließen ihn die Kräfte, er spürte etwas Warmes unter sich, sein Blut, das sich auf dem Boden verteilte. Es fühlte sich an wie ein großer Teich, in den er rückwärts hineinfiel. Er ließ den Daumen nach unten gleiten und rammte ihn der großen Kakerlake ins Auge, und der Mann zuckte zurück, aber das reichte nicht. Wieder drückte ihn der große Mann, diese riesige Kakerlake, so breit wie er selbst, nach unten, und das Messer tat seine Arbeit. Das Gesicht kam seinem so nah, dass Bull die Zähne des Mannes sehen konnte, als dieser den Mund öffnete, ihn ihm auf die Lippen legte und zu saugen begann. Bull dachte: Von jetzt an kümmer ich mich nur noch um meinen eigenen Kram. Dann spürte er Gelächter in sich aufsteigen, konnte aber nicht lachen. Von jetzt an. Oh ja. Kümmer ich mich nur noch um meinen Kram. Ich werd nur keinen Kram mehr haben. Und mit letzter Willenskraft schlug Bull die Zähne in Twos Unterlippe und biss so fest zu, dass seine Backenzähne knirschten.
    Two machte einen Satz nach hinten, und Bull griff an seinen Gürtel, zog die Pistole und feuerte. Er war so schwach, dass ihm der Rückstoß die Waffe aus der Hand riss, aber der Schuss traf Two in den Bauch. Two stand auf. Bull dachte: Verdammt, und ich hab immer gemeint, ich wär zäh. Er hatte den Kopf ein wenig gehoben, aber jetzt ließ er ihn sinken, schloss die Augen und dachte: Was kommt, das kommt – ich bin jedenfalls hinüber.
    Two legte eine Hand auf den Bauch, trat über Bull hinweg auf die Tür zu und stieß sie auf. Insekten summten herein. Er ging auf den Treppenabsatz hinaus und schloss leise die Tür hinter sich, als wäre mit ihm alles völlig in Ordnung. Als er Lee auf der obersten Treppenstufe liegen sah, das Bein unter sich verdreht, als wäre es aus Gummi, im Mund einen Gürtel, sagte er: »Wir sind angeschossen worden.«
    Lee hob die Schrotflinte und feuerte. Two wurde gegen das Geländer geschleudert. Die Bretter knackten, gaben nach, und Two fiel hindurch, den ganzen langen Weg bis zum Boden. Mit einer Hand lud Lee nach, kroch zum Geländer, um nach unten zu schauen, den Gürtel fest im Mund wie ein Adler die
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