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Julia

Julia

Titel: Julia
Autoren: Anne Fortier
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ertönte. Diejenigen Ganoven, die innehielten, um das Feuer zu erwidern, wurden sofort mit erstaunlicher Treffsicherheit niedergestreckt. Flach auf den Boden gepresst, wandte ich den Kopf, um zu sehen, wer die Schüsse abfeuerte. Zum ersten Mal in meinem Leben war mir der Anblick vorrückender Polizeibeamter in Kampfausrüstung höchst willkommen. Durch das von Coccos Männern freigelegte Loch strömten sie in die Krypta, bezogen Stellung hinter den Säulen, die ihnen am nächsten waren, und forderten die restlichen Banditen auf, die Waffen fallenzulassen und sich zu ergeben. Zumindest nahm ich das an.
    Nachdem ich das Eintreffen der Polizei beobachtet und begriffen hatte, dass unser Albtraum nun vorüber war, durchströmte mich ein solches Gefühl der Erleichterung, dass ich am liebsten gleichzeitig gelacht und geweint hätte. Wären sie nur eine Minute später gekommen, dann wäre alles ganz anders ausgegangen. Oder vielleicht hatten sie uns schon eine ganze Weile beobachtet und nur auf eine Gelegenheit gewartet, Cocco seine gerechte Strafe zukommen zu lassen, ohne ihn vor Gericht stellen zu müssen. Doch ungeachtet der Einzelheiten war ich, während ich dort auf dem Steinboden lag und nach dem ganzen Horror nicht recht wusste, wo mir der Kopf stand, durchaus bereit zu glauben, dass die Jungfrau Maria höchstpersönlich sie geschickt hatte, damit sie jene bestraften, die ihren Schrein geschändet hatten.
    Als den noch übriggebliebenen Gangstern schließlich klarwurde, dass sie keine Chance hatten, kamen sie mit erhobenen Händen hinter den Säulen hervor, wobei einer von ihnen so dumm war, sich nach etwas zu bücken, das auf dem Boden lag - höchstwahrscheinlich handelte es sich um einen der Edelsteine -, und daraufhin sofort erschossen wurde. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich registrierte, dass es der Kerl war, der mich und auch Janice draußen im Vorraum begrabscht hatte, und noch wichtiger, dass der Mann, der gerade geschossen hatte, Alessandro war.
    Sobald ich ihn erkannte, durchströmte mich eine überwältigende, schwindelerregende Freude. Doch bevor ich Janice an meiner Entdeckung teilhaben lassen konnte, setzte irgendwo über uns ein bedrohliches Grollen ein, das schnell zu einem ohrenbetäubenden Crescendo anwuchs, als eine der Säulen, die das Gewölbe trugen, genau auf die noch lebenden Banditen herunterkrachte und sie unter mehreren Tonnen Stein begrub.
    Das donnernde Echo der einstürzenden Säule breitete sich durch das ganze Netz der Bottini-Gänge aus, die uns nach allen Seiten hin umgaben. Es fühlte sich an, als erschütterte das Chaos in der Krypta den Boden wie ein Erdbeben. Ich sah, wie Umberto aufsprang und Janice und mir ein Zeichen gab, seinem Beispiel zu folgen.
    »Kommt«, drängte er uns und betrachtete dabei nervös die uns umgebenden Säulen, »ich glaube nicht, dass uns viel Zeit bleibt.«
    Beim Durchqueren des Raumes entgingen wir nur knapp einem Geröllschauer, der von der geborstenen Decke prasselte, und als mich ein fallender Stern direkt an der Schläfe traf, wurde mir fast schwarz vor Augen. Schwankend blieb ich einen Moment stehen, um mein Gleichgewicht wiederzufinden. Da sah ich plötzlich Alessandro auf mich zukommen. Ohne auf die Warnungen seiner Kollegen zu achten, eilte er mir über die Trümmer entgegen. Er sagte kein Wort, aber das war auch gar nicht nötig, denn seine Augen sagten alles, was ich mir nur wünschen konnte.
    Ich hätte mich direkt in seine Arme geworfen, wenn ich nicht genau in dem Moment hinter mir einen schwachen Schrei gehört hätte.
    »Bruder Lorenzo!«, keuchte ich, weil mir plötzlich bewusst wurde, dass wir den Mönch völlig vergessen hatten. Als ich herumwirbelte, sah ich seine gebeugte Gestalt irgendwo inmitten der Verwüstung kauern. Bevor Alessandro mich daran hindern konnte, rannte ich rasch zurück, um den alten Mann zu erreichen, ehe mir irgendein herumfliegendes Stück Mauerwerk zuvorkam.
    Bestimmt hätte Alessandro mich aufgehalten, wäre nicht gerade eine weitere Säule in einer großen Staubwolke zwischen uns zu Boden gekracht, unmittelbar gefolgt von einem Schauer aus Gipsbrocken. Dieses Mal ließ die Wucht der niederstürzenden Säule den Boden direkt neben mir aufbrechen, und ich begriff, dass sich unter den Steinfliesen weder Holzbohlen noch Betonblöcke befanden, sondern nur eine gähnende, dunkle Leere.
    Durch den Anblick wie versteinert, blieb ich einfach stehen. Hinter mir hörte ich Alessandro rufen, ich solle
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