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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe
Autoren: Marie Cordonnier
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sie auch behalten!‹
    »Da soll mich doch gleich ...«, begann der Herzog wütend, und Raoul de Nadier fand es an der Zeit, sich einzumischen. Er umspannte Jorinas Finger, die in den seinen zitterten.
    »Ihr müsst lernen zu gehorchen, Dame Jorina!« sagte er mit einem liebevollen spöttischen Unterton in der Stimme, den sie noch nie von ihm vernommen hatte. »Wenn Euer Souverän befiehlt, könnt Ihr nicht mit ihm diskutieren! Es missfällt ihm!«
    »Aber ...«
    Raoul de Nadier brachte sie mit einem Blick zum Schweigen, ehe die Diskussion den Fürsten tatsächlich verärgerte. Er neigte den stolzen Kopf vor Jean de Montfort und zwang auch Jorina in die respektvolle, gehorsame Reverenz, die auch für jene Einverständnis bewies, die zu weit entfernt standen, um die leisen Worte zu verstehen.
    »Es gibt keine Worte, die meinen Dank ausdrücken können, Sire!« sagte er mit hallender Stimme.
    »Tut es mit Taten statt mit Worten, Messire de Nadier«, erwiderte schmunzelnd der Herzog. »Noch ist viel zu tun, ehe unsere Heimat den Frieden genießen kann! Sie benötigt Männer, die mit Herz und Hand für sie eintreten.«
    Raoul war sich durchaus im klaren darüber, dass dies eine Aufforderung war, dem Herzog im Kampf gegen Paskal Cocherel beizustehen, und er gab seine Zusage aus vollem Herzen. Mit diesem Herrn stand eine Rechnung offen, die er nur zu gerne mit Schwert und Lanze bezahlen wollte. Er sprach seinen Lehenseid mit der Überzeugung eines Mannes, der plötzlich wieder etwas besitzt, für das es sich mit vollem Einsatz zu kämpfen lohnt.
    Jorina vermochte den Blick nicht von seinem schönen, strengen Profil zu nehmen. In ihrem Kopf schwirrten die Fragen, und jeder klare Gedanke ertrank bereits im nächsten Rätsel. Die Freude in der Angst, die Aufregung in völliger Konfusion. Träumte sie? Hatte der Herzog wirklich die Heirat mit Raoul befohlen?
    Sie gab dem Druck seiner Hand nach, die sie an den Rand des Throns zog und sie vor der unmittelbaren Aufmerksamkeit aller Anwesenden rettete. Die Audienzen setzten sich fort, aber es war nicht zu übersehen, dass immer wieder neugierige Blicke zu dem Paar glitten, das seine Verlobung unter solch spektakulären Umständen feierte.
    Eine Edeldame mit rätselhafter Vergangenheit und ein Ritter, den der Herzog vor allen anderen auszeichnete, obwohl er bis vor wenigen Tagen noch als verfemter Verräter gegolten hatte. Was war geschehen, von dem niemand etwas wusste?
    »Meinen Glückwunsch!« Jos de Comper neigte sich in höfischer Eleganz vor Raouls verwirrter Braut.
    »Nein ... oh, ich weiß nicht!« Jorina errötete bis zu den Haarwurzeln. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu Raoul, der mit einem Ausdruck in seinen Augen auf sie herabsah, den sie erschauernd wiedererkannte. Es war der Blick jener schrankenlosen Liebe, die sie in ihrem Versteck an der Quelle geteilt hatten.
    »Es ist also wahr und wirklich?« versicherte sie sich nach einem zitternden Atemzug. »Aber Ihr habt gesagt, Ihr wollt mich nicht mehr ...«
    »Hätte ich in diesem Augenblick zugeben sollen, dass er mich bis ins Mark getroffen hat?« antwortete Raoul. »dass er mir eine schlimmere Wunde als jeder Folterknecht schlug?«
    Jorina schluckte angestrengt, und Raoul umfing ihre Hände mit seinen.
    »Ich kann nicht leben ohne dich!« sagte er in tiefem Ernst. »Ich wollte dich nicht erschrecken bei dieser Audienz, aber ich hatte keine Ahnung, dass ich dich vorfinden würde. Ich nahm an, dass man mich zu meiner Hinrichtung brachte, und dein Anblick in diesem Moment ließ mich nur eines wünschen, dich ein letztes Mal in meinen Armen zu fühlen!«
    Jorinas Lächeln erblühte aus Tränen und Zweifeln heraus zu voller Kraft, und je intensiver es wurde, um so ruhiger wurde sie auch. Raoul neigte den Kopf über ihre Hände und küsste sie in einer Demut, die Jorina die Tränen in die Augen trieb.
    Jos de Comper hatte das Gefühl, einer so intimen Szene beizuwohnen, dass er sich verlegen räusperte. Weder Jorina noch Raoul bemerkten es. Sie sahen sich an, und der Audienzsaal versank um sie herum.

Silvester im Jahre 1364
    »Er scheut das direkte Kräftemessen mit Euch!« triumphierte Gordien und bediente sich ausgiebig aus dem Weinschlauch Paskal Cocherels. Die beiden Männer hockten im Arbeitskabinett des Herzogs, während die Söldner in der großen Halle in einem wüsten Gelage die letzte Nacht des Jahres feierten. Der Lärm drang nur gedämpft zu ihnen, und der Söldnerführer starrte finster auf das Pergament,
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