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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe
Autoren: Marie Cordonnier
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Position, um zu protestieren. Er konnte von Glück sagen, wenn der Herzog dieses ungewöhnliche Ansinnen überhaupt erwog.
    Auch wenn man das Chaos der Erbfolgekriege und die ungewöhnlichen Umstände in Erwägung zog, war die Ehe zwischen einem Edelmann und einem Mädchen ohne Rang und Namen ein schwieriger Fall. Handelte er ohne die Einwilligung des Herzogs, machte er seinen Treueeid für Jean de Montfort augenblicklich zu einer Lüge. Man würde ihn mit Schimpf und Schande aus den Reihen der Edelleute ausschließen. Seine Söhne würden keine Knappendienste leisten und seine Töchter keine Edelmänner heiraten dürfen. Durfte er seinen ungeborenen Kindern dies antun?
    Die Herzogin betrachtete ihren Schützling in geradezu mütterlichem Stolz. Das goldfarbene Samtkleid umschloss wie eine zweite Haut Jorinas Oberkörper, und der üppige weite Rock endete in einer angedeuteten Schleppe. Schmale lange Ärmel reichten bis auf den Handrücken hinab, und das Dekolleté umspannte in gerader Linie die Schultern, knapp unterhalb der Schlüsselbeine. Um Ausschnitt, Ärmel und Saumkante glänzte eine handbreite, dunkelbraune Kante aus allerfeinstem Zobelpelz. Das Rauchwerk betonte sowohl den kostbaren Glanz des Stoffes als auch die durchsichtige Zartheit von Jorinas makelloser Haut.
    Die persönliche Zofe der Herzogin hatte die schweren glatten Haare in einer kunstvoll geflochtenen Frisur zusammengefasst, die wie eine glänzende Holzschnitzerei auf Kopf und Nacken saß. Perlengeschmückte Nadeln hielten einen zarten cremefarbenen Schleier, der Jorina bei jeder Bewegung umwehte und bis auf die Hüften hinabreichte.
    Die Robe ließ sie größer wirken und verlieh ihr eine Eleganz, die durch die Anmut ihrer Gesten betont wurde.
    Die Herzogin seufzte geradezu andächtig. »Wie wundervoll Ihr ausseht! Es fehlt eigentlich nur noch ein wenig Schmuck zur Krönung Eurer Erscheinung. Eine Kette, ein Ring ...«
    »Ich besitze keinen Schmuck«, entgegnete Jorina ohne jeden Hauch von Sehnsucht in der Stimme. »Es genügt, wenn ich geschenkte Gewänder trage, es muss nicht auch noch geliehener Schmuck sein.«
    Die Fürstin runzelte ein wenig unwillig die Stirn. »Es kann keine Rede davon sein, dass man Euch Almosen gibt, Dame Jorina. Mein Gemahl hat Euch unter seinen Schutz genommen. Ihr habt ihm und der ganzen Bretagne einen unschätzbaren Dienst erwiesen.«
    »Aber aus Eigennutz«, widersprach Jorina noch einmal hartnäckig. »Hätte ich ihm damit geschadet, ich hätte es nie getan ...«
    Die Ehrlichkeit dieses Geständnisses ließ sogar die Herzogin verstummen. Sie mochte Jorina, aber in Augenblicken wie diesem verstand sie das Mädchen einfach nicht. Warum konnte es sich nie widerspruchslos in die Ereignisse fügen?
    »Dann eben keinen Schmuck«, meinte sie schließlich. »Mit oder ohne werdet Ihr Neid erregen. Und nun lasst uns gehen, wir werden erwartet.«
    Der Befehl galt nicht nur Jorina, sondern auch den Ehrendamen der Herzogin, die vor dem Gemach der unbekannten Schönen auf ihre Herrin warteten und gemeinsam mit ihr in die große Halle schritten. Eine jede festlich herausgeputzt und im Glanze ihrer juwelengeschmückten Roben, spitzenverzierten Hauben und blinkenden Geschmeide, umringten sie einem Schwarm prächtiger Schmetterlinge gleich die zierliche, unbekannte Dame in schmucklosem goldenen Samt.
    Jorina fühlte die neugierigen Blicke wie unerwünschte aufdringliche Berührungen. Sie straffte die Schultern und reckte auf die für sie so typische Weise das Kinn vor. Sie ahnte nicht, wie sehr sie unter diesen festlich glitzernden Damen auffiel. Eine dunkle, fremdartige Rose, die gerade durch ihre Schlichtheit alle Blicke auf sich zog.
    Der Herold am Eingang der großen Halle gab den Einzug der Herzogin und ihrer Damen bekannt. Unter dem Klang der Fanfaren schritten sie durch den Gang auf die Empore zu, wo Jean de Montfort und seine wichtigsten Ratgeber sie erwarteten.
    Jorina registrierte nicht, welch besondere Ehre ihr dabei zuteilwurde. Der versammelte Hochadel des Landes versank vor der Herzogin in eine respektvolle Reverenz, die naturgemäß auch ihren Damen galt und damit auch der namenlosen Bastardtochter einer Kräuterfrau.
    Raoul de Nadiers Augen suchten Jorina, und er wollte ihnen fast nicht trauen, als er die goldene Prinzessin entdeckte. Er hatte bereits einmal das Wunder erlebt, was prachtvolle Kleider mit ihrer Schönheit bewirkten, aber ihre heutige Erscheinung übertraf jede andere Dame im Saal. Neben ihr wirkten
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