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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe
Autoren: Marie Cordonnier
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Kein Wort hatte er gesagt, nur ihren Namen. Aber sie hatte gespürt, dass eine Gewalt in ihm brodelte, die mit Tod und Wahnsinn einherging. Dass er sich kaum im Zaum halten konnte, während sich seine Hände wie Eisenklammern um ihre Schultern legten.
    »Du sollst nicht weinen!« sagte Maé böse.
    »Ich wein’ doch nicht«, schniefte Jorina und blinzelte gegen die Feuchtigkeit in ihren Augen an. »Gütiger Himmel, wie lange muss ich noch hier herumsitzen? Warum darf ich nicht gehen?«
    »Weil du zum Weihnachtsempfang des Herzogs geladen bist«, erinnerte Maé. »Hast du das Gewand schon vergessen, das dort in der Truhe dafür bereitliegt? Meiner Lebtag hab’ ich keine solche Pracht gesehen!«
    »Geborgter Luxus, der wenig darüber hinwegtäuschen kann, dass ich bei Hofe nichts zu suchen habe«, erwiderte Jorina, und Maé verdrehte nur die Augen.

27. Kapitel
    »Welcher Sinneswandel. Könnt Ihr mir erklären, was ihn bewirkt hat?«
    Jean de Montfort ließ das Pergament sinken, unter das er soeben schwungvoll seine Unterschrift gesetzt hatte. Er betrachtete Raoul de Nadier, der sich innerhalb kürzester Zeit aus dem verhärmten, stolzen Gefangenen wieder in jenen gut aussehenden Seigneur verwandelt hatte, dem die Blicke aller Ehrendamen folgten. Sogar jener, die wie die flatterhafte Dame Suzelin einen Gemahl besaßen.
    Der Ritter hielt dem bohrenden Blick des Fürsten stand, wenngleich eine leichte Röte auf seinen Wangen seine Verlegenheit verriet. »Ich will mein unverzeihliches Benehmen nicht entschuldigen. Aber es gab nie einen Sinneswandel. Ich wollte die Dame nicht beleidigen, ich wollte sie in meine Arme schließen, aber gleichzeitig zögerte ich, mich ihr aufzuzwingen. Ich liebe Jorina von ganzem Herzen, bitte glaubt mir das, aber es gibt noch eine Menge Missverständnisse zwischen uns.«
    Es war eine eher schmeichelhafte Bezeichnung für die Beleidigungen, die er ihr in Cados Kerker an den Kopf geworfen hatte, das wusste er selbst.
    Der Herzog würdigte ihn keiner Antwort. Er lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und wartete darauf, dass Raoul weitersprach.
    »Mein Leben wird nicht ausreichen, um ihr für das zu danken, was sie getan hat«, fuhr Raoul mit angestrengter Stimme nach einer kleinen Pause fort. »Bitte, erlaubt mir, sie zu meiner Gemahlin zu nehmen.«
    »Ihr wisst, dass es sich bei ihr um eine junge Dame von höchst unsicherer Herkunft handelt, Messire de Nadier?« fragte der Herzog mit erhobenen Brauen. »Ihr Vater mag von edler Geburt sein, dafür sprechen ihre Züge, aber es kann kein Zweifel daran bestehen, dass ihre Mutter ein Bauernmädchen war. Eine Kräuterfrau, die später sogar im Rufe stand, das Gewerbe einer Hexe ausgeübt zu haben. Eine Frau, die höchst dramatisch und unrühmlich ums Leben kam. Keine Ahnfrau, auf die ein Geschlecht mit Stolz blickt!«
    Raoul de Nadier hatte mit diesen Einwänden gerechnet, aber sie machten ihn trotzdem zornig. »Liebt nicht Gott einen jeden Menschen, egal ob alt oder jung, arm oder reich, edel oder gewöhnlich? Wir alle führen unsere Blutlinie auf Adam und Eva zurück, und der erste Nadier war auch nicht viel mehr als ein Straßenräuber, der herrschte, weil er Angst und Schrecken verbreitete. Ich werde dem Himmel danken, wenn Jorina die Mutter meiner Kinder wird; ich kenne keine Frau, die ihren Söhnen und Töchtern mehr Frömmigkeit, Mut und Ehrgefühl mitgeben könnte.«
    »Ihr braucht mich nicht derart aufgebracht anzuschreien«, verwahrte sich der Herzog humorvoll gegen diesen Temperamentsausbruch und dachte dabei, dass dieser verliebte Ritter bei seiner Aufzählung den Eigensinn vergessen hatte. »Ich wollte nur sichergehen, dass Ihr tatsächlich wisst, was Ihr tut.«
    »Verzeiht«, entschuldigte sich Raoul de Nadier betreten. »Ich werbe um Jorina, weil ich sie mit jedem Tropfen meines Blutes liebe und anbete. Ihr habt Euch zum Herrn über ihr Schicksal gemacht, deswegen bitte ich Euch um ihre Hand und um die Erlaubnis zu dieser Ehe!«
    Jean de Montfort griff erneut nach dem Pergament, das er eben gesiegelt hatte, und überflog die Zeilen der offiziellen Urkunde, ehe er Raoul de Nadier ein sparsames Lächeln gönnte.
    »Ich werde über Eure Bitte nachdenken, Messire.«
    »Aber ...«
    »Ich sagte nachdenken«, betonte der Herzog. »Ihr werdet meine Entscheidung beim offiziellen Weihnachtsempfang erfahren. Bis dahin übt Euch in Geduld.«
    Raoul knirschte mit den Zähnen über die Verabschiedung. Doch er befand sich nicht in der
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