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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich
Autoren: David Safier
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fragte ich irritiert.
    «Ich werde als Mensch wieder auf die Erde kommen und ein Leben führen bis zum irdischen Tod.»
    Er wollte für mich tatsächlich alles aufgeben, sogar seine Unsterblichkeit. Das war schwer romantisch. Das Großartigste, was je ein Mann für mich tun wollte.
    Aber mir gefiel es dennoch nicht.
     
    «Ähem, muss das denn mit dem Sterben sein   …?», wollte ich wissen und nahm meine Hand fort.
    «Ja, nur so kann ich auch altern», erklärte Joshua, «stell dir vor, du bist siebenundneunzig, und ich bin immer noch so alt wie jetzt   …»
    «Dann hätte ich einen jungen Mann, was ist daran verkehrt?», unterbrach ich hastig.
    «Aber nur so können wir ein normales Leben führen, Kinder kriegen und eine Familie gründen.»
    «Eine Familie   …», seufzte ich sehnsüchtig.
    «Und ich werde sie ernähren als Zimmermann.»
    Ich wusste nicht, ob das Gehalt eines Zimmermanns reichen würde für eine Familie, das hing sicherlich auch von der Entwicklung der Baukonjunktur ab, aber ich konnte ja auch noch arbeiten. Und wenn es doch sein freier Wille war, sterblich zu werden, wer war dann ich, ihm das zu verwehren?
     
    In diesem Augenblick traf mich eine Kastanie am Kopf. Sie kam aus Richtung See, genauer gesagt, von einem Tretboot, in dem Swetlanas kleine Tochter und ihre Freundin fuhren. Die Mädchen hatten nun beide Lipgloss auf den Lippen, lachten sich scheckig, und es fiel mir wirklich immer schwerer, sie niedlich zu finden. Joshua aber lächelte ihnen zu, und ich erinnerte mich wieder an das Inferno, wie er den Kleinen geholfen hatte und wie ich dabei darauf gekommen war, was Maria Magdalena einst zu ihm gesagt haben musste.
    Tief betrübt blickte ich Joshua daraufhin an.
    «Was ist mit dir?», fragte Joshua, und das erste Mal meinte ich, in seiner sonst so starken Stimme so etwas wie Furcht zu hören.
    Leise flüsterte ich: «Unser freier Wille muss sich gegen uns entscheiden.»
    «Jetzt   … redest du sogar noch wirrer als der Besessene von Gadara», sagte Joshua und zitterte leicht dabei. Es war furchtbar, ihn zittern zu sehen.
    «Was hat Maria Magdalena dir gesagt, warum ihr eure Liebe nicht leben dürft?», fragte ich.
    Er schwieg eine Weile, hörte auf zu zittern und antwortete schließlich mit wehmütiger Stimme: «Weil meine Liebe allen gehören muss.»
     
    «Und deswegen darfst du nie sterben», flüsterte ich kaum hörbar, «und auch nicht bei mir bleiben.»
    Darauf antwortete er nicht mehr. Denn ich hatte recht. Beziehungsweise Maria Magdalena hatte recht gehabt.
    Es ist nie schön, wenn man merkt, dass die Ex klüger war als man selber.
     
    Joshua kämpfte nun nicht mehr um eine gemeinsame Zukunft mit Tischlerjob. Sein freier Wille folgte seiner Bestimmung. Und entschied sich gegen uns.
    Und mein freier Wille schloss sich dem seinen an.
    Manchmal bereitet es einem keine Freude, wenn man sich einig ist.
     
    Wir saßen stumm da und blickten ein letztes Mal gemeinsam über den See. Ich kämpfte mit den Tränen, die reichlich fließen wollten. Gegen die meisten gewann ich, aber eine freche, nervige, völlig beknackte Träne verließ mein Auge und kullerte doch herunter.
    Joshua berührte mit seiner Hand meine Wange und küsste mir sanft und zärtlich die Träne weg.
    Ich hörte auf zu weinen.
    Mit dem Kuss hatte er all meine Trauer genommen. Wie der kleinen Lilliana die Epilepsie.
    Jesus streichelte mir noch einmal über die Wange und sagte: «Ich liebe dich.»
     
    Dann löste er sich in der sommerlichen Luft auf.
    Und ich blieb allein zurück auf dem Steg.
     
    So wundervoll hatte mich noch nie ein Mann sitzenlassen.

56
    Unterdessen
    Emma Thompson und George Clooney saßen auf der Bank am See und fütterten die Enten. Jedes Mal, wenn eine von ihnen ein vergiftetes Brotstück von Clooney aß, erweckte Emma das Tier wieder zum Leben, was Clooney sehr frustrierte. Noch mehr ärgerte es ihn aber, dass er ganz offensichtlich auch nur eine Variable in Gottes Versuchsanordnung gewesen war.
    «Also» , fragte Clooney schließlich, als er merkte, dass er selbst beim Kampf um die Enten den Kürzeren zog, «das Jüngste Gericht wird es nicht mehr geben?»
    «Die Menschheit ist erwachsen geworden» , antwortete Emma.
    «Aber bei weitem noch nicht perfekt.»
    «Das ist doch kein Erwachsener» , schmunzelte Emma.
    Clooney konnte nicht mit schmunzeln, seine ganze Existenz lang hatte er auf die Endschlacht hin gefiebert, und nun war auf einmal seine Daseinsberechtigung verflogen. So mussten
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