Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich
Autoren: David Safier
Vom Netzwerk:
wiedersehen?», fragte ich ängstlich.
    «Das hängt von ihm ab», antwortete Emma/Gott, und ich spürte, dass auch sie nun verschwinden wollte.
    «Ich hab da noch eine Frage.»
    «Frage.»
    «Warum Tumore?»
    «Oder die Monatsregel?», lächelte Emma/Gott.
    Ich nickte.
    «Ohne Geburt und Tod gibt es kein Leben.»
    Ich sagte noch: «Ja schon, aber kann man das nicht etwas netter gestalten   …?», doch da war sie schon verschwunden.
     
    Im nächsten Augenblick tobte wieder das Leben in der Fußgängerzone, so als sei nie etwas geschehen: Die Menschen marodierten nicht mehr durch die Straßen, sondern shoppten, ohne dabei die Fensterscheiben einzuschlagen. Alle schienen das Geschehene komplett vergessen zu haben. Fast alle. Die ehemaligen menschlichen apokalyptischen Reiter sahen mich schuldbewusst und voller Scham an. Sven und der Pfarrer waren mir völlig egal, aber nicht   …
    «Kata   …»
    Ich ging auf sie zu, doch sie stand auf und rannte davon, konnte es nicht ertragen, mich zu sehen. Ich wollte ihr hinterherlaufen, aber Gabriel, der zu mir getreten war, hielt mich davon ab: «Gib deiner Schwester Zeit. Sie wird etwas brauchen, das zu verarbeiten.»
    Ich nickte, der Engel a. D. hatte recht. Auch er erinnerte sich an das Geschehene und stellte die Theorie auf, dass alle, die mit dem Übernatürlichen in Berührung gekommen waren, es nie vergessen würden.
    «Aber   … warum hat Gott das Jüngste Gericht abgeblasen?», fragte ich ihn.
    «Dafür gibt es nur zwei Erklärungen», antwortete Gabriel. «Entweder all dies war von Gott von langer Hand als Prüfung geplant, so wie bei Abraham oder Hiob   …»
    «Abraham und Hiob?», fragte ich.
    «Abraham musste letztendlich doch nicht seinen Sohn opfern, obwohl er dachte, es wäre Gottes Wille. Es war dann aber nur eine Prüfung. Und Hiob, der alles Leid ertrug, das Gott ihm aufbürdete, wurde ebenfalls vom Allmächtigen auf die Probe gestellt. Am Ende wurde er von seiner Krankheit erlöst und durfte erneut eine Familie haben.»
    «Mir fehlt ein bisschen der Zusammenhang», sagte ich verwirrt.
    «Vielleicht», so Gabriel, «waren das Jüngste Gericht und dessen Prophezeiung in der Offenbarung des Johannes nur eine Schimäre, niemals ernst gemeint, sondern nur um herauszufinden, welches Potenzial die Menschheit hat. Und die auserkorene Person für diese Prüfung war diesmal kein Abraham, kein Hiob, sondern du, Marie.»
    Ich verstand immer noch nicht ganz.
    «Deine Liebe hat Gott von den Menschen überzeugt.»
    Ich atmete tief durch, und Gabriel musste nun grinsen: «Du, eine Gestalt wie in der Bibel   … wer hätte das gedacht?»
    Seine Theorie, dass alles – das Jüngste Gericht, mein Treffen mit Joshua, die Teestunde mit Gott – nur ein Test für die Menschheit mit mir als exemplarischer Vertreterin war, bereitete mir ein schwer mulmiges Gefühl, daher fragte ich: «Und   … was ist die andere mögliche Erklärung?»
    «Du hattest verdammtes Glück.»
     
    Das Glück, wenn es denn eins war, konnte ich allerdings nicht empfinden, denn Joshua war nicht bei mir – würde ich ihn überhaupt nochmal wiedersehen? Ich verabschiedete mich von Gabriel und ging zu dem Stammplatz am See, ohne wirklich Hoffnung zu haben. Doch dann passierte das Unglaubliche: Joshua saß auf dem Steg und blickte auf das Wasser, das friedlich von der Sonne beschienen wurde. Ich war unendlich glücklich, ihn zu sehen, setzte mich neben ihn und ließ wieder meine Füße neben den seinen über dem Wasser baumeln. Nach einer Weile des gemeinsamen Schweigens erklärte er: «Ich habe mit Gott gesprochen.»
    Ich hätte jetzt fragen können, ob Gabriels Theorie denn stimmte und ich tatsächlich ein quasibiblischer Crashtest-Dummy war, aber mir war etwas anderes viel, viel wichtiger: «Erlaubt er uns beiden   …», begann ich, hörte dann aber aufzu reden, weil ich zu viel Angst vor seiner Antwort hatte. Am liebsten hätte ich Joshua vorgeschlagen, zu schweigen und mit mir die nächsten Jahrhunderte einfach so auf dem Steg sitzen zu bleiben.
    «Er überlässt unsere Zukunft unserem freien Willen», erklärte Joshua.
    «Du   … du   … du   … ich?», fragte ich nun stammelnd.
    «Ja, du und ich, wenn wir es denn wollen.»
    «Du   … du   … du   …?», fragte ich nun Joshua nach seinem freien Willen.
    «Ja.»
    Es war einfach unfassbar.
    Er griff nach meiner Hand; just als seine Finger die meinen berührten, erklärte er: «Ich werde wie Gabriel sterblich.»
    «Sterblich?»,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher