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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich
Autoren: David Safier
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Pfarrer freuten sich sichtlich auf das kommende Gemetzel, sie waren völlig machttrunken. Hingegen hatte die Reiterin, die aussah wie ich, leere kalte Augen, und da ich ja die Namen der vier apokalyptischen Reiter kannte und in der Lage war, logisch zu kombinieren, ahnte ich: Das ist der Tod. Dass er so aussah wie ich, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein gutes Omen.
    Die Angst vor meinem eigenen Tod wurde aber von einem anderen Gefühl völlig verdrängt, dem Mitleid mit Kata. Siesaß auf ihrem flammenden Ross, ganz ohne sich den Hintern zu versengen. Sie sah mich mit traurigen Augen an und flüsterte mir mit gebrochener Stimme zu: «Er hat mir gedroht, dass ich bis in alle Ewigkeit am Tumor leide   … Ich bin nicht stark genug, mich zu widersetzen   … oder ihn auszutricksen   … Verzeih   … mir   …»
    Da gab es nichts zu verzeihen, ich verstand sie: Es war schon nicht die einfachste Übung, nach der Bergpredigt zu leben, wenn man gesund war, doch wenn man krank war und der Tumor den eigenen Körper zerfraß, verkaufte man gerne die Seele an den Teufel.
    «Ich wäre auch nicht so stark», antwortete ich Kata, und ein ganz leichtes, kaum wahrnehmbares trauriges Lächeln umspielte ihren Mund. Sie war dankbar, dass ich sie nicht verurteilte.
    Satan stellte sich zwischen uns: «Ich hoffe, ich stör euch bei eurem schwesterlichen Gequatsche nicht allzu sehr, wenn ich jetzt den Befehl gebe, Jesus zu vernichten.»
    «Wir machen das nur zu gerne», sagte Sven zu Joshua.
    «Du bist ja auch selber schuld», lächelte der Turnschuhpfarrer Joshua sadistisch an, «hättest du mir so viel Macht gegeben, wie es Satan tat, wäre ich nie zu ihm übergelaufen, aber du hast mich ja stets alleingelassen. Selbst als damals der Bademeister vor den Mädchen der achten Klasse sagte, ich wäre eine visuelle Umweltbelästigung.»
    Joshua antwortete nicht, seine ganze Körperhaltung und sein entschlossener Blick verrieten, dass er keinerlei Furcht hatte. So hatte er sicherlich damals auch Pontius Pilatus gegenübergestanden.
    Als einziger der Reiter konzentrierte der Tod sich nicht auf ihn, sondern hatte nur Augen für mich – eine Aufmerksamkeit, auf die ich lieber verzichtet hätte.
    Dennis und Sven ließen nun ihren neuen übernatürlichen Kräften freien Lauf; was sie genau machten, verstand ich nicht ganz, aber nachdem sie ihre Hände gen Joshua streckten, schrie der kurz auf, und sein ganzer Körper verkrampfte sich. Manchmal fackelte Zorn in seinen Augen auf, gar Hass, dann wieder Verlangen, aber immer wieder schaffte er es, diese Gefühle im Zaum zu halten. Ein Umstand, der Satan sichtlich nicht gefiel. Er wandte sich, nun nicht mehr überheblich grinsend, an Kata und befahl ihr: «Hilf ihnen!»
    Meine Schwester wollte sich am liebsten wehren, aber wie sie schon selbst gesagt hatte, sie war zu schwach, die Furcht vor dem ewigen Tumor brachte sie dazu, ihr Pferd näher an Joshua zu führen. Plötzlich begannen dessen alte Wunden an Händen und Füßen wieder zu bluten. Ich wusste nicht, was schrecklicher war: Joshua so leiden zu sehen oder meine Schwester so leiden zu sehen, weil sie als Reiter namens Krankheit einem Menschen nun Schmerzen angedeihen ließ, die sie in einem ähnlichen Maß früher selber hat erleiden müssen und vor deren ewiger Qual sie sich selbst so fürchtete. Ich musste sie aufhalten, um Joshuas willen, aber auch um ihrer selbst willen. Ich trat zwischen die Reiter und Joshua, der sich kaum noch aufrecht hielt und Schmerzensschreie nur mit letzter Willenskraft unterdrücken konnte.
    «Wenn ihr Jesus wollt», sagte ich zu den Reitern, «dann müsst ihr erst mich töten.»
    Ich hatte die kleine Hoffnung, dass Sven und Kata noch so viele Gefühle für mich empfanden, dass sie von uns abließen. Joshua machte eine schwache Handbewegung – sprechen konnte er nicht mehr, sein innerer Kampf war zu fürchterlich   –, aber die Geste war klar: Ich sollte fliehen. Er wollte nicht, dass ich mich für ihn opferte. Ich aber blieb stehen.
    Kata führte ihr Ross wieder ein paar Schritte nach hinten,sie wollte mich nicht mit fürchterlichen Krankheiten strafen, ihre Liebe zu mir war in diesem einen Augenblick stärker als ihre Angst.
    «Kämpfe!», forderte Satan sie auf.
    Sie schüttelte nur den Kopf. So viel Macht hatte er dann doch nicht über sie. Denn ihre Liebe zu mir war stärker als die Angst. Auf ihre Art hatte sie so Satan doch noch ausgetrickst.
     
    Das schmeckte dem nun gar nicht.
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