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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu
Autoren: Gercke Stefanie
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allein«, fuhr er dazwischen. »Sie hat eine Schwester. Dich!«
    Anita aber schaute durch ihn hindurch, dachte an das, was ihr
Cordelia von ihrem Vater erzählt hatte. Über ihre Mutter. Ihre beiden Eltern. Von einem Vater, den sie so nie gekannt hatte, und der Mutter, die zu ihr nicht so gewesen war, wie ihre Schwester das beschrieb.
    Â»Uns trennt ein Meer von Tränen«, flüsterte sie. »Ein unendlicher Ozean voll Schmerz.«
    Â»Ich verstehe kein Wort«, brummte Dirk.
    Â»Wie hat er ausgesehen?« Lias Frage schreckte sie beide auf.
    Anita Schwester musterte sie mit deutlicher Verwirrung. »Wie hat wer ausgesehen? Wen meinst du?«
    Lias blaue Augen glitzerten. »Der Schwarze, der dir das Leben gerettet hat. Der so ungeheure Kraft besaß. Wie hat er ausgesehen? Beschreib ihn mir.«
    Anita dachte kurz nach und zuckte dann etwas irritiert mit den Schultern. »Groß war er, wie ich schon sagte. Fast so groß wie Dirk … sehr kräftig.« Sie schloss kurz die Augen, um sich den Mann, den sie nur für Sekunden gesehen hatte, vorzustellen. »Das Einzige, woran ich mich noch erinnern kann, ist, dass er auf seiner Oberlippe eine Art Markierung hatte. Rosa, wie ein Stern geformt, mehr fällt mir nicht ein …«
    Ihre Schwester reagierte, als hätte sie einen Schlag auf den Kopf bekommen. Ihr Mund bewegte sich auf und zu. Sie schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen, ehe sie ein paar Worte herauspressen konnte. »Das ist keine Markierung, das ist eine Narbe … eine Narbe wie ein Morgenstern …«
    Â»Eine Narbe? Ja, das kann sein …« Anita wurde durch ein Geräusch abgelenkt, das vom Farmgelände zu kommen schien. Ein Rascheln wie von trockenen Blättern. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass ihre Schwester herumwirbelte, wobei sie fast das Gleichgewicht verloren hätte. Sie reichte ihr ihre Hand, um sie festzuhalten. »Cordelia?«, sate sie verwundert.
    Lia weiß wie eine Wand geworden und starrte mit weit geöffneten
Augen auf eine Stelle im Busch jenseits des Pfads. »Kwezi?«, wisperte sie atemlos.
    Verständnislos folgte Anita ihrem Blick. »Wie bitte?«
    Â»Kwezi«, wiederholte Lia, und jetzt schimmerten ihre Augen in klarstem Himmelsblau. Mit einer blitzschnellen Bewegung riss sie Leon ihr Gewehr von der Schulter, bevor er eine Abwehrbewegung vollführen konnte, und hetzte mit triumphierend geballter Faust aus dem Vorraum den Weg hinunter. Kurz darauf war sie hinter der Biegung ihren Blicken entzogen.
    Â»Wer zum Henker ist Kwezi?«, fragte Dirk in die entstandene Stille. »Dreht die jetzt völlig durch?«
    Anita, die ihrer Schwester noch mit offen stehendem Mund nachschaute, schüttelte benommen den Kopf. »Kwezi«, wiederholte sie zögernd. »Kwezi … sie hat mir davon erzählt … Cordelia hat jemanden so genannt, weil er eine Narbe auf der Oberlippe hat, die wie ein Stern geformt ist.« Sie redete leise, wie zu sich selbst. »Kwezi heißt Morgenstern …«
    Dirks Miene war von einer Mischung aus völliger Verwirrung und Ungeduld geprägt. »Und warum versetzt dieser Morgenstern sie so in Ekstase?«
    Â»Weil Kwezi der Vater von Maurice ist … Sein richtiger Name ist Mandla, und sie hat ihn abgöttisch geliebt … Liebt ihn wohl noch heute. Mein … unser Vater hatte ihr damals, als er verschwand, gesagt, dass ihn die Polizei totgeprügelt hätte.«
    Dass es auch ihr Vater gewesen war, der den Zulu an die Polizei verraten hatte, und warum er das getan hatte, konnte sie nicht erzählen. Noch tat das einfach zu weh. Erst musste sie damit leben lernen, dass ihr Vater und ihre Mutter, die so liebevoll zu ihr gewesen waren und nie eine Hand gegen sie erhoben hatten, ihre Schwester brutal verprügelt hatten und sie zwingen wollten, ihr Kind zu töten Und dass sie den Vater des Kindes an die Polizei verrieten, obwohl sie wissen mussten, dass ihm ein furchtbarer Tod drohte. Auch damit würde sie leben müssen.
Der Glanz ihrer Erinnerungen an ihre Eltern hatte einen pechschwarzen Rand bekommen.
    Leon schaute sie durchdringend an. »Lias Vater hat ihn an die Polizei verraten? Kwezi?« Allmählich glimmte Verstehen in seinen Augen auf. »Ah«, sagte er und nickte, als sähe er eine unsichtbare Szene vor sich. »Ah, so ist es also gewesen. Das erklärt vieles.«
    Obwohl er sehr leise gesprochen
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