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Jane True 02 - Meeresblitzen

Titel: Jane True 02 - Meeresblitzen
Autoren: Nicole Peeler
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Glas – oder war es halb voll?

    Iris’ Frage veranlasste mich, in mich zu gehen und zu ergründen, welche von Ryus Forderungen mich so gestört hatte. Natürlich war da diese Dramaqueen-Aktion von ihm, mir überhaupt dieses Ultimatum zu stellen, besonders nach allem, was wir durchgemacht hatten. Nach allem, was ich durchgemacht hatte. Man verlangte einfach von niemandem, sein Leben grundlegend zu ändern, der am Abend zuvor zu Brei geschlagen worden war. Und warum musste ich überhaupt umziehen? Das wäre ein verdammt großer Kompromiss von meiner Seite.
    Aber ist ein Kompromiss denn so eine schlechte Sache? , philosophierte die Maraschinokirsche in meinem Drink. Schließlich ist das das Erste, was man im Kindergarten lernt. Dass man das Spielzeug miteinander teilen muss. Ich stöhnte leicht genervt und rieb mir die Augen. Dann verschlang ich die verdammte Kirsche.
    »Die Sache ist die, Iris. Mir hat die Idee, einen Kompromiss eingehen zu müssen, noch nie gefallen. In Filmen oder Büchern bringen zwei Menschen, die sich lieben – sich richtig lieben – Riesenopfer. Sie spenden dem anderen eine Niere, sie ziehen auf die andere Seite des Erdballs, sie sterben . Oder sie werden zu Untoten, weil, du weißt ja, dass ich die Art von Büchern besonders mag. Im Grunde braucht der Geliebte der Heldin bloß eine Forderung zu stellen, und sie erfüllt sie. Was total bescheuert ist. Weißt du auch warum?«
    Iris schüttelte den Kopf.
    » Weil er dann immer fordert, verdammt .«
    Iris nickte und schob mir ein Wasser hin. Ich ignorierte es und griff lieber zu einem weiteren Glas meines neuen, goldbraunen besten Freundes.

    »Also hat mir diese Idee nie gefallen, Iris. Und weißt du warum?« Iris schüttelte wieder den Kopf. »Weil ich glaube, dass man jemandem, den man wirklich liebt, keinen Kompromiss abverlangt, der eigentlich ein Opfer ist. Die Art von Opfer, bei dem einer alles aufgibt, was er hat und was er ist, nur damit er mit dem anderen zusammensein kann. Und ganz bestimmt erwartet man das nicht. Man erwartet nicht von jemandem, dass er einem seine Liebe beweist. Dass er einen ein kleines bisschen mehr liebt als man ihn.«
    Ich nahm einen weiteren großen Schluck von meinem Drink. Zu predigen machte durstig, also musste ich mir die Kehle befeuchten. Dann könnte ich erst so richtig poetisch werden. Oder dich um Kopf und Kragen reden wie eine Irre , murmelte die Kirsche rachsüchtig aus meiner Magengrube. Daraufhin machte ich sie mundtot, indem ich sie direkt verdaute.
    »Was Ryu von mir will«, krähte ich und fuchtelte energisch mit dem Finger in der Luft herum, »kann ich ihm nicht geben. Nicht jetzt und vielleicht auch nie. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich ihn nicht liebe, oder weil ich ihn nicht lieben kann, wo er so etwas von mir verlangt. Oder weil er mich keinen Deut kennt. Ich kann ihm doch nicht mein ganzes Leben unterordnen. Aber das hat er gewollt. Er wollte alles von mir, und ich wollte, dass er mich so nimmt, wie ich bin.« Ich hielt inne, weil ich plötzlich beunruhigt war. Und weil ich Schluckauf bekommen hatte.
    »Iris, bin ich ein schlechter Mensch?«
    »Nein, Süße, du bist kein schlechter Mensch«, erwiderte meine Freundin und nahm meine Hand.

    Ich blinzelte aus zwei Gründen, als sie mich berührte. Erstens weil ich merkte, dass ich völlig besoffen war. Und zweitens, weil mir auffiel, dass meine Schilde dennoch, und obwohl ich von den Ereignissen der vergangenen Woche immer noch völlig fertig war, reflexartig hochgefahren waren, als Iris nach mir griff.
    »Ich glaube, ich habe im Urlaub viel gelernt«, flüsterte ich meiner Freundin zu und beugte mich verschwörerisch über den Tisch zu ihr.
    »Das glaube ich auch, Süße«, sagte Iris lachend.
    »Und ich habe jetzt auch die Sache mit den zwei Fingern und den Erdbeerstangen verstanden, von der du mir erzählt hattest …«
    Iris lachte noch lauter, und ich fühlte mich gut dabei, hier zusammen mit meiner Freundin zu sitzen. Allerdings konnte es auch nur der Alkohol gewesen sein. Ich wusste zwar, dass ich die Sache mit Ryu noch wie eine Erwachsene zu Ende bringen musste, aber wir – ich und die drei Rob Roys in meinem Bauch – freuten sich insgeheim diebisch darüber, dass ich einfach so gegangen war. Ich fühlte mich … verwegen. Wie aus einem Rockvideo.
    Dann war ich mit dem Lachen dran, als Iris mir erzählte, was während meiner Abwesenheit alles im Buchladen passiert war. Ich hatte mich zwar sofort nach meiner Rückkehr
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