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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen
Autoren: Jane Feather
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langsam wieder, und der Junge suchte nicht mehr so oft wie bisher die Gesellschaft der Ralstons, obwohl Kit auch weiterhin ein wachsames Auge auf ihn hatte und unumwunden seinem Mißfallen Ausdruck verlieh, wenn Edmund eine natürliche Neigung zeigte, seine auf dem Weg der Besserung befindliche Mutter auszunützen.
    An einem heißen Augustmorgen kam Akbar Khan in Abdul Rahims Festung. Annabel hielt sich im Garten auf und brachte einer Gruppe älterer Kinder Grundlagen in Persisch bei, als Mohammed Shah Khan sie in das Audienzzimmer des Khan rief.
    Ihr erstes Empfinden war Schrecken. Was mochte er von ihr wollen? Die Art und Weise, wie er sich von ihr losgesagt hatte, verbot ohne Zweifel jeden weiteren Kontakt mit ihr. Und dann kam ihr die Erleuchtung: das war die wunde Stelle, der Schnitt, der nicht heilen wollte, der immerzu gegen den Frieden rieb, den sie finden mußte. Nur Akbar Khan konnte diese Wunde schließen … konnte dafür sorgen, daß sie frei und ungehindert war.
    Wie sollte sie zu ihm gehen? Als Ayesha oder als Annabel? Es war Ayesha, die er verstoßen hatte, Annabel andererseits hatte er nie anerkannt. Sie spürte Kits Augen auf sich ruhen. Er stand hinter Akbar Khans Stellvertreter und sagte nichts, aber sein Schweigen war beredter als alle Worte. Sie war mit ihm verheiratet … Akbar Khan bedeutete ihr jetzt nichts mehr … oder?
    »Du wirst mir ein paar Minuten zugestehen, um mich vorzubereiten«, sagte sie zu Mohammed Shah Khan und stand von der Steinbank auf.
    Kit folgte ihr in die kühle, abgedunkelte Abgeschiedenheit des Zenana. »Annabel, du bist nicht gezwungen, dieser Aufforderung Folge zu leisten.«
    »Du weißt, daß ich gehen muß.« Sie hatte den Raum erreicht, den sie mit zwei anderen Familien teilten. »Wir sind noch immer Gefangene.«
    »Aber er hat kein Anrecht mehr auf dich«, gab Kit zu bedenken. Er stand an der Tür, hielt sich fern, damit sie nicht sah, wie verzweifelt er sich wünschte, daß sie dem Ruf nicht folgen möge. »Wenn er die Angelegenheit der Geiseln zu besprechen wünscht, dann sollte er das mit Shelton tun.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. »Kit, ich muß zu ihm gehen.« Es fiel ihr schwer zu sprechen, das Unumgängliche auszudrücken, ohne daß es drohend klang. »Ich glaube nicht, daß er irgendwelche Forderungen an mich stellt, aber ich spüre, daß etwas zwischen uns nicht abgeschlossen ist. Ich muß hören, was er zu sagen hat.«
    »So sei es, wenn du mußt, dann mußt du.« Seine Stimme klang flach. »Aber du bist meine Frau, und ich beanspruche das Recht, mit dir zu gehen.«
    Eine tiefe Falte zog sich zwischen ihren Brauen zusammen. »Das ist hier nicht angebracht. Akbar Khan wird mir nichts tun. Wovor hast du Angst?«
    Wie sollte er ihr das sagen, wenn er es sich selbst kaum erklären konnte? Er hatte noch immer nicht das Gefühl, sich ihrer sicher sein zu dürfen. Er konnte nicht darauf vertrauen, daß die Ketten, die sie an ihn banden, unauflöslich waren. Sie hatten noch nicht einmal genug Zeit gehabt herauszufinden, ob gemeinsame und bleibende Ziele und Verpflichtungen überhaupt verbindlich für beide waren, um Himmels willen! Denn die Ketten, die sie aneinander banden, waren in einem Inferno der Leidenschaft geschmiedet worden. Wenn nun das Metall abgekühlt war und geschwächt durch die Alltagsluft?
    Er wandte sich wieder der Tür zu. »Du mußt deinem Gefühl folgen, Annabel.«
    »Ja, das muß ich wohl«, bestätigte sie. »Kann ich deinen Schal ausleihen?«
    Bei diesen Worten drehte er sich mit einem Ruck um, seine Augen so kalt und durchdringend wie der Winterwind. »Nein, den bekommst du nicht! Meine Frau tritt nicht verschleiert vor irgendeinen Stammesfürsten!«
    Sie biß sich auf die Unterlippe. »Kit, ich möchte einfach nur höflich sein. Wir sind hier in Akbar Khans Land, und seine Sitten geben den Ton an. Ich habe nicht das Recht, gegen diese Sitten zu verstoßen. Wenn die Feringhees das von Anfang an eingesehen hätten, sähe jetzt vieles anders aus.«
    »Geh zu Akbar Khan, wenn du mußt, Annabel, aber geh als Feringhee … als meine Frau … mit erhobenen Augen und baren Hauptes. Du kannst so höflich sein, wie du möchtest, aber, Gott helfe mir, du wirst aufrecht stehen als eine von uns. Wenn du das nicht tust, dann gibt es nichts Gemeinsames zwischen dir und mir und wird es nie mehr geben.« Seine Worte verursachten ihm Übelkeit, und doch entsprachen sie der Wahrheit. Er sah, wie sie bei diesem Ultimatum blaß wurde, wie die
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