Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
sprechen«, antwortete sie. »Vielleicht kann ich unsere Lage ein wenig verbessern.«
    »Der Brigadier hat schon mit ihm gesprochen«, bemerkte Ihre Ladyschaft, diskret den Blick abwendend, als Kit hinter Annabel hersprang, wie ein Jäger fliehendem Wild nachjagt.
    »Ja, aber vielleicht hat er nicht alles verstanden«, gab sie zu bedenken. »Kit, ich bin gleich wieder zurück.«
    »Lady Sale, wissen Sie vielleicht, wo ich den Kaplan finden kann?« fragte Kit und hielt sie fest. »Da sind ein paar Worte, die ich ohne Verzögerung ausgesprochen haben möchte.«
    »Nun, ich denke, es wird auch langsam Zeit«, stimmte Ihre Ladyschaft einsichtig zu. »Aber ich wünschte, wir könnten eine kleine Zeremonie daraus machen. Ich meine, das schulde ich der armen Letty.«
    »Ich glaube, meine Mutter hätte Verständnis für die Umstände«, versicherte Kit ihr besänftigend. Ihre Ladyschaft verzog den Mund, sah jedoch nicht unzufrieden aus, als sie sich aufmachte, die Dinge in Bewegung zu setzen.
    »Annabel, wenn du weiterhin versuchst, dich davonzustehlen, werden wir bald im nächsten Streit stecken.« Kit schloß seine Hände fester um ihre Handgelenke, als sie ein zweites Mal versuchte, ihre Freiheit zurückzuerobern.
    »Schon wieder einen?« Sie strich sich mit einer übertriebenen Geste über die Stirn. »Das möge der Himmel verhüten.« Aber ihre Augen lächelten, und in ihrem Lächeln lag viel mehr als nur Übermut. »Ich werde nicht fortlaufen, Liebster. Wo glaubst du, sollte ich hingehen, selbst wenn ich es wollte?«
    »Und du willst nicht?«
    »Habe ich das nicht schon gesagt?«
    »Man könnte es so oder so verstehen«, zog er sie auf, aber gab ihre Hände frei. »Ich habe Angst, irgend etwas könnte noch dazwischenkommen, ich bin so mißtrauisch, Anna.«
    »Nichts kann mehr dazwischenkommen«, versicherte sie. »Was danach geschieht, ist allerdings unsicherer.«
    »Darüber mache ich mir hinterher Gedanken. Ich werde das jetzt in Angriff nehmen. Achte nur darauf, daß ich dich finde, wenn ich dich brauche.«
    »Ja, Ralston, Huzoor« ,sie konnte es sich nicht verkneifen. »Deine Braut wird warten. Unglücklicherweise fürchte ich, es gibt keinen Schleier.«
    »Das«, sagte Kit gereizt, »ist ein Witz, der auf einen zweifelhaften Geschmack schließen läßt.«
    Annabel lachte und ging den Weg zurück ins Dorf. Wenn Kit eine Hochzeit glücklich machen würde, welches Recht hatte sie dann, sie ihm zu versagen, nur weil sie keine brauchte, um ihre Liebe zu unterstreichen? Beim Stand der Dinge konnte das einen nur geringen Unterschied machen. Es war nur eine Zeremonie, die Kit wichtig war. Sie hingegen ahnte, daß das Schicksal noch nicht mit ihnen fertig war. Sie hatten vielleicht die Freiheit gewonnen um zusammenzusein, aber sie waren es noch nicht ungehindert. Mehr als nur ihre Gefangenschaft war ungewiß, nur in Worten konnte sie es nicht ausdrücken.
    Sie blickte zu einem ausladenden, schneebedeckten Gipfel auf, der den Berg, an dem sich ihr Dorf festklammerte, winzig erscheinen ließ. Ein kleiner, elfenbeinfarbener Schmetterling mit grauen Flügelrändern umtanzte ein Büschel Frühlingsprimeln. Das sanfte Abendlicht ergoß sich über das Dorf, und seine Häßlichkeit verbannte den Jammer von Grausamkeit und Armut. Es war ein wunderschöner Hochzeitsabend.
    Sie pflückte eine Handvoll Gänseblümchen, flocht sie zu einem Kranz und erinnerte sich dabei an ihre Kindheit, als sie das gleiche im Sommerhaus ihrer Familie in den Bergen oberhalb von Peshawar getan hatte. Dann ging sie zurück ins Dorf.
    Dort erwartete sie eine erhebliche, zugleich höchst belebende Aufregung. Lady Sale erteilte energisch Anweisungen, vor allem Kit, der ihnen wenig Beachtung schenkte. Der Kaplan murmelte Beschwichtigungen, alle andern schwirrten durcheinander.
    »Aber wo ist die Braut?« konnte man Brigadier Shelton über den Lärm hinweg rufen hören.
    »Hier.« Annabel erschien, den Kranz aus Gänseblümchen in die glänzenden, kupferfarbenen Haare gewunden, die sie aus ihrem Zopf entlassen hatte und die jetzt in großzügigen Wogen über ihren Rücken flossen.
    Wortlos streckte Kit seine Hand aus, und sie trat lächelnd neben ihn.
    Ein merkwürdiges Schweigen senkte sich aus dem heiteren Abendhimmel über die Gemeinschaft. Die Dorfbewohner kamen aus ihren Hütten, um in furchtsamem Unverständnis auf die merkwürdigen Possen der Ungläubigen zu starren. Die untergehende Sonne beleuchtete den schneebedeckten Ferner über ihnen, goß ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher