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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen
Autoren: Jane Feather
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Strahlen über den Berg und verlieh dem Dorf am Hang einen rötlichen Zauber.
    Der Kaplan sprach klar und deutlich in der Stille der Berge, die Worte voll Hoffnung und Verheißung für eine gemeinsame Zukunft. Das Paar gab seine Antworten mit der gleichen Deutlichkeit, und als Annabel eine kurze Anrufung an das Schicksal sandte, so blieb das unter ihnen beiden.
    In dieser Nacht legte sich Christopher Ralston rechtsgültig neben seine Frau in einer überfüllten und verlausten Lehmhütte. Annabel, gesegnet mit der Fähigkeit, solche Unbequemlichkeiten zu übersehen, schlief umgehend ein, während Kit dalag und in die Dunkelheit starrte. St. George, Hanover Square! Die abwegige Vorstellung brachte ein kaum zu unterdrückendes Kichern auf seine Lippen. Einen Arm unter die friedlich schlafende Gestalt an seiner Seite schiebend, zog er sie unter der fadenscheinigen Decke, die sie teilten, an sich und schlief, Flohstiche zählend, ein. Zwei Wochen später betrat Annabel die Hütte die als Gemeinschaftsraum diente. »Es sieht so aus, als müßten wir wieder umziehen«, trug sie vor. »Die Wachen haben eine Botschaft von Akbar Khan erhalten. Offenbar hat er die Oberhoheit über Kabul erlangt, und wir sollen näher an die Stadt gebracht werden, wo er abwarten will, was die Generäle in Jalalabad und Kandahar beschließen.«
    »Alles wird besser sein als dieser Ort«, bemerkte Mrs. Armstrong für alle. »Wann sollen wir umziehen?«
    »In einer Stunde«, antwortete Annabel. »Wenn wir bis dahin alles zusammenpacken können.« Der Scherz wurde mit allseitigem Grinsen beantwortet.
    »Shir Muhammed hat etwas von der Festung des Abdul Rahim gesagt«, fügte sie hinzu. »Sie liegt ungefähr drei Meilen vor Kabul, und wenn sie tatsächlich unser Ziel sein sollte, dann gibt es wirklich schlimmere Orte.«
    »Ist es sauber?« fragte Lady Sale.
    »Und geräumig«, antwortete Annabel mit einem Zwinkern. »Mit einem Zugang zum Fluß und angenehmen Gärten. Ich glaube nicht, daß Akbar Khan will, daß ihr im Elend lebt, wenn er es verhindern kann.« Sie bemerkte ihren Ausrutscher zu spät, um ihn noch ungeschehen machen zu können, so beließ sie es dabei. Ihr … wir … ich … es fiel noch immer schwer, und Kit schien das zu verstehen. Er lächelte sie auf diese besondere Weise an, mit der er seit ihrer Hochzeit sein geheimes Vergnügen anzeigte, als ob ihm damit ein besonderer Streich gelungen sei. Es weckte in ihr das Bedürfnis, ihm wie einem kleinen Jungen, der einen Preis gewonnen hat, über den Kopf zu streichen und seine Augenlider zu küssen.
    Sie brachen von neuem auf, dankbar, Zandeh hinter sich zu lassen, und auf ein besseres Quartier hoffend. Merkwürdigerweise erwarteten sie nicht mehr die zeitliche Begrenzung ihrer Gefangenschaft, nicht mehr Freiheit als die Voraussetzung ihrer Existenz. Das Leben drehte sich von einem Tag zum nächsten, bestand aus schmackhaftem Essen, dem Ringen gegen den Schmutz und gegen Krankheiten, dem endlosen Kampf um ein Mindestmaß von Höflichkeit und Benehmen, Beispiel für die Kinder zu sein, von denen manche bereits verwilderten.
    Zu Annabels größter Belustigung hatte Kit einen ganz besonders verhaßten kleinen Jungen unter seine Fittiche genommen. Die Mutter des Kindes war krank, sein Vater im Paß von Khoord-Kabul gefallen, und der handfeste kleine Edmund Marten hatte es fertiggebracht, müde Erwachsene und reizbare Kinder gleichermaßen gegen sich aufzubringen.
    Ihn dabei antreffend, wie er gerade ein kleineres Kind mit einem dornigen Ast quälte, hatte Kit ihn am Kragen gepackt und den wütend strampelnden Jungen zu der Ecke geschafft, die er und Annabel ihr Zuhause nannten.
    »Einer muß sich um den erbärmlichen Lümmel kümmern«, sagte er, als ob er sich entschuldigen müsse bei Annabel, die fragend die Brauen lüftete. »Es macht die Sache nicht besser, wenn man ihn wie einen Paria behandelt.«
    »Nein«, stimmte sie zu und betrachtete das Kind, das Gift und Galle spuckte und sich ungebärdig gegen die Hand wehrte, die es festhielt. »Was schlägst du vor?«
    Kit sah sie an, und seine Lippen zuckten. »Ich habe dieses schreckliche Gefühl, daß ich unter ähnlichen Umständen vielleicht genauso geworden wäre wie er.«
    »Oh, nein, du doch nicht«, sagte sie übertrieben ungläubig. »Du mußt ein Engel gewesen sein, mit all diesen blonden Locken.«
    Gram überzog sein Gesicht. »Das war ja das Problem. Ich war entsetzlich verwöhnt, und mir graust vor dem Gedanken, was wohl
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