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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
Autoren: George R R Martin
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CATELYN
    Der Himmel im Osten schimmerte rosig und golden, als die Sonne über dem Grünen Tal von Arryn aufging. Catelyn Stark beobachtete, wie sich das Licht ausbreitete, während ihre Hände auf dem glatt gemeißelten Stein der Balustrade vor ihrem Fenster ruhten. Unter ihr war die Welt schwarz, wurde dunkelblau, dann grün, während der Morgen über Felder und Wälder kroch. Fahle, weiße Nebel stiegen von Alyssas Tränen auf, wo gespenstische Fluten über die Schulter des Berges drängten und ihren langen Sturz die Wand der Riesenlanze hinab begannen. Catelyn spürte den leichten Sprühregen auf ihrem Gesicht.
    Alyssa Arryn hatte erlebt, wie ihr Mann, ihre Brüder und ihre Kinder erschlagen wurden, und doch hatte sie nie eine Träne darüber vergossen. So hatten die Götter beschlossen, dass sie keine Ruhe finden sollte, bis ihr Weinen die schwarze Erde des Grünen Tales bewässerte, wo die Menschen, die sie geliebt hatte, begraben lagen. Mittlerweile war Alyssa sechstausend Jahre tot, und dennoch fand kein Tropfen des Wasserfalls je den Weg ins Tal. Catelyn fragte sich, wie groß der Sturzbach ihrer Tränen sein würde, wenn sie starb. »Erzählt mir auch den Rest«, sagte sie.
    »Der Königsmörder stellt in Casterlystein ein Heer zusammen«, antwortete Ser Rodrik Cassel aus dem Zimmer hinter ihr. »Euer Bruder schreibt, er habe Reiter zum Stein entsandt und zu wissen verlangt, was Lord Tywin zu tun gedenke, aber er hat keine Antwort erhalten. Edmure hat
Lord Vanke und Lord Peiper angewiesen, den Pass unterhalb vom Goldzahn zu bewachen. Er schwört, dass er keinen Fußbreit Tullyland aufgeben wird, ohne ihn mit dem Blut der Lennisters zu tränken.«
    Catelyn wandte sich vom Sonnenaufgang ab. Seine Schönheit konnte sie nur schwerlich aufmuntern. Es schien ihr grausam, dass ein Tag so schön begann und so übel zu enden versprach. »Edmure hat Reiter geschickt und Schwüre ausgesprochen«, sagte sie, »doch Edmure ist nicht der Lord von Schnellwasser. Was ist mit meinem Hohen Vater?«
    »In dem Brief wurde Lord Hoster nicht erwähnt, Mylady. « Ser Rodrik zupfte an seinem Backenbart. Dieser war weiß wie Schnee und stachlig wie ein Dornenbusch nachgewachsen, während der Ritter sich von seinen Verletzungen erholt hatte. Fast sah er wieder aus, wie man ihn kannte.
    »Mein Vater hätte die Verteidigung von Schnellwasser nicht Edmure überlassen, wäre er nicht sehr krank«, vermutete sie besorgt. »Man hätte mich gleich wecken sollen, als dieser Vogel kam.«
    »Eure Schwester hielt es für besser, Euch schlafen zu lassen, wie mir Maester Colemon berichtet.«
    »Man hätte mich wecken sollen«, beharrte sie.
    »Der Maester teilte mir mit, Eure Schwester wolle nach dem Kampf mit Euch sprechen«, sagte Ser Rodrik.
    »Dann will sie weiter diesen Mummenschanz treiben?« Catelyn verzog das Gesicht. »Der Zwerg hat mit ihr gespielt wie auf einem Dudelsack, und sie ist zu taub, die Melodie zu hören. Was heute Morgen auch geschehen mag, Ser Rodrik, es ist längst an der Zeit, dass wir uns auf den Weg machen. Ich gehöre nach Winterfell zu meinen Söhnen. Wenn Ihr für die Reise bei Kräften seid, will ich Lysa um eine Eskorte bitten, die uns nach Möwenstadt begleitet. Von dort aus können wir ein Schiff nehmen.«

    »Wieder ein Schiff?« Ser Rodrik wurde leicht grünlich im Gesicht, brachte es jedoch fertig, den Schauer auf seinem Rücken zu unterdrücken. »Wie es Euch beliebt, Mylady.«
    Der alte Ritter begab sich nach draußen vor die Tür, als Catelyn die Dienerinnen hereinrief, die Lysa ihr überlassen hatte. Wenn sie noch vor dem Duell mit Lysa spräche, wäre sie vielleicht noch umzustimmen, dachte sie, während man sie anzog. Lysas Politik wandelte sich mit ihren Launen, und ihre Launen wechselten stündlich. Das scheue Mädchen, das sie einst in Schnellwasser gekannt hatte, war zu einer Frau herangewachsen, die abwechselnd stolz, ängstlich, grausam, verträumt, leichtsinnig, verschreckt, halsstarrig, eitel und vor allem wankelmütig war.
    Als dieser abscheuliche Kerkermeister auf Knien angekrochen kam, um ihnen zu sagen, dass Tyrion Lennister gestehen wollte, hatte Catelyn Lysa bedrängt, ihnen den Zwerg in aller Stille bringen zu lassen, aber nein, ihre Schwester musste ihn dem halben Tal vorführen. Und nun das …
    »Lennister ist mein Gefangener«, erklärte sie Ser Rodrik, während sie die Turmtreppe hinabstiegen und durch die kalten, weißen Hallen Hohenehrs schritten. Catelyn trug schlichte graue Wolle
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