Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker
Autoren: Paul Friedl
Vom Netzwerk:
Paul Friedl
    Das Kreuz am Acker
     
    Der Schwaigerhof und der Ranklhof grenzen aneinander. Ein Feldkreuz wird zum Streitobjekt der beiden Bauern, und ihre Familien leiden sehr unter dem Unfrieden auf den Höfen. Doch es entstehen zarte Bande zwischen den Kindern der Streithähne. Werden sie es schaffen, eine Versöhnung einzuleiten?
     
    Rosenheimer
     
     
    © 2002 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim
    Sonderausgabe 2002 für den Verlag
    Das Beste GmbH, Stuttgart, Zürich, Wien
    Titelbild: Kurt Schubert, Prien am Chiemsee
    ISBN: 3-475-53.314-6
     
     
     
     
    Der Spätherbstabend hatte das Tal von Hintereben still werden lassen.
    Die sieben Höfe und Kleinhäusel schienen sich vor der kommenden Nacht enger an die Hänge zu schmiegen und in die Mulden zu ducken. Der Wald, der von den Bergen wanderte und sich um das Tal schloß, hatte die Sommerfreude verloren, die Herbstfarben angelegt und trauerte dem Winter entgegen. In der Stube auf dem Ranklhof wurde es schon dunkel. Über dem Nothackerwald zog sich der rote Abendschein zurück. Er leuchtete noch ein wenig in die niedere Bauernstube, konnte sie aber nicht mehr auslichten und schuf beim großen Ofen ein graues Dämmern. Umdunstet vom Dampf der großen Töpfe, hantierte die Ranklin mit dem Kochlöffel. Ihre hagere hohe Gestalt wuchs im Zwielicht und reichte fast bis an die schwarzgeräucherten Balken der Decke. Von Zeit zu Zeit murrte sie ein verdrießliches »Kusch, Harro«, wenn der große Hund, der auf den Dielen lag, aufheulte.
    In das harte, mannsbilderische Gesicht der Bäuerin hatte das Leben grobe Falten gegraben. Schüttere graue Haare legten sich um den Kopf und waren zu einem kleinen Knoten gebunden.
    »Kusch! Setz dich!«
    Was das Hundevieh heute nur hatte? Kauerte mit gespitzten Ohren, fuhr auf und sprang heulend an die Tür, schlich geduckt zum Fenster und winselte gegen die Scheiben, die großen Pfoten auf die Fensterbank gestellt.
    Das Sausen des kochenden Wassers erfüllte den dunklen, niederen Raum, und in das Knistern des Feuers und das leise Singen des Kamins klopfte das Pendel der alten Uhr. Wieder sah die Ranklin auf das Zifferblatt und dann durch das Fenster in den Abend hinaus. Der Dunst hatte die Scheiben beschlagen.
    Unheimlich fast erschien ihr heute die Stille und das Dunkel im Raum. Vom Stall herüber klang das Stampfen der Pferde, und die Gänse marschierten gerade kreischend durch das Hoftor.
    »Harro, was hast denn!« Zornig und rauh rief sie den Hund zurück, der winselnd zur Türe gegangen war. Er legte sich wieder in die Stubenmitte und knurrte unruhig.
    Auf dem Steinpflaster der Gred vor dem Haus klapperten Holzschuhe, kamen in den Flur und wurden vor der Stubentüre von den Füßen gestoßen. In die Stube trat ein junger Bursch, groß und hager wie die Ranklin.
    »Wird schon ganz schön frisch«, huschelte er und hielt die Hände über den dunstenden Kartoffeldämpfer auf dem Ofen.
    »Mußt dich halt doch wärmer anziehen!« Und unwillig fragte sie: »Wo ist denn der Vater noch?«
    »Weiß ich net! Ich bin auf der Auwiesen gewesen bis jetzt; hab den Vater nimmer gesehen, seit wir von der Stadt kommen sind!«
    »Er ist aber gleich nach dir fort mit der Schaufel und dem Pickel.«
    »So?« Über das Gesicht des jungen Rankl huschte der Ärger, und eine steile Falte grub sich zwischen seine Augen. »Dann hat er wahrscheinlich weitergraben wollen, droben am Nothackerriegel?« Heftig fuhr er fort: »Weißt, Mutter, das versteh ich nimmer. Erst am Vormittag hat der Richter es ihm in der Verhandlung wieder ausdrücklich verboten: er darf nimmer weitergraben, bis net der Prozeß entschieden ist.«
    Die Bäuerin seufzte: »Er ist halt ein Dickschädel.«
    »Und aufgeführt hat er sich wieder, daß ihn der Richter immer wieder hat zurechtweisen müssen. Mir ist das direkt zuwider gewesen!«
    »Was ist nachher jetzt?« Müde hatte sich die Bäuerin auf die Ofenbank gesetzt, und ärgerlich fuhr sie fort: »Keiner sagt was! Als wenn ich net wissen dürft, wie die Sach steht! Gibt kein gutes und verständiges Wort mehr bei uns, seit der Prozeß geht. Ich bin grad gut genug, die Arbeit zu tun.«
    Der Junge stand am Fenster und starrte gegen die dunstblinden Scheiben: »Auf einen Vergleich hätt man hingetan, aber der Vater wollt nichts wissen. Der Schwaiger hätt nachgegeben und mit sich reden lassen, aber der Vater ist gestanden wie ein Stier und hat net hören wollen.« Er trat an den Tisch und zündete die von der Decke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher