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0055 - Todeszone London

0055 - Todeszone London

Titel: 0055 - Todeszone London
Autoren: Jason Dark
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Der Hund hörte das Geräusch zuerst. Er fing an zu winseln und stieß dann ein drohendes Knurren aus.
    Ronald Webster, der Nachtwächter, erhob sich von seinem Stuhl. Er nahm die schwere Taschenlampe in die rechte Hand und tätschelte mit der linken den Nacken der Dogge. »Sei ruhig, Caesar, sei ruhig! Ist ja nichts.«
    Die Worte glaubte er zwar selbst nicht, aber er wollte den Hund beruhigen.
    Dann verließ er seine kleine Glaskabine. Die Dogge führte er an der Leine. Nackte Pfoten klatschten auf Fliesenboden, die Dogge hatte das Maul geöffnet, und wie ein Lappen hing die Zunge hervor.
    Webster schlich mit seinem Hund durch die hohe Halle. Sie war ein Teil der Anlage, die zwei Londoner Stadtteile mit Trinkwasser versorgte.
    Die Halle beherbergte zwei große Trinkwasserbehälter, die durch Saug- und Druckleitungen mit den großen Kesseln im Nachbargebäude verbunden waren.
    Zehn Jahre übte Ronald Webster diesen Job schon aus. Zehn Jahre, in denen nichts passiert war.
    Denn wer sollte hier schon einbrechen?
    Zu holen gab es bestimmt nichts. Keine Reichtümer, kein Geld und keine Wertgegenstände.
    Höchstens Wasser.
    Der Hund knurrte und zog. Seine Pfoten rutschten, er fand kaum einen festen Stand.
    »Ja, ja, ist schon gut. Wir werden die Sache bestimmt schaukeln.«
    Ronald Webster war mit seinen sechzig Jahren nicht mehr der Jüngste, aber Angst kannte er nicht. Er war immer noch sehr rüstig, breit in den Schultern und nahm es gern mit Jüngeren auf. Auf eine Waffe hatte er bewußt verzichtet, obwohl sie ihm für den Dienst zustand. Aber Webster verabscheute Pistolen oder Revolver. Wenn es wirklich ernst wurde, verließ er sich auf seine Fäuste.
    Im Hintergrund summten die starken Generatoren. Sie trieben die Pumpen an, welche wiederum das Wasser aus den Brunnen und der Themse holten und es für die Aufbereitung weiterleiteten.
    Der Nachtwächter gelangte in den Teil der Halle, wo die riesigen Trinkwasserbehälter standen. Er wußte nicht einmal genau, wie viele Liter sie faßten, es mußten aber Millionen sein. Himmelhoch kamen Webster die Außenwände der Behälter vor. Breite Steigleitern führten hinauf zu den Schrittplattformen, die die Becken umgaben.
    Ronald Webster blieb stehen, schaltete seine Lampe ein und ließ den Strahl an der Leiter hochwandern.
    Da sah er die Gestalt!
    Soeben noch wurde sie von dem Lichtstrahl berührt, an der linken äußeren Grenze, dann war sie verschwunden. Ronald Webster hatte keine Lust, dem oder der Unbekannten nachzusteigen.
    »He!« rief er. »Kommen Sie da runter! Sie machen sich strafbar, wissen Sie das?«
    Die Antwort war ein gellendes Gelächter. Es schallte dem Nachtwächter entgegen und schien direkt aus der Hölle zu kommen. So schaurig hörte es sich an.
    Webster hatte noch nie einen Menschen so widerlich und gemein lachen hören, und über seinen Rücken rann eine Gänsehaut.
    Das Lachen bewies ihm aber auch, daß der Unbekannte nicht gewillt war, der Aufforderung Folge zu leisten. Demnach mußte Webster selbst hoch.
    Verdammt auch…
    Er konnte sich schlecht vorstellen, daß der Einbrecher nach irgendwelchem Geld suchte, das gab es hier sowieso nicht. Nein, sein Eindringen mußte einen anderen Grund haben. Plötzlich zuckte eine Idee durch den Kopf des Nachtwächters. Er hatte in Zeitungen und einschlägigen Magazinen viel über Terroristen und deren Gewalttaten gelesen. Unter anderem wurde da auch der Plan erwähnt, das Trinkwasser einer Großstadt zu vergiften.
    Und Webster befand sich nun mal in einer der größten Trinkwasseranlagen von London!
    Die Vorstellung war schrecklich. Dem Nachtwächter wurde es regelrecht übel bei dem Gedanken an die Folgen einer Trinkwasservergiftung. Was konnte da nicht alles geschehen? Schreckliche Bilder malte er sich bereits in seiner Phantasie aus. Er sah Menschen am Boden liegen. Bleich, tot. Mit aufgerissenen Augen und verzerrten Gesichtern. Die Hände auf den Leib gepreßt.
    Webster spürte, daß er schweißnaß war. Gleichzeitig war er sich jedoch darüber im klaren, daß er etwas tun mußte. Wenn es noch eine Chance gab, den Verbrecher und die Tat zu stoppen, dann mußte er sie nutzen.
    Der Hund war nicht zum erstenmal die Leiter hochgeklettert. Ihm bereitete dies weniger Schwierigkeiten als dem Nachtwächter.
    Webster tätschelte noch einmal den Kopf des Tieres und flüsterte: »Lauf, Caesar, gib es ihm!«
    Die Dogge sprang winselnd an der Leiter hoch, schnellte sich dann kraftvoll ab und jagte die ersten Stufen
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