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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg
Autoren: Ken Bruen
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brachte ihn weit hinaus, so weit ich konnte, ohne selbst unterzugehen. Es war kalt. Mit den vielen Steinen in seinen Taschen war es harte Arbeit, und fast hätte ich aufgegeben, aber ich musste sicher sein, dass er nicht an die Oberfläche kam. Als klar war, dass er unten bleiben würde, atmete ich tief ein und ging mit ihm unter Wasser, seine Augen starrten mich an wie im milden Tadel, und tat noch mehr Steine vom Meeresgrund dazu. Meine Zähne spielten einen Fandango aus Angst und Schock. Ich spürte diese sickernde Taubheit, die einem zuflüstert: »Ruh dich aus, lass dich vom Wasser trösten.«
    Die Versuchung war massiv, aber mit einer letzten äußersten Anstrengung schaffte ich einen weiteren Stein auf ihn drauf und durchbrach die Oberfläche, japste nach Luft. Ich sah, wie weit ich gekommen war, und wusste nicht einmal, ob ich es zurück bis zur Küste schaffen würde, murmelte dann: »Mach es einfach, hör auf zu winseln.«
    Ich kam aus dem Wasser, und die Neigung, mich hinzulegen, war überwältigend, aber es gelang mir weiterzugehen. Der Schmerz in Kopf, Brust und Hüfte war unglaublich. Ich schluckte einen ganzen Haufen von Stewarts Pillen, blieb in Bewegung.
    Ich war schon fast zu Hause, als ich merkte, dass sich etwas von Sean an meiner Jacke festgehakt hatte: die Rosenkranzperlen, die er als Armband getragen hatte, samt winzigem Kreuz.
    Ich kam an einem Abfalleimer vorbei, warf den Rosenkranz hinein.
    Mit Kreuzen war ich durch.

28
    Fast eine saubere Flucht

A m Montag darauf kam ein Mann in den Zwanzigern, um die Wohnung zu inspizieren und den Kauf abzuschließen. Er machte einen gründlichen Rundgang, schlug sogar gegen die Wände. Er repräsentierte einen Geschäftsmann namens Flanagan.
    Er sagte: »Mr Taylor, ich sehe keinerlei Probleme. Wir werden natürlich zur Prüfung unseren Ingenieur kommen lassen, aber ich glaube, es ist alles so weit klar. Ich bin befugt, Ihnen jetzt einen Scheck über die Anzahlung auszustellen.«
    Hier war er, der entscheidende Moment, und ich bockte. Wollte ich das wirklich tun? Ein paar Tage zuvor waren meine Tickets nach Amerika gekommen, und ich hatte sie in eine Schublade gesteckt. Das Geld, das für die Wohnung gezahlt werden sollte, verblüffte mich zwar, aber es bedeutete auch, dass ich obdachlos war.
    Ich fragte den Typ: »Was wird Mr Flanagan mit der Wohnung machen?«
    Er schien das eine merkwürdige Frage zu finden.
    »Ist das Ihre Sorge?«
    War es.
    Mrs Bailey, meine einstige Wirtin, ständige Freundin und Unterstützerin, hatte sie mir hinterlassen.
    Ich sah den Typ scharf an, und er sagte: »Nun, er hat einen Sohn, der jetzt allmählich ins Collegealter kommt, also ist sie vielleicht für ihn gedacht, oder vielleicht als kleines Ausweichquartier in der Stadt, wo man mal die Nacht verbringen kann. Mit Immobilien in Stadtmittelage kann man gar nichts falsch machen.«
    Das machte mir zu schaffen.
    Er spürte, wie unbehaglich mir war.
    »Sie wollen doch verkaufen, Mr Taylor?«
    Ich sagte: »Ja, klar.«
    Und wurde ihn los.
    Ich war von einer Traurigkeit erfüllt, einer Melancholie, so schwer wie die Steine, mit denen ich Sean beladen hatte.
    Mein Pass wurde erneuert, und auf dem Foto sah ich aus wie ein heimlichtuerisches Gespenst. Ich hatte nichts, was ich loswerden musste. Gail hatte meine Bücher verbrannt, und ich hatte schon vor langer Zeit die meisten Schiffe hinter mir verbrannt. Meine Abschiede … ja, die würden wohl geschlagene zwei Minuten in Anspruch nehmen. Ich war hibbelig, verließ die Wohnung, ging durch die Stadt, fragte mich: »Wirst du sie vermissen?«
    Ich wusste es nicht.
    Ich ging in einen Coffeeshop. Wusste, wenn ich in eine Kneipe gehe, trinke ich definitiv, und das würde all meine Reiseprobleme lösen. Ich bestellte einen latte und verbannte alle Gedanken an Vorfälle der letzten Zeit aus meinem Kopf. Als mein Kaffee kam, kam auch Stewart. Er fragte, ob er sich dazusetzen könne, und ich kriegte die Kellnerin dazu, dass sie ihm einen Kräutertee brachte. Er trug einen feinen, geschäftsmäßigen sogenannten Straßenanzug, teures Hemd und Schlips. Wenn man sein ganzes Leben lang billig gekauft hat, weiß man, was Qualität ist. Er wirkte vollkommen gelassen.
    Er sagte: »Also, Jack, Sean gefunden?«
    Ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen.
    Ich sagte: »Nein, in dem Bereich kein Glück gehabt.«
    Er dankte der Kellnerin für seinen Kräutertee, sagte dann: »Muss zurück nach London sein, was meinen Sie?«
    »Ich habe keine
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