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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg
Autoren: Ken Bruen
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imstande war, vielleicht gleich das Telefonat zu beenden, zu beschließen, das Stillsein zu praktizieren. Oder das Stillesein?
    Ich atmete tief ein. »Können, dürfen wir uns treffen?«
    Ich hörte, wie ihn das amüsierte. Er sagte: »Sehen Sie, Sie sind schon viel ruhiger. Fühlt sich das nicht besser an? Ich bin zu Hause, kommen Sie vorbei, sobald Sie die Muße finden.«
    Das Arschgesicht.
    Ich sagte: »Bin in zwanzig Minuten da.«
    »Ich auch.«
    Ich überlegte, ob ich die Glock mitnehme, ihm eine Kugel ins Knie jage, sehe, wie still er dann ist.
    Ein eisiger Wind blies durch die Stadt, und Schneeregen war versprochen. Mir schauderte, obwohl ich nicht hundertpro sicher bin, ob das nur am Wetter lag. Zehn Minuten später war ich bei ihm, entschlossen, cool zu bleiben. Klingelte.
    Er ließ sich richtig schön viel Zeit, machte dann doch die Tür auf, sagte: »Jack, gut, Sie zu sehen.«
    Winkte mich herein. Er hatte eine Art weiße Judo-Minelle an, plus barfuß. Seine Wohnung wirkte noch unbewohnter als zuvor. Er fragte, ob ich Tee wolle, und ich sagte Nein. Er bedeutete mir, mich zu setzen, platzte sich auf dem Fußboden, nahm die Lotos-Stellung ein und blickte unergründlich.
    Ich wollte ihm immer noch an den Kopf treten und kam sofort zur Sache.
    »Was ist passiert?« Er betrachtete mich mit milder Neugier, als sähe er mich zum ersten Mal.
    »Sie meinen, im globalen Sinne, im Weltmaßstab? Da kann ich Ihnen nicht helfen. Meine Sicht …«
    Er hielt inne, als suchte er nach dem richtigen Wort.
    »… ist jetzt … neutraler. «
    Er war wahnsinnig, ganz normal bescheuert. Was er alles durchgemacht hatte – den Tod seiner Schwester, den Knast –, all das war schließlich doch noch zu ihm durchgedrungen, und er hatte den Verstand verloren.
    Ich zählte bis zehn, sagte: »Gail, mit der Sie verabredet waren, ist aufgetaucht … ertrunken.«
    Er nickte, als wüsste er es, es sei ihm aber entfallen.
    Er sagte: »Sie hatte nichts mehr, wohin sie sich wenden konnte. Das Wasser war reinigend, hat sie von all der Qual befreit.«
    Wenn er gesagt hätte, sie wäre jetzt still, hätte ich ihn windelweich geprügelt.
    »Waren Sie ihr dabei behilflich?«
    Er überdachte dies, als wäre es vage interessant, nicht gerade fesselnd, aber doch vielleicht einer Antwort würdig.
    »Ach, Jack, Sie urteilen vorschnell, Sie beschließen, dass etwas so ist, wie Sie es wollen, und drehen dann alles andere so hin, dass es dazu passt.«
    Meine Geduld hatte ganz schlechte Werte. Ich aktivierte meine Reserven, versuchte, noch ein Fleckchen Toleranz zu finden.
    Nichts.
    Aus und alle.
    Schon war ich aufgesprungen, hatte ihn bei seinem Judohemd gepackt, auf die Beine gezerrt, dann gegen die Wand geknallt.
    Feste.
    Sagte: »Genug mit der Zen-Scheiße. Haben Sie sie umgebracht?«
    Er ließ seinen Körper ganz locker, reagierte nicht auf meine Gewalttätigkeit, sagte langsam: »Ich war Freitagnacht mit ihr zusammen, schon vergessen?«
    Meine Faust ballte sich, bereit loszuschlagen. Ich wollte sehr dringend auf ihn eindreschen, sagte mit zusammengebissenen Zähnen: »Genau. Und? Weiter?«
    Seine Stimme war bedacht, gemessen, als wenn er mit einem ungebärdigen Kind spräche.
    »Jack, sie ist Sonntagnacht ertrunken.«
    Ich ließ ihn los, trat zurück, sagte: »Was?«
    Er glättete seine Kluft, lehnte sich gegen die Wand.
    »Sie sollten wirklich Ihre Fakten überprüfen, Jack. Sonntagabend und Sonntagnacht war ich, wie gesagt, zurückgezogen, hatte mit fünfzig anderen Leuten eine Auszeit in Limerick.«
    Ich wusste nicht, was ich denken sollte.
    »Sie hat Selbstmord begangen? Oder hat ihr jemand geholfen?«
    Er ging von der Wand weg, nahm wieder seine Scheiß-Lotos-Stellung ein.
    »Sie sind der Ermittler, also … ermitteln Sie.«
    Ich wusste überhaupt nicht mehr, wo es langging.
    »Ich stehe total im Dunkeln.«
    Er lächelte, sagte: »Für viele ist das der wahre Anfang.«
    Ich stürmte hinaus, bevor ich ihn ernsthaft beschädigen konnte.

26
    »Mysterium iniquitatis«
»Das Geheimnis des Bösen«
    Paulus

I ch musste mit jemandem reden, damit ich irgendwie kapierte, was hier ablief.
    Gina hatte Psychologie-Erfahrung, also rief ich sie an. Sie schien entzückt, von mir zu hören. Dass irgendjemand erfreut war, meine Stimme zu hören, verblüffte mich. Ich laberte ein bisschen herum, schaffte es schließlich, sie zum Abendessen einzuladen, und wir vereinbarten ein Treffen in einem neuen mexikanischen Restaurant, das sie dringend ausprobieren
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