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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
Autoren: Lee Child
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gestohlen, nie jemanden betrogen. Niemals irgendwelche Kinder gezeugt. Sein Name stand auf so wenigen Dokumenten, wie es einem Menschen überhaupt möglich war. Er war nahezu unsichtbar. Und er hatte nie jemanden gekannt, der Jacob hieß. Das wusste er bestimmt. Deshalb interessierte ihn nicht, was Costello von ihm wollte, jedenfalls nicht genug, um seine Anonymität aufzugeben und sich in irgendwas hineinziehen zu lassen.
    Denn das Unsichtbarsein war ihm zur Gewohnheit geworden, Sein Vorderhirn sagte ihm, dass dies in gewisser Weise eine komplexe Reaktion auf seine persönliche Situation war. Vor zwei Jahren war seine Welt auf den Kopf gestellt worden. Aus einem großen Fisch in einem kleinen Teich hatte er sich plötzlich in einen Niemand verwandelt. Aus einem ranghohen und geschätzten Mitglied einer straff organisierten Gemeinschaft hatte er sich in nur einen von zweihundertsiebzig Millionen anonymen Zivilisten verwandelt. Aus jemandem, der gebraucht wurde, in einen Mann, der plötzlich überflüssig war. Aus einem Soldaten, der jederzeit dahin gegangen war, wo man ihn hinbeordert hatte, in einen Mann, vor dem über neun Millionen Quadratkilometer und vielleicht noch vierzig Jahre lagen, der aber keine Landkarte und keinen Zeitplan besaß. Sein Vorderhirn sagte ihm, seine Reaktion sei verständlich, aber defensiv, das Verhalten eines Mannes, der gern allein ist, aber die Einsamkeit fürchtet. Es sagte ihm, dies sei eine extreme Reaktion, die er sorgfältig unter Kontrolle halten müsse.
    Aber sein Stammhirn, der Sitz seiner Instinkte, sagte ihm, dass ihm das in Wirklichkeit gefiel. Ihm gefiel die Anonymität. Ihm gefiel es, sein Leben geheim zu halten. Diese Geheimhaltung fühlte sich behaglich und beruhigend an. Er wahrte sie sorgfältig. Nach außen hin war er freundlich und gesellig, ohne jemals viel von sich preiszugeben. Er zahlte gern bar und reiste auf der Straße. Sein Name stand nie auf irgendwelchen Passagierlisten oder den Durchschlägen beim Bezahlen mit Kreditkarten. Er verriet niemandem seinen Namen. In Key West hatte er sich in einem billigen Motel als Harry S. Truman einquartiert. Ein Blick auf andere Eintragungen im Gästebuch hatte ihm gezeigt, dass seine Idee keineswegs originell war. Die meisten der einundvierzig US-Präsidenten hatten hier schon genächtigt - sogar solche wie John Tyler und Franklin Pierce, die kein Mensch kannte. Wie sich herausstellte, bedeuteten Namen auf den Keys nicht allzu viel. Die Leute lächelten nur, winkten einem zu und sagten hallo. Alle nahmen an, jeder habe etwas zu verbergen. Hier fühlte er sich wohl. Zu wohl, um gleich wieder weiterzuziehen.
    Er schlenderte etwa eine Stunde lang durch die lärmende Straße und verschwand dann von der Duval Street in ein versteckt in einem Innenhof liegendes Restaurant, in dem sie ihn vom Sehen kannten, sein Lieblingsmineralwasser führten und ihm ein Steak servieren würden, das auf beiden Seiten über den Tellerrand hing.
    Das Steak wurde mit einem Spiegelei, Fritten und einem komplizierten Allerlei aus Sommergemüsen serviert, die Eiskrem mit Schokoladensauce und Nüssen. Er trank einen weiteren Liter Wasser und ließ zwei Tassen starken schwarzen Kaffee folgen. Dann schob er seinen Stuhl vom Tisch zurück und saß zufrieden da.
    »Wieder besser?« Die Serviererin lächelte.
    Reacher grinste und nickte.
    »Hat mir das Leben gerettet«, sagte er.
    »Und es steht Ihnen gut.«
    »Fühlt sich auch gut an.«
    Das stimmte. Nicht mehr lange, dann würde er neununddreißig sein, doch ihm ging es besser denn je. Er war immer stark und durchtrainiert gewesen, aber im letzten Vierteljahr hatte sich seine Leistungsfähigkeit beträchtlich gesteigert. Mit einer Größe von einssechsundneunzig hatte er bei seinem Ausscheiden aus der Army etwa hundert Kilo gewogen. Im ersten Monat in der Baukolonne war sein Gewicht durch die schwere Arbeit in der Hitze auf fünfundneunzig Kilo zurückgegangen. In den beiden folgenden Monaten hatte er es wieder bis auf etwa hundertzehn Kilo gesteigert - alles harte Muskeln. Seiner Schätzung nach bewegte er jeden Tag etwa vier Tonnen Erde und Kies und Sand. Er hatte eine besondere Technik entwickelt, das Erdreich mit seiner Schaufel so auszuheben, mit Schwung hochzuhieven und auf den Lastwagen zu werfen, dass alle Teile seines Körpers beansprucht wurden. Das Ergebnis war spektakulär. Er war braun gebrannt und in bester Form. Wie ein mit Walnüssen vollgestopftes Kondom - so hatte irgendein Mädchen ihn
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