Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
beschrieben. Er rechnete sich aus, dass er ungefähr fünftausend Kilokalorien brauchte, nur um sein Gewicht zu halten, und dazu kamen noch die zehn Liter Wasser, die er trinken musste.
    »Na, arbeiten Sie heute Abend wieder?«, fragte die Serviererin.
    Reacher lachte. Er verdiente Geld damit, dass er sich einem Fitnesstraining unterzog, für das viele Leute in einem teuren Studio ein Vermögen hin geblättert hätten, und jetzt war er zu seinem Abendjob unterwegs, der ihm ebenfalls Geld für etwas einbrachte, das die meisten Männer gern umsonst getan hätten. Er war der Rausschmeißer in der Oben-ohne-Bar, von der Costello gesprochen hatte. In der Duval Street. Er saß den ganzen Abend ohne Hemd an der Theke, wirkte taff, bekam kostenlose Drinks und passte auf, dass die halb nackten Frauen nicht belästigt wurden. Dann gab ihm jemand fünfzig Bucks dafür.
    »Lästige Routinearbeit«, sagte er, »Aber irgendwer muss sie ja machen.«
    Das Mädchen lachte. Er bezahlte seine Rechnung und machte sich wieder auf den Weg zur Duval Street.

    Fünfzehnhundert Meilen weiter nördlich, nahe der Wall Street in New York City, fuhr ein Firmenchef mit dem Lift zwei Stockwerke tiefer in die Bürosuite seines Finanzdirektors. Die beiden Männer gingen ins Büro und setzten sich nebeneinander an den Schreibtisch. Die luxuriöse Ausstattung des Raums zeugte davon, dass die Geschäfte gut gingen. Ein Büro in einem der oberen Stockwerke des Gebäudes, alle Wände mit dunklem Rosenholz getäfelt, verstellbare Jalousien aus cremefarbenem Leinen, ein riesiger Schreibtisch, eine italienische Tischlampe, ein großer und sündteurer Computer, der eingeschaltet auf das Kennwort wartete. Als der Chef es eintippte und ENTER drückte, erschien auf dem Bildschirm ein Arbeitsblatt mit einer Bilanz. Einzig diese Bilanz verriet die Wahrheit über das Unternehmen. Deshalb war sie durch ein Kennwort geschützt.
    »Schaffen wir’s?«, fragte der Firmenchef.
    Heute war der Tag X gewesen, an dem sie den längst überfälligen Personalabbau in die Tat umgesetzt hatten. Seit acht Uhr morgens war der Personalchef ihres Werks auf Long Island sehr beschäftigt gewesen. Seine Sekretärin hatte Unmengen von Stühlen zusammengetragen und sie in langer Reihe auf dem Korridor vor seinem Büro aufgestellt. Auf diesen Stühlen hatten dann Arbeiter Platz genommen und stundenlang gewartet, um am Ende der Schlange ins Büro des Personalchefs zu trotten - zu einem Fünfminutengespräch, das sie ihren Job kostete. Vielen Dank und alles Gute für die Zukunft.
    »Schaffen wir’s ?«, fragte der Chef nochmals.
    Der Finanzdirektor schrieb Zahlen auf ein Blatt Papier, er zog eine von der anderen ab und sah auf einen Kalender. Dann zuckte er mit den Schultern.
    »Theoretisch ja«, erwiderte er. »Praktisch nein.«
    »Nein?«, wiederholte der Firmenchef.
    »Das liegt am Zeitfaktor«, meinte der Finanzdirektor. »Im Werk haben wir das Richtige getan, das steht außer Zweifel. Durch die Entlassung von achtzig Prozent unserer Leute sparen wir einundneunzig Prozent der Lohngelder, weil wir nur die billigen Kräfte behalten haben. Aber wir haben den Entlassenen noch einen zusätzlichen Monatslohn gezahlt. Daher wirkt der verbesserte Cashflow sich erst in sechs Wochen aus. Im Augenblick verschlechtert er sich sogar erheblich, weil die Schweinehunde alle dabei sind, ihre Lohnschecks für anderthalb Monate einzulösen,«
    Der Chef nickte seufzend.
    »Wie viel brauchen wir also?«
    Der Finanzdirektor benutzte die Maus, um ein Fenster zu vergrößern.
    »Eins Komma eins Millionen«, antwortete er. »Für sechs Wochen.«
    »Bank?«
    »Aussichtslos«, sagte der Finanzdirektor. »Ich bin jeden Tag drüben und krieche ihnen in den Hintern, nur damit sie uns die bisherigen Kredite nicht kündigen. Würde ich mehr verlangen, würden sie mir ins Gesicht lachen.«
    »Wenn's nichts Schlimmeres ist«, entgegnete der Chef.
    »Darum geht’s nicht«, wandte der Finanzdirektor ein. »Es geht darum, dass sie diese Kredite sofort kündigen würden, wenn sie den Verdacht hegten, wir hätten uns wider Erwarten nicht gesundgeschrumpft. Blitzschnell.«
    Der Firmenchef trommelte mit den Fingern auf Rosenholz und zuckte mit den Schultern.
    »Ich verkaufe einen Teil meiner Aktien«, sagte er.
    Der Finanzdirektor schüttelte den Kopf.
    »Das dürfen Sie nicht«, widersprach er. »Werfen Sie Aktien auf den Markt, fällt der Kurs ins Bodenlose. Unsere gegenwärtigen Kredite sind mit Aktien gesichert, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher