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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
Autoren: Lee Child
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Prolog
    Hook Hobie verdankte sein gesamtes Leben einem fast dreißig Jahre alten Geheimnis. Seine Freiheit, seine gesellschaftliche Stellung, sein Geld, alles. Und wie jeder umsichtige Mann in dieser besonderen Situation war er bereit, alles Erforderliche zu tun, um sein Geheimnis zu hüten. Weil er viel zu verlieren hatte. Sein gesamtes Leben.
    Fast dreißig Jahre lang hatte er sich ausschließlich auf zwei Dinge verlassen, auf jene zwei Dinge, die jeder einsetzt, um sich vor Gefahren zu schützen. Auf jene Methode, mit der eine Nation sich vor einer feindlichen Rakete schützt, jene Methode, mit der ein Apartmentbewohner sich vor einem Einbrecher schützt, jene Methode, mit der ein Boxer sich vor einem Knockout schützt. Ortung und Reaktion. Erst entdeckt man die Gefahr, und dann reagiert man darauf.
    Phase eins war sein Frühwarnsystem. Es war im Lauf der Jahre modifiziert worden, als andere Umstände sich verändert hatten. Jetzt war es vereinfacht und gut eingespielt. Es bestand aus zwei Sicherheitszonen, die konzentrischen Stolperdrähten glichen. Der erste Stolperdraht war elftausend Meilen von zu Hause entfernt. Er war ein Frühfrühwarnsystem. Ein Weckanruf. Er würde ihn warnen, dass sie näher kamen. Der zweite Stolperdraht war fünftausend Meilen näher ausgespannt, aber noch immer sechstausend Meilen von zu Hause entfernt. Ein Anruf, der von diesem zweiten Ort kam, würde ihn warnen, dass sie im Begriff waren, sehr nahe an ihn heranzukommen. Er würde ihn alarmieren, dass Phase eins vorbei war und Phase zwei in Kürze beginnen würde.
    Phase zwei war die Reaktion. Er wusste sehr genau, wie diese aussehen würde. Er hatte fast dreißig Jahre damit zugebracht, darüber nachzudenken, aber es gab stets nur eine praktikable Lösung. Seine Reaktion würde daraus bestehen, dass er flüchtete. Dass er untertauchte. Er war ein Realist und zeitlebens stolz auf seinen Mut und seine Gerissenheit, seine Zähigkeit und seine innere Stärke gewesen. Er hatte stets das Notwendige getan, ohne viel darüber nachzudenken. Aber er wusste, dass er würde verschwinden müssen, sobald er die Alarmsignale dieser weit entfernten Stolperdrähte hörte. Weil kein Mann überleben konnte, was dann auf ihn zukäme. Kein Mann. Nicht einmal ein so skrupelloser wie er.
    Die Gefahr war seit Jahren wie die Gezeiten des Meeres angeschwollen und wieder abgeebbt. Es hatte lange Perioden gegeben, in denen er davon überzeugt gewesen war, sie werde im nächsten Augenblick über ihn hinwegbranden. Und dann wieder lange andere, in denen er sich sicher gewesen war, sie werde ihn nie erreichen. Manchmal wiegte ihn die abstumpfende Wirkung des Zeitablaufs in Sicherheit, weil dreißig Jahre eine Ewigkeit waren. Aber dann wieder erschienen sie ihm kurz wie ein Wimpernschlag. Manchmal erwartete er den ersten Anruf fast stündlich. Er plante und schwitzte, war sich dabei stets bewusst, dass er im nächsten Augenblick zur Flucht gezwungen sein könnte.
    In Gedanken hatte er alles schon eine Million Mal durchgespielt. Er rechnete damit, dass der erste Anruf ungefähr einen Monat vor dem zweiten kommen würde. Diesen Monat würde er dazu nutzen, seine Vorbereitungen zu treffen. Er würde Unerledigtes aufarbeiten, Geschäfte abwickeln, Kasse machen, Vermögenswerte in Sicherheit bringen, noch offene Rechnungen begleichen. Kam dann der zweite Anruf, würde er abhauen. Sofort. Ohne eine Sekunde lang zu zögern. Einfach abhauen, als sei der Teufel hinter ihm her, untertauchen und untergetaucht bleiben.
    Aber als es dann passierte, kamen beide Anrufe am selben Tag. Der zweite zuerst. Der innere Stolperdraht wurde eine Stunde vor dem äußeren niedergerissen. Und Hook Hobie floh nicht. Er schlug dreißig Jahre sorgfältiger Planung in den Wind und blieb, um den Kampf auszufechten.

1
    Jack Reacher sah den Kerl durch die Tür hereinkommen. Tatsächlich gab es dort gar keine Tür. Der Kerl trat einfach durch den Teil der Fassade, der nicht da war. Von der Bar aus gelangte man direkt auf den Gehsteig. Dort draußen standen Tische und Stühle unter einem vertrockneten Rankengewächs, das eine Art nominellen Schatten lieferte. Das Ganze war ein Innenaußenraum, durch den eine nicht existierende Wand verlief. Reacher vermutete, dass es ein Scherengitter oder dergleichen geben musste, mit dem die Öffnung verschlossen werden konnte, wenn die Bar zumachte. Falls sie jemals schloss. Reacher hatte sie jedenfalls nie geschlossen erlebt, obwohl er sie zu ziemlich extremen
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