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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet
Autoren: Michael Connelly
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gesprochen hatte, wusste ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Dann rief mich Brad Hazelton an und erzählte mir, weshalb du ihn angerufen hattest. Ich beschloss, mit dir zu reden, bevor ich abflog. Ich fuhr zum Hotel und sah dich mit Backus herauskommen. Ich weiß nicht, warum, aber ich bin euch gefolgt. Ich vermute, es war, weil ich Backus nicht mehr traute.«
    »Wie viel hast du hier gehört?«
    »Genug. Ich konnte nur nichts unternehmen, bis er seine Waffe weggesteckt hatte. Tut mir Leid, dass du das alles durchmachen musstest, Jack.«
    Sie trat vom Fenster zurück, aber ich blieb stehen und starrte in die Dunkelheit.
    »Ich habe ihn nicht nach den anderen gefragt. Ich habe ihn nicht gefragt, warum er es getan hat.«
    »Welche anderen?«
    »Sean. Die anderen. Beltran hat bekommen, was er verdiente. Aber weshalb Sean? Weshalb die anderen?«
    »Dafür gibt es keine Erklärung, Jack. Und wenn es eine gegeben hat, werden wir sie jetzt nie mehr erfahren. Mein Wagen steht ein Stück die Straße hinunter. Ich muss Verstärkung anfordern und einen Hubschrauber, der die Schlucht absucht. Sicherheitshalber. Außerdem will ich im Krankenhaus anrufen.«
    »Wozu?«
    »Um ihnen zu sagen, wie viele von diesen Tabletten du genommen hast, und mich zu erkundigen, was wir tun sollen.«
    Sie ging auf den Flur.
    »Rachel«, rief ich ihr nach. »Danke.«
    »Gern geschehen, Jack.«
50
    Kurz nachdem Rachel gegangen war, schlief ich auf der Couch ein. Das Geräusch eines Hubschraubers drang in meine Träume ein, aber nicht tief genug, um mich aufzuwecken.
    Als ich schließlich von selbst aufwachte, war es drei Uhr morgens. Ich wurde zum Bundesgebäude gefahren und in den dreizehnten Stock in ein kleines Verhörzimmer gebracht. In den nächsten fünf Stunden stellten mir zwei fremde Agenten mit verdrießlichen Gesichtern endlose Fragen und gingen meine Geschichte immer und immer wieder durch, bis mir schlecht war vom ständigen Wiederholen.
    Bei dieser Vernehmung saß keine Stenografin dabei, denn diesmal ging es um einen von ihnen. Ich hatte das Gefühl, dass sie die Story in die Form bringen wollten, die ihnen am zweckdienlichsten erschien, bevor sie sie schriftlich festhielten.
    Irgendwann nach acht sagten sie schließlich, ich könnte in die Cafeteria hinuntergehen und frühstücken. Dann wollten sie die Stenografin holen und ein offizielles Protokoll anfertigen. Inzwischen hatten wir die Geschichte so oft besprochen, dass ich genau wusste, wie sie jede einzelne Frage beantwortet haben wollten. Ich war nicht hungrig, aber mir lag so viel daran, aus diesem Zimmer raus und von ihnen fortzukommen, dass ich zu allem ja gesagt hätte. Zumindest begleiteten sie mich nicht wie einen Gefangenen hinunter.
    Ich entdeckte Rachel.
    Sie saß allein an einem Tisch. Ich kaufte mir einen Kaffee und ein Doughnut, das aussah, als sei es drei Tage alt, und ging zu ihr.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Wir leben in einem freien Land.«
    »Manchmal bin ich mir da nicht so sicher. Diese Burschen, Cooper und Kelly, haben mich fünf Stunden lang oben in diesem Raum festgehalten.«
    »Das musst du verstehen. Du bist der Informant, Jack. Sie wissen, dass du die Geschichte erzählen wirst, den Zeitungen, im Fernsehen, vermutlich auch in einem Buch. Die ganze Welt wird von diesem einen faulen Apfel beim FBI erfahren. Es spielt keine Rolle, wie viel Gutes wir tun oder wie viele böse Buben wir erwischen, die Tatsache, dass wir einen Verbrecher in unseren Reihen hatten, wird eine große, große Story werden. Sie wird dich reich machen, und wir beim FBI müssen mit dem leben, was danach kommt. Das ist, kurz gesagt, der Grund, weshalb dich Cooper und Kelly nicht wie eine Primadonna behandeln.«
    Ich musterte sie für ein paar Sekunden. Es hatte den Anschein, als hätte sie ausgiebig gefrühstückt. Es waren Reste von Eigelb auf ihrem Teller zu sehen.
    »Guten Morgen, Rachel«, sagte ich. »Vielleicht können wir von vorn anfangen.«
    Das machte sie wütend. »Hör zu, Jack, ich habe auch nicht vor, dich mit Samthandschuhen anzufassen. Welche Reaktion erwartest du eigentlich von mir?«
    »Ich weiß es nicht. Die ganze Zeit habe ich die Fragen dieser beiden Männer beantwortet, aber dabei immer nur an dich gedacht. An uns.«
    Ich suchte in ihrem Gesicht nach einer Reaktion, fand aber keine. Ihr Blick war auf ihren Teller gerichtet.
    »Ich könnte versuchen, dir all die Gründe zu erklären, die mich glauben ließen, dass du der Poet warst. Aber das würde nichts
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