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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet
Autoren: Michael Connelly
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gewissermaßen eine zweite Chance. Und diesmal wird es kein Misserfolg werden.«
    Ich schaute zu Boden. Ich begann, die Wirkung der Schmerztabletten zu spüren. Ich kniff die Augen zusammen und ballte die Fäuste, aber es war zu spät. Das Gift war bereits in meinem Blut.
    »Sie können nichts dagegen tun«, sagte Backus. »Entspannen Sie sich einfach, Jack, lassen Sie los. Bald ist alles vorbei.«
    »Sie kommen damit nicht durch. Rachel lässt sich bestimmt nicht hinters Licht führen. Sie wird rausbekommen, was hier passiert ist.«
    »Da haben Sie hundertprozentig Recht. Sie wird es rausbekommen. Vielleicht weiß sie es schon jetzt. Deshalb werde ich verschwinden, sobald das hier vorbei ist. Sie sind der letzte Posten auf meiner Liste. Danach verabschiede ich mich.«
    Ich begriff nicht.
    »Sie wollen verschwinden?«
    »Ich bin sicher, dass Rachel mich schon jetzt verdächtigt. Deshalb musste ich sie immer wieder nach Florida schicken. Aber das reicht nicht. Sie wird es ganz bald wissen. Und deshalb ist die Zeit gekommen, da ich aus meiner Haut schlüpfen und weiterziehen muss. Ich muss ich selbst sein, Jack.«
    Beim letzten Satz leuchtete sein Gesicht auf. Ich hatte den Eindruck, dass er im Begriff war zu singen, aber er tat es nicht.
    »Wie fühlen Sie sich jetzt, Jack? Ein bisschen benommen?«
    Ich sagte nichts, aber er hatte Recht. Mir war, als begänne ich in eine dunkle Leere zu gleiten, wie ein Floß auf einem Wasserfall. Die ganze Zeit über beobachtete Backus mich, redete mit monotoner Gelassenheit, nannte häufig meinen Namen.
    »Lassen Sie es in sich wirken, Jack. Genießen Sie einfach diese Minuten. Denken Sie an Ihren Bruder. Denken Sie daran, was Sie zu ihm sagen werden. Ich finde, Sie sollten ihm sagen, was für ein großartiger Detektiv Sie geworden sind. Zwei in einer Familie, das ist schon etwas. Denken Sie an Seans Gesicht. Wie er lächelt. Sie anlächelt, Jack. Und nun lassen Sie Ihre Augen zufallen, bis Sie ihn sehen können. Es wird Ihnen nichts passieren. Sie sind in Sicherheit.«
    Ich konnte es nicht verhindern. Meine Lider sanken herab. Ich versuchte, woanders hinzuschauen. Ich starrte auf die Lichter im Spiegel, aber ich war zu matt. Überwältigt. Ich schloss die Augen.
    »Das ist gut, Jack. Hervorragend. Können Sie Sean schon sehen?«
    Ich nickte. Dann spürte ich seine Finger auf meinem linken Handgelenk. Er legte es auf die Armlehne des Stuhls. Dann tat er dasselbe mit dem rechten.
    »Wunderbar, Jack. Sie sind ein großartiges Subjekt. Richtig kooperativ. Und jetzt will ich, dass Sie keinen Schmerz mehr empfinden. Keinen Schmerz, Jack. Einerlei, was hier passiert, Sie werden keinen Schmerz empfinden, haben Sie verstanden?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Ich will, dass Sie sich nicht bewegen, Jack. Sie können sich ohnehin nicht bewegen. Ihre Arme sind unendlich schwer. Sie können sie nicht bewegen, stimmt’s?«
    »Ja«, sagte ich.
    Meine Augen waren nach wie vor geschlossen, und mein Kinn ruhte auf der Brust, aber ich war mir meiner Umgebung vollkommen bewusst.
    Es war, als hätten sich mein Verstand und mein Körper voneinander getrennt. Als schaute ich von oben her auf meine Gestalt herab.
    »Und jetzt öffnen Sie die Augen, Jack.«
    Ich tat, was er verlangte, und sah Backus vor mir stehen. Seine Waffe steckte im Holster unter dem offenen Jackett, und in einer Hand hielt er jetzt eine lange Stahlnadel. Das war meine Chance. Doch ich konnte mich nicht fortbewegen, schon gar nicht nach irgendetwas greifen. Mein Verstand ließ meinem Körper keine Botschaften mehr zukommen. Ich saß reglos da, sah unbeweglich zu, als er die Nadelspitze in meine unverbundene Handfläche drückte. Er wiederholte die Prozedur an zweien meiner Finger. Ich unternahm nichts, um ihn daran zu hindern.
    »Das ist gut, Jack. Ich glaube, jetzt sind Sie für mich bereit. Denken Sie daran, Ihre Arme sind unendlich schwer. Sie können sie nicht bewegen, sosehr Sie es vielleicht auch wollen. Sie können nicht reden, sosehr Sie es vielleicht auch wollen. Aber halten Sie die Augen offen, Jack. Ich will nicht, dass Ihnen etwas entgeht.«
    Er trat zurück und musterte mich abschätzig.
    »Wer ist jetzt der Beste, Jack?«, fragte er. »Wer ist der bessere Mann? Wer hat nun gewonnen, und wer hat nun verloren?«
    Meine Gedanken füllten sich mit Entsetzen. Ich konnte meine Arme nicht bewegen, konnte nicht sprechen, spürte aber immer noch die Todesangst. Ich merkte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten, aber sie fielen
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