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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet
Autoren: Michael Connelly
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nicht. Ich schaute zu, wie sich seine Hände an der Gürtelschließe zu schaffen machten. Er sagte: »Ich brauche nicht einmal mehr Gummis zu benutzen, Jack.«
    In dem Augenblick ging das Licht im Flur hinter ihm aus. Ich sah undeutlich eine Bewegung, hörte ihre Stimme. Rachel.
    »Rühren Sie sich keinen Millimeter von der Stelle, Bob. Keinen einzigen Millimeter.«
    Sie sprach gelassen und selbstsicher. Backus hielt abrupt inne und starrte in meine Augen. Seine Augen waren tot. Seine rechte Hand, die Rachel nicht sehen konnte, bewegte sich langsam auf die Innenseite seines Jacketts zu. Ich wollte einen warnenden Schrei von mir geben, aber ich konnte es nicht. Ich spannte jeden Muskel meines Körpers an, um mich wenigstens ein paar Zentimeter zu bewegen, und endlich kickte mein linkes Bein kraftlos vom Stuhl weg.
    Das reichte. Die Macht, die Backus über mich hatte, ließ nach.
    »Rachel!«, schrie ich, gerade als Backus seine Waffe aus dem Holster zog und in ihre Richtung herumwirbelte.
    Es gab einen Schusswechsel, und Backus stürzte rücklings zu Boden. Eine der Glasscheiben zersplitterte. Kalte Abendluft strömte ins Zimmer. Backus kroch hinter meinem Stuhl in Deckung.
    Rachel schob sich aus dem Flur um die Ecke, ergriff die Lampe und riss sie aus der Steckdose. Das Haus versank in Dunkelheit. Nur noch Schatten waren zu sehen. Backus feuerte noch zwei Schüsse auf sie ab, dicht neben meinem Kopf, ohrenbetäubend. Ich spürte, wie er den Stuhl rückwärts riss, um noch bessere Deckung zu haben.
    Mir war zumute wie jemandem, der gerade aus einem Traum erwacht und große Mühe hat, sich zu bewegen. Als ich aufzustehen versuchte, klammerte sich eine Hand um meine Schulter und drückte mich wieder herunter. Hielt mich auf dem Stuhl fest.
    »Rachel«, rief Backus. »Wenn Sie schießen, treffen Sie ihn! Wollen Sie das? Legen Sie die Waffe weg und kommen Sie heraus. Wir können über alles reden.«
    »Tu’s nicht, Rachel«, rief ich. »Er wird uns beide töten. Erschieß ihn! Erschieß ihn!«
    Rachel kam abermals hinter der Wand zum Vorschein. Diesmal war sie dicht am Boden.
    Nur undeutlich erkannte ich, dass sich der Lauf ihrer Waffe auf eine Stelle direkt oberhalb meiner rechten Schulter richtete. Sie zögerte, Backus jedoch nicht.
    Er feuerte noch zweimal, während Rachel sich rasch wieder in ihre Deckung im Flur zurückzog. Ich sah, wie die Kante der Wand in Gipsstaub und Trümmerbrocken explodierte.
    »Rachel!«, schrie ich.
    Ich presste die Absätze beider Schuhe in den Teppich und schob mit einem Ausbruch der gesamten Kraft, die mir noch zur Verfügung stand, den Stuhl zurück.
    Die Bewegung überraschte Backus. Ich spürte, wie der Stuhl gegen ihn prallte und die Wucht des Aufpralls ihn umwarf. In diesem Moment stürmte Rachel aus dem kleinen Flur, und eine weitere Salve explodierte aus ihrer Waffe.
    Hinter mir hörte ich einen seltsam verhallenden Aufschrei und dann Stille.
    Meine Augen hatten sich inzwischen an das schwache Licht gewöhnt. Ich sah, wie Rachel auf mich zukam. Sie hielt die erhobene Waffe mit beiden Händen, die Ellenbogen dicht an den Körper gedrückt und zielte auf einen Punkt hinter mir. Als sie an mir vorbeiging, drehte ich mich langsam um. Durch das zerborstene Fenster über dem Abgrund richtete Rachel die Waffe hinunter in die Dunkelheit, in die Backus gestürzt war. Sie stand mindestens eine halbe Minute lang regungslos da, um ganz sicher zu sein, dass er fort war.
    Stille hatte das Haus ergriffen. Ich spürte die kühle Abendluft auf meiner Haut. Endlich drehte sie sich um und kam zu mir herüber. Sie ergriff meinen Arm und zog mich hoch, bis ich stand.
    »Los, Jack«, sagte sie. »Komm zu dir. Bist du verletzt? Ist dir etwas passiert?«
    »Sean.«
    »Was?«
    »Nichts. Bist du in Ordnung?«
    »Ich glaube ja. Bist du verletzt?«
    Sie sah auf den Fußboden hinter mir, und ich drehte mich um. Ich folgte ihrem Blick. Blut war auf dem Boden. Und zersplittertes Glas.
    »Das stammt nicht von mir«, sagte ich. »Du hast ihn getroffen. Oder er hat sich an dem Glas geschnitten.« Ich trat zusammen mit ihr noch einmal ans Fenster. Unter uns war nur Schwärze.
    Die einzigen Geräusche stammten von dem Wind in den Bäumen und dem Verkehr unten im Valley. »Rachel, es tut mir Leid«, sagte ich. »Ich dachte ... ich dachte, du wärst es gewesen. Es tut mir Leid.«
    »Sag jetzt nichts, Jack. Darüber reden wir später.«
    »Wieso bist du nicht auf dem Weg nach Florida?«
    »Nachdem ich mit dir
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