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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet
Autoren: Michael Connelly
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aufsuchen will. Diesen Besuch möchte ich nicht abstatten müssen. Der Sohn geht auch zum FBI und entpuppt sich als Verbrecher. Wie hat Nietzsche gesagt? >Wer gegen Ungeheuer kämpft ...<«
    »>muss sich davor hüten, dass er dabei nicht selbst zum Ungeheuer wird.<«
    »Genau.«
    Wir schwiegen beide für einen Moment.
    »Weshalb bist du nicht mit unterwegs?«
    »Weil man mich zur Schreibtischarbeit abkommandiert hat, bis der Schusswechsel ... und meine anderen Aktionen aufgeklärt sind.«
    »Ist das nicht sehr bürokratisch? Zumal er überhaupt nicht tot ist?«
    »Stimmt, aber es gibt noch andere Faktoren.«
    »Uns? Sind wir einer dieser Faktoren?«
    Sie nickte. »Man könnte sagen, mein Urteilsvermögen wird in Frage gestellt. Sich mit einem Zeugen und Journalisten einzulassen ist nicht das, was man als FBI-Professionalität bezeichnen würde. Und dann noch das hier. Es kam heute Morgen herein.«
    Sie drehte ein Stück Papier um und gab es mir.
    Es war die gefaxte Kopie eines körnigen Schwarzweißfotos. Ein Foto von mir, auf einem Tisch sitzend, und Rachel, die zwischen meinen gespreizten Beinen steht und mich küsst. Ich brauchte einen Moment, aber dann wurde mir klar, dass es in der Notaufnahme des Krankenhauses aufgenommen worden war.
    »Erinnerst du dich an den Arzt, der noch mal kurz hereingeschaut hat?«, fragte Rachel. »Nun, er war kein Arzt. Er war ein freiberuflich arbeitendes Stück Scheiße, und er hat das Foto an den National Enquirer verkauft. Am Dienstag wird es an jedem Zeitungsstand in jedem Supermarkt im Lande zu sehen sein. Ihre makellose journalistische Ethik hat sie veranlasst, es mir zu faxen und um ein Interview oder zumindest einen Kommentar zu bitten. Was meinst du, Jack? Wie wäre es mit: >Fickt euch ins Knie    Ich legte das Fax hin und sah sie an.
    »Es tut mir Leid, Rachel.«
    »Das scheint alles zu sein, was du im Moment von dir geben kannst. >Es tut mir Leid, Rachel. Es tut mir Leid, Rachel.< Das spricht nicht für dich, Jack.«
    Fast hätte ich es noch einmal gesagt, aber stattdessen nickte ich nur. Ich wusste, dass ich einen Fehler gemacht, der mich vermutlich auch meine zweite Chance gekostet hatte. Verzweifelt dachte ich noch einmal an die Details, die sich zu einem fatalen Ganzen zusammengefügt und mich von einer Theorie überzeugt hatten, von der ich in meinem Herzen hätte wissen müssen, dass sie nicht stimmte.
    »Erinnerst du dich, dass du mich an dem Tag, an dem wir uns kennen lernten, nach Quantico gebracht hast?«
    »Natürlich.«
    »Das war Backus’ Büro, wo du mich hingeführt hast, stimmt das? Damit ich telefonieren konnte. Warum sind wir in seins gegangen? Ich habe geglaubt, es wäre dein Büro.«
    »Ich habe kein Büro. Ich habe nur einen Schreibtisch in einer Arbeitsnische. Ich habe dich dort hingebracht, damit du ungestört telefonieren konntest. Warum?«
    »Weil es eines der Teile war, die so gut ins Bild zu passen schienen. Aus dem Kalender auf dem Schreibtisch ging hervor, dass er im Urlaub war, als Orsulak ... Also habe ich gedacht, du hättest mich angelogen, als du sagtest, du hättest seit einer Ewigkeit keinen Urlaub mehr gehabt.«
    »Darüber möchte ich jetzt nicht reden.«
    »Wann dann? Wenn wir jetzt nicht darüber reden, werden wir es nie tun. Ich habe einen Fehler gemacht, Rachel. Dafür habe ich keine stichhaltige Entschuldigung. Aber ich möchte, dass du weißt, wie es dazu kam. Ich möchte, dass du mich verstehst.«
    »Es interessiert mich nicht!«
    »Vielleicht habe ich dich nie interessiert?«
    »Versuch jetzt nicht, mir die Schuld zuzuschieben. Du bist derjenige, der Scheiße gebaut hat! Ich habe nicht...«
    »Was hast du in jener Nacht getan, nachdem du mein Zimmer verlassen hattest? Ich habe bei dir angerufen, und du warst nicht da. Ich habe an deine Tür geklopft, und du warst nicht da. Ich traf im Korridor auf Thorson. Er kam vom Drugstore. Du hast ihn dorthin geschickt, stimmt’s?«
    Sie senkte den Blick auf ihren Schreibtisch.
    »Beantworte mir wenigstens diese Frage, Rachel.«
    »Ich bin ihm auch auf dem Korridor begegnet«, sagte sie leise. »Allerdings früher. Nachdem ich aus deinem Zimmer kam. Ich war so wütend, dass er da war. Dass Backus ihn hatte kommen lassen. Ich wollte ihm wehtun. Ihn demütigen. Ich brauchte ... ach, irgendetwas.«
    Also hatte sie ihn mit dem Versprechen, dass sie auf ihn warten würde, nach Kondomen in den Drugstore geschickt. Aber als er zurückkehrte, war sie fort.
    »Ich
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