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Mythor - 117 - Herrscher im Unsichtbaren

Mythor - 117 - Herrscher im Unsichtbaren

Titel: Mythor - 117 - Herrscher im Unsichtbaren
Autoren: Terrid Peter
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1.
    »Nein, Herr, ich bitte Euch, nicht schon wieder!«
    Flehentlich hatte Bastraph beide Arme gehoben, sein Gesicht drückte Verzweiflung aus.
    »Schwätz nicht, Narr, handle, wie ich es dir befohlen habe. Rüste alles für einen kleinen Ausflug.«
    Gegen das Gebot des Herrschers gab es keine Widerrede. Bastraph ließ die Arme sinken und machte ein niedergeschlagenes Gesicht. Es half alles nichts, es ging schon wieder los.
    Bastraph kannte seinen Herren.
    Wenn der ein solches Gesicht schnitt, dann stand Ungemach ins Haus – und zwar speziell für Bastraph, der die Launen und Grillen seines Gebieters mehr als einmal hatte teuer bezahlen müssen.
    Wenn Orphal, den man den Herrn des Unsichtbaren zu nennen pflegte, auch König im Reich Nebenan, sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann führte er es auch aus. Und was diesmal ins Haus stand, ahnte Bastraph sehr genau. Dieses lüsterne Grinsen und Augenfunkeln kannte er bereits.
    Seufzend und leise Verwünschungen murmelnd, machte sich Bastraph an die Arbeit, ein paar Gepäckstücke vorzubereiten – jedenfalls pflegte Orphal diesen Vorgang so zu nennen. Da er nicht im Traum daran dachte, sich während seiner Raubzüge mit Brotkanten und trockenem Speck zufriedenzugeben, war allerhand zusammenzustellen und aufzuladen. Schläuche vom besten Wein, frisch gebackene Brote, Käse und Süßigkeiten und natürlich eine bequeme Lagerstatt.
    »Womit habe ich das verdient?« klagte Bastraph leise. Garum, seines Zeichens Leibkoch des hohen Herrschers, sah ihn von der Seite an.
    »Es liegt an deinem Mundwerk«, sagte Garum trocken. »Du bist zu gewitzt, aber gleichzeitig nicht gewitzt genug, deinen vorlauten Schnabel zu halten, wenn es nötig wäre.«
    »Du hast recht«, jammerte Bastraph. »Hätte ich damals den Mund gehalten, ich säße jetzt wohlbehalten im eigenen Haus, anstatt die Plünderzüge dieses nimmersatten Lüstlings vorzubereiten.«
    Garum konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Es war ein seltsamer Anblick, diese beiden Männer fortreiten zu sehen. Bastraph war hochgewachsen, muskelprall und kräftig. Das Gesicht war frei und offen, die dunklen Augen konnten je nach Stimmung schwärmerisch oder schwermütig blicken. Das helle, dichtgelockte Haar trug Bastraph kurzgeschnitten, der rötliche Bart war bestens gestutzt. Er bewegte sich mit kraftvoller Anmut, war in Schrift und Sprache gleichsam wohlgewandt, vermochte witzige Verse zu schreiben, mit Bogen und Schwert umzugehen und einen feurigen Renner zu zügeln.
    Ganz anders Orphal. Gerade mittelgroß, die Glieder vom Nichtstun erschlafft und verfettet, geziert mit einer Leibeswölbung, die in seinem Reich seinesgleichen suchte, die Augen nicht selten gerötet vom übermäßigen Zuspruch des Weines, der Schädel fast kahl, von einem handbreiten Kranz strähniger schwarzer Locken abgesehen, mit schlaffen Gesichtszügen und einer Trägheit von Geist und Leib, die ohnegleichen war.
    Während Orphals Zunge ausnahmslos Schlüpfrigkeiten entsprangen, vermochte Bastraph seine Zunge einer Degenklinge gleich zu benutzen. Seine Bemerkungen waren treffsicher und nadelspitz.
    Vor sieben Jahren waren sich diese beiden Männer begegnet. Auch damals hatte Bastraph seiner flinken Zunge nicht Zügel anlegen können, und während sich Orphals Hof über seinen bissigen Witz amüsierte, hatte der Herrscher geschwind über Bastraphs Kopf entschieden. Entweder legte er dem frechen Spötter den Schädel vor die Füße – oder er legte ihn an die Kette und ließ ihn seine geschliffenen Bissigkeiten an anderen Opfern erproben. Seither diente Bastraph dem Herrscher des Unsichtbaren als Hofnarr.
    »Hat er denn nicht längst genug?« jammerte Bastraph. Er schaffte es vorzüglich, den weinerlich gelangweilten Tonfall seines Herrn zu imitieren. »Was will er denn noch? In den Gewölben stapeln sich die Leckerbissen, Krüge und Schläuche voll besten Weins, und Gespielinnen hat er mehr als Krieger.«
    »Du wirst sehen, was er noch will«, antwortete Garum. »Hier, für dich beiseite gelegt. Luftgetrocknete Wurst, vom besten.«
    »Ob das hilft?« versetzte Bastraph mürrisch.
    Draußen vor dem Palast des Herrschers standen drei Pferde gesattelt, dazu zwei Lasttiere, die gerade beladen wurden. Offenbar trug sich Orphal mit dem Gedanken an einen längeren Ausflug.
    Bastraph packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen und holte das Schwert vom Schleifer ab, der es wieder zu makelloser Schärfe geführt hatte. Bei Ausflügen wie diesem setzte es
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