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Die alte Villa (German Edition)

Die alte Villa (German Edition)

Titel: Die alte Villa (German Edition)
Autoren: Sophie E. Parker
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Prolog
 
     
     
    Bedächtig und mit bleichen Fingern blätterte die schmale Gestalt die nächste brüchige Seite um. Sie beugte sich,  -gebannt - wie es schien, über das vergilbte Papier, als wolle sie den Inhalt der Buchseiten mit ihren Augen förmlich heraus saugen.
    Zwischendurch verzog en sich die zierlichen Gesichtszüge der jugendlichen Gestalt immer wieder zu einem zuckenden Lächeln, was ihr den Dunst des Sonderbaren verlieh.
Überdeutlich umgab die lesende Person eine Aura des Wissens.
    Wissen , von dem kaum jemand ahnte, dass dieses existierte und welches den meisten Wesen doch vorenthalten bleiben muss und mögen sie noch so lange in ihrem irdischen Dasein verharren.
Vergleichbar mit einem übersinnlichen Verständnis der Dinge, das für unsere Geisteskraft letztlich nur schwer zu begreifen ist, hatte sich  dieses seltene Talent allzu freigiebig einer noch so jungen Seele offenbart.
    War es allein die qualvolle Sehnsucht nach Offenbarung, die diese in Erscheinung treten ließ? Oder hatte es eine lange Zeit der Einsamkeit gebraucht, die jenseits jeder Sprache und jedes mit Worten beschriebenen menschlichen Empfindens lag?
Wie hätte man es auch sonst erklären können, dass sich dem menschlichen Geist scheinbar unergründliche Mysterien in solch urplötzlich auftauchender Deutlichkeit dargelegt hatten? Und sei es auch nur in einem verschwindend winzigen Detail...
    So dass die Menschenseele erkennen muss, wie alles auf Erden in gleicher Weise verschwindend klein sowie unermesslich groß und allmächtig sein kann?
Nun griffen die schmalen kindlichen Finger nach einem alten abgekauten Schreibutensil, das sie aus einem abgewetzten Metallbecher angelten.
„gute Stimmen…“, murmelten schmale Lippen. „ …Schweigsamkeiten…“ und nach einer kurzen Atempause: „Wahres … hinter dem Trugbild.“
    In einem kurzen Moment huschte ein Zeichen von Zufriedenheit  über die vom Schein einer Kerze sanft beleuchteten Gesichtszüge der Person, bis sich auf einer hohen Stirn plötzlich kaum wahrnehmbare Falten zeigten.
Mühselig, wie es schien, wurden Notizen an die Seitenränder der aufgeschlagenen Buchseiten geschrieben.
Das war mehr als eigenartig, da die Texte aus seltsamen Zeichen und Symbolen bestanden, zu deren Entzifferung vermutlich  kein moderner Mitteleuropäer imstande gewesen wäre.
Langsam und konzentriert, als fiele das Schreiben enorm schwer, an ein Kind erinnernd, welches die ersten Buchstaben in sein Heft malt, hatte die Gestalt nun den Kopf verkrampft nach vorn gebeugt, so dass die Nase beinahe die Schreibunterlage berühren wollte.
Die Lippen krampfhaft aufeinander gepresst und die Augen weit aufgerissen, die Welt um sich herum vergessend, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der ganzen Welt. Als zählte nur dieses alte Buch mit seinen vergilbten brüchigen Seiten.
 
     
     
     
     
    ~
     
     
     
    Mit vor Angst geweiteten Augen im kreidebleichen Gesicht und am ganzen Körper zitternd, ließ sich das junge Mädchen mit Händen und Füßen an den Pfahl binden.
Sie war nicht die erste und würde auch nicht die letzte sein, die auf diese bestialische Art hingerichtet werden sollte.
Ein dunkel gekleideter Mann näherte sich der zierlichen Gestalt. Seine Ohren würden taub sein  für jedes Flehen um Gnade.
Doch hatte lähmende Angst die Zunge der armen Kreatur  längst zum Schweigen gebracht und so verhielt sie sich ganz ruhig und blieb still.
Mit einer brennenden Fackel trat der dunkle Schatten näher an sie heran, senkte die Flamme gefährlich nah bis dicht zu den Füßen des Mädchens herunter.
Im Nu fing der Grund, auf dem die junge Frau stand,  Feuer. In beängstigender Geschwindigkeit ergriffen die Flammen gierig Besitz von dem sorgsam aufgeschichteten Hügel.
Doch bestand dieser nicht etwa aus trockenem Reisig, wie man es  vielleicht vermutet hätte, vielmehr stand das arme Ding auf einem ganzen Berg voller Bücher.
    Zu Tausenden aufeinander gestapelt, einige halb aufgeschlagen, so dass ihre vergilbten Seiten im Schein des Feuers ihren Inhalt schemenhaft, aber doch für jedermann gut erkennbar Preis gaben. Andere wiederum zierten handgezeichnete Abbildungen von Kräutern und Blumen auf ihren abgegriffenen Deckeln.
    Einer züngelnden Schlange gleich erfassten die Flam men das lange seidige Gewand des hilflosen Geschöpfes. -  Eine menschliche Entgleisung  unfassbaren Ausmaßes nahm ihren grausamen Lauf und forderte ein weiteres unschuldiges Opfer.
Die
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