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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn
Autoren: Dean R. Koontz
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stellst.«
    Lanny grinste. »Bin eben anspruchsvoll.«
    »Abgesehen davon gibt’s da auch noch die ältere Frau, die sich sozial engagiert. «
    Lanny steckte das dritte Magazin in die Pistole. »Viele ältere Frauen engagieren sich sozial. Schließlich stammen sie aus einer Generation, in der man sich noch um seine Nachbarn gekü m mert hat.«
    »Also wirst du überhaupt nichts unternehmen?«
    »Was soll ich deiner Meinung nach denn tun?«
    Einen Vorschlag hatte Billy nicht parat, nur eine Bemerkung: »Jedenfalls hab ich den Eindruck, dass wir was unternehmen sollten. «
    »Die Polizei ist von Natur aus darauf eingestellt, zu reagieren, statt die Initiative zu ergreifen.«
    »Dann muss er zuerst jemanden umbringen?«
    »Der wird überhaupt niemanden umbringen.«
    »Aber er behauptet es«, wandte Billy ein.
    »Es ist ein Jux. Offenbar hat Steve Zillis seine infantile Phase endlich hinter sich gelassen.«
    Billy nickte. »Wahrscheinlich hast du recht.«
    »Bestimmt hab ich recht.« Lanny deutete auf die noch unve r sehrten bunten Figuren, die an der dreifachen Mauer aus Heuballen befestigt waren. »Und jetzt will ich die versammelte Mannschaft von Shrek abschießen, bevor ich wegen der Dä m merung nicht mehr richtig zielen kann.«
    »Ich dachte, das wären gute Filme.«
    »Ich bin kein Kritiker«, sagte Lenny ungeduldig, »bloß j e mand, der sich ein wenig amüsiert und seine beruflichen Fähigkeiten auf Vordermann bringt.«
    »Okay, okay, ich geh ja schon. Also, dann bis Freitag beim Poker.«
    »Bring was mit«, sagte Lanny.
    »Was denn?«
    »José bringt seinen Schmortopf mit Schweinefleisch und Reis mit, Leroy fünf Arten Salsa und eine Menge Maischips. Wie wär’s, wenn du deine berühmten Tamales mitbringst?«
    Bei diesen Worten zog Billy eine Grimasse. »Das hört sich ja an wie ein paar alte Jungfern, die sich zum Stricken treffen.«
    »Wir sind zwar traurige Tröpfe«, sagte Lanny, »aber tot sind wir immerhin noch nicht.«
    »Woher wissen wir das eigentlich?«
    »Wenn wir tot und in der Hölle wären, würde man mir nicht den Spaß erlauben, den ich beim Cartoonzeichnen hab. Und im Himmel sind wir definitiv nicht.«
    Während Billy auf seinen in der Einfahrt stehenden Wagen zuging, ballerte Lanny Olsen bereits auf Shrek, Prinzessin Fiona, Esel und Genossen.
    Der Himmel im Osten war saphirblau. Am westlichen Gewö l be franste das Blau bereits aus. Darunter kam Gold zum Vorschein, gemischt mit einem Anflug von roter Kreide.
    An seinem Wagen angelangt, blieb Billy stehen und beobac h tete noch einen Augenblick, wie Lanny seine Treffsicherheit vervollkommnete und zum tausendsten Mal versuchte, seinen unerfüllten Traum abzutöten, Cartoonist zu werden.

3

    Eine verzauberte Prinzessin, die in einem Schlossturm ruhte und die Jahre verträumte, bis sie von einem Kuss geweckt wurde, hätte nicht schöner sein können als Barbara Mandel, wie sie da in ihrem Bett lag.
    Im sanften Lampenschein breitete sich ihr blondes Haar auf dem Kissen aus, so leuchtend wie aus einem Schmelzkessel gegossenes Gold.
    Billy Wiles, der am Bett stand, konnte sich nicht vorstellen, dass eine Porzellanpuppe einen so blassen und makellosen Teint hatte wie Barbara. Ihre Haut sah durchscheinend aus, als würde das Licht die Oberfläche durchdringen und das Gesicht von innen her erhellen.
    Hätte Billy die dünne Decke und das Laken angehoben, so hätte er eine Schmach gesehen, die man verzauberten Prinze s sinnen nicht zufügte. In die Bauchdecke war operativ eine PEG-Sonde eingesetzt worden.
    Die Ärzte hatten eine kontinuierliche künstliche Ernährung angeordnet. Mit leisem Summen lieferte eine Pumpe eine immerwährende Mahlzeit.
    Fast vier Jahre lag Barbara nun schon im Koma.
    Ihr Zustand war nicht ganz extrem. Gelegentlich gähnte oder seufzte sie, oder die rechte Hand bewegte sich zum Gesicht, zum Hals, zur Brust.
    Manchmal sagte sie sogar etwas, allerdings nie mehr als ein paar kryptische Worte, die nicht an jemanden im Zimmer gerichtet waren, sondern an irgendein Phantom in ihren Geda n ken.
    Selbst wenn sie etwas sagte oder die Hand bewegte, nahm sie nichts von ihrer Umgebung wahr. Auf äußere Reize reagierte sie nicht.
    Im Augenblick lag sie ruhig da. Die Stirn war so glatt wie in einem Eimer stehende Milch, die Augen unter den Lidern bewegten sich nicht, die Lippen standen leicht offen. Kein Gespenst hätte lautloser atmen können.
    Aus der Jackentasche zog Billy ein kleines Notizbuch mit Spiralbindung. Ein kurzer
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