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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Autoren: Peter Robinson
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nicht erwischt worden war, als ihm aufging, dass es nicht einmal eine Ermittlung gab, glaubte er, einen Schutzengel zu haben.
      Es war alles ihre Schuld. Wenn sie nicht aufgehört hätte, ihre Strümpfe hochzuziehen, als er vorbeifuhr, wenn sie nicht ihren Rock gelüpft und diese langen weißen Beine nicht im Scheinwerferlicht zu sehen gewesen wären, dann hätte er ihr nichts getan. Auch nicht, wenn er nicht betrunken gewesen wäre, wenn er die einsame Straße nicht wie seine Westentasche gekannt hätte. Wenn, wenn, wenn. Sein Leben war eine tragische Aneinanderreihung grausamer Wenns.
      Sie sei durchaus nicht abgeneigt gewesen, mit ihm ins Feld zu gehen. Er hatte nicht vorgehabt, ihr wehzutun; er hatte nur vorher auf der Straße gesehen, wie sie ihm ihre Beine gezeigt hatte. Nun wollte er eine Nummer schieben wie jeder normale Kerl. Aber sie hatte keine Geduld mit ihm und seinem kleinen Problem gehabt - das kam manchmal vor, wenn er betrunken war und sie hatte Geld von ihm verlangt. Da sah er rot. Buchstäblich. Das Messer? Ja, er hatte meistens ein Messer dabei. Eine Angewohnheit aus der Zeit auf der Farm in Iowa, wo er Holz schnitzte.
      An die dritte Frau, 1949 in den Staaten, konnte er sich kaum noch erinnern, und von der zweiten in England wusste er nur noch, dass in einer Scheune etwas Rotes passiert war. Wieder war es der Alkohol. Konigs Vater war ein starker Trinker gewesen, der den armen Edgar regelmäßig halbtot schlug; seine Mutter war eine saufende Hure, die für ein Trinkgeld die Beine breit machte. Sein ganzes Leben lang hatte der Alkohol seine Schwierigkeiten hervorgerufen und ihn zu diesen bösen Taten getrieben, und dann hatte er das Pech, auf diesem Highway in Kalifornien geschnappt zu werden.
      So lautete Edgar Konigs Geschichte.
      Der Alkohol. Vivian blickte auf ihr Glas und goss sich mit zitternder Hand noch einen Gin ein, holte eine Handvoll Eiswürfel aus der Schale auf dem Nachttisch und warf sie nachlässig ins Glas, so dass ein wenig Gin auf den Tisch spritzte. Eine amerikanische Eigenart, die sie sich angewöhnt hatte, Eiswürfel im Gin. Es war fast so weit.
      Edgar Konig, der gerade 76 geworden war, bekam nun, was er verdiente. Vivian spürte noch immer ein stechendes Schuldgefühl, wenn sie sich klarmachte, dass Banks Recht gehabt hatte. Sie hätte vor so vielen Jahren, nach dem Mord an Gloria, seinem ersten Opfer, vielleicht dazu beitragen können, seinem Morden ein Ende zu bereiten. Sie war mit dafür verantwortlich, dass Konig der Ansicht war, ein Schutzengel behüte ihn vor den Folgen seiner Morde.
      Seit Banks ihr an jenem Abend, als das Gewitter über Hobb's End tobte, erzählt hatte, was passiert war, und sich voller Verachtung von ihr abgewandt hatte, hatte sie immer wieder versucht, sich alles rational zu erklären. Selbst wenn sie es angezeigt hätte, sagte sie sich, wäre wohl Matthew verhaftet worden. Er war nicht gesund genug gewesen, um so ein Erlebnis zu verkraften. Obwohl Banks ein bisschen versöhnlicher wirkte, als sie am darauf folgenden Tag mit ihm sprach, fühlte sie jedoch noch immer seine Missbilligung, und das tat ihr weh.
      Aber was hätte sie der Polizei sagen können, dass sie speziell auf Edgar Konig gebracht hätte? Der Whiskey und die Lucky Strikes auf dem Küchenschrank? Das waren wohl kaum Beweise. Gloria hätte sie überall bekommen können, sie konnten schon seit Tagen dort gelegen haben. Sie und Gloria hatten viele Offiziere der Air Force aus der Gegend gekannt, damals gab es keinen Anlass, einen von ihnen des Mordes zu verdächtigen. Rückblickend hatte Banks leicht reden, dass sie die Verantwortung für all diese Morde trug, dass sie das alles irgendwie hätte verhindern können, wenn sie sich anders verhalten hätte, aber das war ungerecht. Hinterher ist man immer klüger. Wer würde denn nicht alles anders machen, wenn er eine zweite Chance bekäme?
      Es war so weit.
      Der erste Schock würde sein Gehirn brodeln lassen und alle Nervenzellen zu Grütze kochen; der zweite oder dritte Schock würde sein Herz zum Stillstand bringen. Sein Körper würde zucken und an den Gurten reißen; die Muskeln würden heftig kontrahieren, einige kleine Knochen würden wahrscheinlich brechen. Am ehesten die Finger, die Finger, mit denen er Gloria erdrosselt hatte.
      Wenn er kein Lederband vor den Augen hätte, würde die Hitze seine Augäpfel platzen lassen. Der Hinrichtungsraum würde vom Geruch verschmorten Haares und Fleisches
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