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Schuhwechsel

Schuhwechsel

Titel: Schuhwechsel
Autoren: Rosa Villas
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Tag: minus Sechs
    „Einen wunderschönen, guten Morgen, meine liebe Ina,
    gerade habe ich es mir mit meinem Notebook und einem Kaffee auf dem Klo gemütlich gemacht. Die Kinder sind in der Schule und nun habe ich eine halbe Stunde Zeit bis meine Putzfrau kommt und ich zu meinem Pferd kann. Da verbinde ich doch gleich mal das Notwendige mit dem Angenehmen und schreibe dir eine schöne, lange E-Mail.
    Du hingegen hast vermutlich nicht einmal richtig Zeit, diese Mail zu lesen, denn im Unterschied zu dir leide ich an einer Krankheit, die dir völlig fremd ist. Ich habe Langeweile! Und das nicht zu knapp.
    Jeden Sonntag überlege ich mir, wie ich die kommende Woche füllen kann und mache mir dazu Pläne. Wochenpläne, die ähnlich aussehen wie die Stundenpläne unserer Kinder! Da alles erledigt ist, was in meinem ersten 16-Wochenplan, von Neujahr bis zu meinem Geburtstag, Ende April stand, fällt mir nun nichts anderes mehr ein, als mich der Kreativität zu widmen:
    Malen, Stricken, im Garten herumwurschteln, für Jasmine Aufgaben vorbereiten, die ihr beim Lernen helfen (hilft tatsächlich), mit meinem Exehemann mailen und ihm regelmäßig meine Meinung husten… du siehst, mir ist es wirklich seeeehr langweilig.
    Meine Krankheit ist allerdings ein Phänomen, mit dem viele Frauen irgendwann einmal konfrontiert werden, haben meine Recherchen ergeben. Das ist der Moment, wenn die Kinder erwachsen werden und beginnen, ihre eigenen Wege zu gehen, der Mann aber noch arbeitet und für die Hausfrau plötzlich ganz viel Zeit übrig bleibt. Dann wird der Tag sehr, seeehr lange.
    Klar, man könnte viel Gutes tun, Yoga, Joggen, Reiten, Golf spielen, das Haus dekorieren, ehrenamtlich arbeiten gehen… Manche Frauen kochen und backen pausenlos, treten einem Bridgeclub bei oder einem Literaturverein… kann man alles machen. Aber man muss es selber tun. Man muss sich dazu aufraffen! Manchmal frage ich mich: „wozu das Ganze?“ Nur damit ich beschäftigt bin? Damit ich mich nicht langweile?
    Früher, als ich frisch verlassen war, drei kleine Kinder am Rockzipfel hängen hatte und dabei keinerlei Sicherheiten vorweisen konnte, hatte ich einen gefährlichen Säbelzahntiger hinter mir. Der trieb mich jeden Tag an und jagte mich durchs Leben, um meine Brut zu füttern und die Rechnungen bezahlen zu können.
    Heute ist da niemand mehr, der mich antreibt. Abgesehen von den Terminen meines Geliebten an den Wochenenden und den Kindern, die aus dem Gröbsten auch schon raus sind.
    Aber sonst… gääähn.
    Weißt du, ich habe ja auch keinen Ehrgeiz, irgendwelche sportlichen Rekorde brechen zu wollen und beim Seniorenmarathon mitzulaufen oder auf Reitturniere zu gehen. Wobei ich meine sportlichen Aktivitäten durchaus um eine Stunde täglich ausbauen könnte. Meinem komatösen Stoffwechsel würde das keinesfalls schaden. Aber dann ist es wieder so bitter kalt! War der Winter nicht lange genug? Ich bekomm´ noch die Motten. Töpfern wollte ich draußen oder das Schwemmholz bemalen, oder den Garten verschönern. Mein Tun sollte bitteschön auch irgendeinen Sinn haben. Selbst zum Shoppen hab ich keine Lust mehr. Mein Schrankzimmer ist proppen voll! Ich habe ALLES!
    Ich höre wie meine Perle angefahren kommt, ich muss hier raus! Melde dich!
    Rosa
    Gelangweilt und unzufrieden blicke ich auf meinen Wochenplan. Seit Januar habe ich mir angewöhnt, Pläne zu machen. Arbeits- und Beschäftigungspläne, die ähnlich aussehen, wie die Stundenpläne meiner Kinder für die Schule, nur eben hausfrauentauglich eingeteilt.
    Von Januar bis Ende April gab es den 16 Wochen Diät-Plan. Nach den Feiertagen hatte ich insgesamt 8 kg zuviel auf den Rippen, die ich loswerden wollte. Jede Woche ein Pfund und mit der guten alten Kalorienzählmethode. Mit Trennkost-, Low Carb- und sonstigen Balance-Diäten hatte ich kein Glück. Im Gegenteil, da wurde ich immer noch fülliger.
    Würde ich nicht täglich mindestens 2 Stunden Sport treiben, könnte ich bei meinem verschlafenen Stoffwechsel schon so gut wie nichts mehr essen.
    Einzig und allein die Austerndiät im Osterurlaub hat mich in einer Woche um sagenhafte 3 kg erleichtert. Vier schlechte Austern gegessen und die Osterferien mit Brechdurchfall im Hotelbadezimmer verbracht. Das war die einzige Diät mit Erfolg in den letzten Jahren.
    Aber nun ist es Anfang Mai, mein 16-Wochen Plan ist abgearbeitet, ich war bis auf die Diät total erfolgreich und so sitze ich an meinem Schreibtisch und überlege mir einen Plan, von
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