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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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nach Frankfurt zu finden. Unser verhafteter Handwerker auf dem Rücksitz lotste uns glücklicherweise durch die Straßen und machte den Vorschlag, in der Nähe der Frankfurter Oper noch gemeinsam ein Steak essen zu gehen.
    Das konnten wir ihm nun wirklich nicht gewähren – so leid er uns auch tat, aber es wäre nicht auszudenken gewesen, wie wir dagestanden hätten, wenn sich unser Steuersünder in dem Restaurant davongeschlichen hätte – womöglich wie in einem Hollywood-Film durch das Toilettenfenster. Undenkbar.
    Als wir am späten Freitagabend im Frankfurter Polizeipräsidium ankamen, standen wir vor der nächsten Herausforderung. Ein Polizist vom Dauerdienst saß, die Füße auf den Tisch gelegt, zurückgelehnt da und telefonierte mit seiner Freundin. Nebenbei drückte er uns ein paar Vordrucke in die Hand und zeigte auf die Schreibmaschine. Ich hatte in meinem Leben noch nie einen Menschen verhaftet und ich hatte bis dahin schon gar nicht den notwendigen Papierkram ausgefüllt, den es bei einer Festnahme offenkundig brauchte. Aber dies sollte immerhin die letzte Hürde sein, bevor wir unseren festgenommenen Steuersünder endlich loswerden würden – dachten wir.
    Vor den Arrestzellen der Polizeiwache angekommen, mussten wir erfahren, dass wir unseren Beschuldigten haftfertig machen müssen, was so viel hieß wie: körperliche Durchsuchung, Wegnahme von Gürtel, Schnürsenkel etc. Und dann mussten wir den Handwerker tatsächlich persönlich zur Zelle bringen. Natürlich waren Steuerfahnder – wie Polizisten auch – Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft und verfügten über fast identische Befugnisse, mit dem einen Unterschied, dass Steuerfahnder keine Waffen trugen und auch keine besonderen Kenntnisse und Routinen hinsichtlich Festnahmen und Polizeigewahrsam hatten. In diesem Fall ließ uns der »Kollege vom Dienst« richtig schön auflaufen.
    Als die Zellentür endlich hinter unserem Steuersünder geschlossen worden war, machten wir uns erschöpft und erleichtert auf den Heimweg. Diese Prüfung hatten wir tatsächlich hinter uns gebracht. Es stellte sich nur noch die Frage, ob wir sie auch bestanden hatten.
    Die Antwort bekamen wir am folgenden Tag, als wir am Samstagmorgen zum Haftprüfungstermin gehen wollten. Auf dem Flur kam uns der Haftrichter entgegen und schaute uns fragend an. Der Haftprüfungstermin wäre erledigt und unser Beschuldigter gegen Auflagen wieder auf »freiem Fuß«. Ein Skandal, dachten wir und drängten den Richter zu einer Erklärung. Der machte uns dann unmissverständlich klar, warum er den Fall so entschieden hatte: Durch den dinglichen Arrest und die gleichzeitige Sicherstellung des Kaufpreises für das Haus auf einem Notaranderkonto hatten wir uns selbst des Haftgrundes beraubt. Ohne Geld keine Fluchtgefahr und ohne Fluchtgefahr keine Untersuchungshaft.
    So etwas sollte man auch als junger Ermittler wissen!
    Bei der Gerichtsverhandlung Monate später präsentierte der Handwerker sogar einen leibhaftigen ägyptischen Geldgeber. Aber die Richter schenkten ihm keinen Glauben. Der Mann hatte einfach zu viele Geschichten geliefert und am Ende nahm ihm keiner mehr seine unzähligen Erklärungsversuche ab. Unser Handwerker wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und musste Steuern in sechsstelliger Höhe nachbezahlen. Auf dem Flur vor dem Gerichtssaal nahm er mich nach dem Prozess zur Seite: Diese eine Nacht in der Zelle, im Nadelstreifenanzug inmitten betrunkener Randalierer, Drogendealer und Einbrecher, sei die schlimmste seines Lebens gewesen – und das nähme er mir übel. Ich klopfte ihm verständnisvoll auf die Schulter und ging zurück ins Amt.
    Es sollte nicht die letzte Panne sein, die mir in meiner Zeit als Steuerfahnder widerfuhr …
    Auf der Flucht
    Im Fokus stand ein Architekt aus dem Spessart. Durchsuchungsbeschlüsse für sein Büro und sein Wohnhaus lagen vor und wir trafen uns an einem frühen Morgen in der Cafeteria des örtlichen Finanzamtes mit dem zuständigen Beamten, der uns in einem Briefing noch einmal kurz den vorliegenden Fall schilderte. Die Beschlüsse lagen auf dem Tisch, die Einteilung der Kollegen war erledigt, der Kaffee getrunken – 8.30 Uhr, es konnte losgehen.
    Während sich meine Kollegen die Büroräume vornahmen, war ich mit einem weiteren Steuerfahnder auf dem Weg zum Wohnhaus. Der lokale Finanzbeamte hatte uns mitgeteilt, dass der Architekt mutmaßlich von seiner Frau getrennt sei, er aber noch immer das gemeinsame Haus als Wohnsitz
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