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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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meine Kinder denken, die im Vergleich zu vielen anderen Ländern in sauberen, zeitgemäß ausgestatteten Schulen von ordentlichen Lehrern ausgebildet wurden. Mir fielen die vielen Tausend Kilometer Straßen ein, die unsere Fortbewegungsqualität in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend verbessert haben. Krankenhäuser, Kindergärten, Sozialstationen kamen mir in den Sinn. Polizisten, Staatsanwälte und Richter, die dazu beitragen, dass wir nicht wie unsere Vorfahren beständig wie die Barbaren übereinander herfallen.
    Und dann schwieg ich häufig. Ich ließ die Menschen, die meinen Beruf kritisch hinterfragen wollten, im Ungewissen und sagte einfach nichts mehr. Wohl wissend, dass ich, zumindest den Großteil meiner Karriere, als deutscher Steuerfahnder mit mir und meinem Arbeitgeber, dem Staat, im Reinen war.
    Aber auch wohl wissend, dass wir Steuerfahnder bei der Ausübung unseres Berufes keine Unterschiede zwischen dem kleinen Mann von der Straße und dem großen Konzernchef oder dem führenden Politiker unseres Landes gemacht haben. Meine Kollegen und ich fühlten uns oft als Jäger – ohne Rücksicht auf das gesellschaftliche Ansehen des Gegners. Die Beute war in unseren Augen nicht als Opfer zu betrachten – unsere Widersacher waren vielmehr Täter. Bürger, die, aus welchen Motiven heraus auch immer, den Versuch unternommen hatten, den Staat um seine Steuereinnahmen zu betrügen.
    Es war immer das gleiche alte Spiel: Die eine Seite versuchte ein Ausweichmanöver, während die andere alles unternahm, um diese Täuschung zu parieren. Ein Kampf, der seit Menschengedenken geführt wird. Waren es früher der Viehdieb und der Gendarm, sind es heute der Programmierer und das Antivirenprogramm, der Sportler und die Anti-Doping-Behörde, und: der Steuerzahler und die Fahnder.
    Ich bin bei meinen zahlreichen Ermittlungen auf menschliche Tragödien gestoßen, aber auch auf gesellschaftliche Verwerfungen und politische Abgründe. Meine Kollegen und ich sind in den fast drei Jahrzehnten meiner Beschäftigung als Steuerfahnder oft auf eine unangenehme Weise tief in die Privatsphären von Bürgern eingedrungen. Wir mussten zum Teil im Schmutz wühlen und Dinge aufdecken, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Und wir mussten leider auch erkennen, dass es in diesem Staat keine Schicht gibt, die wir dabei hätten ausklammern können. Wir haben Klöster, Ministerien, Banken, Parteibüros, Rechtsanwaltskanzleien, Vorstandsbüros und Gewerkschaftskonzerne durchsucht – und wir haben fast immer etwas gefunden. Am Ende mussten wir erkennen, dass der Lohnempfänger, ob nun der Arbeiter oder der Angestellte – also die Masse unserer Bevölkerung – diesem Staat im Grunde nicht geschadet haben und auch nicht nachhaltig schaden können. Die wirklichen Steuervergehen und Verbrechen finden an ganz anderen Stellen statt. Manchmal sogar in den Behörden selbst …

Lehrgeld – Ein Steuerfahnder wird gemacht
    Die Ausbildung
    Meine erste Begegnung mit einem Steuerfahnder hatte ich im Jahr 1974. Ich saß in der Lohnsteuerstelle des Finanzamtes Bad Homburg und war unter anderem für die Eintragung von Freibeträgen auf Lohnsteuerkarten zuständig, als ein Steuerfahnder aus Frankfurt in eigener Sache wegen seines Freibetrags bei mir vorsprach. Auch Finanzbeamte müssen Steuern bezahlen und in diesem Fall musste ein erfahrener Fahnder aus der Großstadt Frankfurt am Main den Steuerinspektor Wehrheim in Bad Homburg aufsuchen.
    Während der Ausbildung hatte man nichts über die Steuerfahndungsstellen erfahren. Als junger Finanzbeamter wusste man zwar, dass es diese Abteilungen gab – mehr aber auch nicht. So nutzte ich die einmalige Gelegenheit, eine dieser »grauen Eminenzen« ein wenig über ihre Arbeit auszufragen. Dabei teilte mir der Mann ganz nebenbei mit, dass die Steuerfahndung (Steufa) Frankfurt zwei oder drei neue, junge Mitarbeiter suchen würde. Das war meine Chance. Ich hatte dann sofort zwei Tage später eine Art Vorstellungsgespräch bei dem damaligen Sachgebietsleiter der Steuerfahndung, und nur wenige Monate später durfte ich vom Finanzamt Bad Homburg in die Steufa Frankfurt am Main wechseln.
    Ich stamme aus einer klassischen Beamtenfamilie. Großvater, Vater, Bruder und selbst die Schwägerin waren und sind bei der Hessischen Finanzverwaltung beschäftigt – im Grunde konnte ich von Haus aus keinen anderen Beruf für mich wählen. 1971 hatte ich die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst gemacht und war
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