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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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zum Steuerinspektor ernannt worden. In der Folgezeit musste ich verschiedenen Tätigkeiten als Sachbearbeiter nachkommen: Lohnsteuer, Einkommenssteuerveranlagung sowie Vollstreckung und Außenprüfung in verschiedenen Finanzämtern in Frankfurt und in meiner Heimatstadt Bad Homburg. Ich war einigermaßen zufrieden und unabhängig, und ich hatte im Gegensatz zu vielen meiner ehemaligen Schulfreunde eine krisensichere Stelle. Aber es war eben nur ein Job – bis der Wechsel nach Frankfurt kam.
    1975 hieß meine neue Dienststelle noch »Finanzamt Frankfurt am Main-Börse«, sie wurde erst im Jahr 1993 nach einer Neugliederung der Frankfurter Ämter in »Finanzamt Frankfurt am Main V« umbenannt. Dort sollte ich also ein Steuerfahnder werden. Eine schulische oder gar akademische Ausbildung hierfür gab es nicht. Man wurde Finanzbeamter und wechselte – möglicherweise – zur Steuerfahndung. Auch dort erhielt man nicht die klassische Ausbildung nach einem Lehrplan oder dergleichen – man lief vielmehr über mehrere Jahre hinweg mit einem erfahrenen Ermittler mit. Der didaktische Überbau hieß »Learning by Doing«, bis man in der Abteilung irgendwann zu der Erkenntnis gelangte, dass aus dem jungen Kollegen ein gestandener Steuerfahnder geworden war. So etwas dauerte in der Regel bis zu sieben Jahre. Ich selbst war etwa 1980 so weit und durfte mich fortan als ausgebildeter Fahnder fühlen. Bis dahin hatte ich an der Seite eines gestandenen Ermittlers alles gelernt, was es für diesen Job brauchte. Mein »Ausbilder« galt gemeinhin als guter Ermittler. Korrekt, akribisch und mit einer Spürnase gesegnet, die in diesem Job nötig war. Der Mann mochte mich – wenn auch nicht immer mein äußeres Erscheinungsbild. Während mein Ausbilder stets in Anzug, Mantel, Hut und Aktenkoffer zu Durchsuchungsterminen ging, lief ich in Jeans, Pullover und Lederjacke neben ihm her und vermittelte allein durch mein Äußeres das Bild eines Juniorpartners. Nebenbei erwähnt, meine Dienstgarderobe änderte sich bis zu meinem späteren Job als Sachgebietsleiter nur unwesentlich.
    Den Spürsinn, den man für den Fahndungsjob offensichtlich braucht, entwickelte ich schon verhältnismäßig früh. Im Grunde musste man als Fahnder über ein gehöriges Maß an krimineller Fantasie verfügen – und die hatte ich wohl. Ich sehe heute noch gestandene Kollegen ihre Köpfe schütteln, als der Steuerinspektor Wehrheim in ruhigen, gleichsam arbeitsfreien Momenten die vermeintlich unbedeutsamen Polizeimeldungen in den Lokalblättern studierte. Dabei interessierten mich vor allem die Berichte über Einbrüche – insbesondere in feinen Villenvierteln. So zum Beispiel: »Bei einem Einbruch in der Nacht von Sonntag auf Montag konnten Diebe in einem Wohnhaus Kunst- und Wertgegenstände in Höhe von 800 000 Mark erbeuten. Die Polizei erbittet Hinweise unter der Nummer …«
    Ein kurzer Anruf bei der jeweils zuständigen Polizeidienststelle genügte und man hatte an einem ruhigen Nachmittag rasch alles zusammen, was zu einem neuen Fall gereichte. Die Hausbesitzer – das waren Erfahrungswerte – gaben bei Einbrüchen den entstandenen Schaden naturgemäß stets im vollen Umfang an. Dies war allein wegen der jeweiligen Versicherungen unerlässlich, schließlich wollten die Geschädigten ihren Verlust auch wieder ersetzt bekommen. Was die Einbruchsopfer jedoch häufig nicht wissen konnten: In den Finanzämtern saßen mitunter junge, ambitionierte Finanzbeamte, die mithilfe der Steuerakten den für die Vermögenssteuer [1] erklärten Besitz mit dem angeblich erbeuteten Diebesgut abglichen – und dabei nicht selten auf erhebliche Diskrepanzen stießen. Stimmten die versteuerten Vermögenswerte so gar nicht mit der Diebesbeute überein, stellten sich immer zwei Fragen: Gab es in diesen Fällen Hinweise auf einen kleinen Versicherungsbetrug, oder wurde vielleicht bei den Angaben zur Vermögenssteuer etwas unterschlagen? Nicht selten kamen am Ende von Ermittlungen beide Vorwürfe zum Tragen.
    Damals hatte die Finanzverwaltung auch noch einen Lesedienst, der die Chiffreanzeigen der Tageszeitungen las und bei fragwürdigen Geschäftsangeboten mitunter Kontrollen einleitete. Im Norden der Republik wurden beispielsweise die Anzeigen der zum Verkauf stehenden Yachten studiert und die Besitzer einer Überprüfung unterzogen. Unterschätzen durfte man die Finanzämter in der Regel nicht.
    Jugend forscht
    Eine meiner ersten eigenständigen Ermittlungen gegen einen
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