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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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gemeldet hätte. Als die Tür geöffnet wurde, empfing uns eine elegant gekleidete Frau Mitte vierzig, an ihrer Seite ein stattlicher Schäferhund mit spitz aufgestellten Ohren. Ein Griff in meine Aktentasche und ich merkte sofort, dass der Durchsuchungsbeschluss fehlte. Zu dumm, ich musste das Papier bei der Frühbesprechung in der Kantine liegen gelassen haben und schämte mich ob meiner peinlichen Vorstellung an der Haustür der Architektengattin. »Wir haben einen Durchsuchungsbeschluss gegen ihren Ehemann – das heißt, wir haben ihn leider nicht dabei, er scheint im Finanzamt liegen geblieben zu sein.« Eine schreckliche Situation.
    Ich bat die Frau, ihren Mann im Büro anzurufen, damit er die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung bestätigte. Das tat die Dame dann auch, und wir durften nach quälend langen Minuten des Wartens, unter strenger Beobachtung des Schäferhundes, endlich das Haus betreten. Ein denkbar schlechter Start in einen Tag, der noch viel merkwürdiger enden sollte.
    Da wir eine langjährige Steuerhinterziehung des Architekten vermuteten und nach vorsichtigen Schätzungen eine knapp siebenstellige Nachzahlung zu erwarten war, waren wir an diesem Tag mit voller »Kapelle« aufmarschiert. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Summen gerade bei Freiberuflern aus dem Baugewerbe fließen. Und je höher die Umsätze, desto massiver werden auch die Hinterziehungen. In dem vorliegenden Fall hatten wir die entscheidenden Hinweise bereits von einem Betriebsprüfer erhalten, und nun lag es an uns, die Sache – wie wir es ausdrückten – rund zu machen und vor allem auch herauszufinden, wo die hinterzogenen Gelder lagen. Die Suche galt also ausländischen Bankkonten und alternativ auch Gold, Juwelen und weiteren Wertgegenständen, die mutmaßlich entweder im heimischen Safe oder in einem Bankschließfach lagen.
    Zunächst fiel jedoch auf, dass in dem Haus nichts auf den Architekten hinwies. Im Schlafzimmer konnten wir weder Männerbekleidung noch ein zweites Kopfkissen oder wenigstens ein Paar Hausschuhe finden. Schnell wurde klar, dass die Wohnsitzgeschichte des Architekten eine reine Fiktion war. Aber, wir waren nun mal in dem Haus, und es war trotz der Lebensumstände des Paares nicht auszuschließen, dass wir am Ende nicht doch etwas finden könnten.
    Das ganze Konstrukt schien von vorne bis hinten faul. Die Ehefrau war in dem Betrieb ihres Mannes angestellt, sie fuhr natürlich einen »Firmenwagen« und in dem Wohnhaus existierte offiziell ein Arbeitszimmer des Architekten mit Zeichentisch und voller Büroausstattung, was selbstverständlich auch alles Eingang in die Steuererklärung des Unternehmers gefunden hatte. Letzteres war eine der kleinen Tricksereien. Zu den großen indes gehörten fingierte Rechnungen und massive Manipulationen der Betriebskosten. So war die Frau durch ihr fingiertes Beschäftigungsverhältnis natürlich auch kranken- und rentenversichert. Diese Geschichten waren in der Regel stets so konstruiert, dass der Firmeninhaber die Betriebskosten absetzen und die Altersversorgung – in diesem Fall für die getrennt lebende Ehefrau – aufgebaut werden konnte.
    Häufig schüttelten meine Kollegen und ich innerlich den Kopf, wenn wir im normalen Tagesgeschehen erlebten, was so alles unter die betrieblichen Ausgaben gepackt wurde. Wir sahen die großen teuren Limousinen, die als Geschäftswagen verbucht, aber ausschließlich privat bewegt wurden. Die Illustrierten für die Gattin wurden als Betriebsausgaben für die Praxis oder die Kanzlei verbucht. Der Beleg für das Doppelzimmer mit der Frau oder der Geliebten sollte auf ein Einzelzimmer ausgestellt werden – Dienstreise. Kaffee, Zucker und Milch wurden den Betriebskosten zugerechnet, auch wenn kein Mitarbeiter dort je ein Tässchen Kaffee zu sehen bekam. Irgendwann hatte ich es mir abgewöhnt, nach jeder Kleinigkeit zu schielen. Und wenn ich Feierabend hatte, war ich definitiv außer Dienst – ganz egal, was ich in Geschäften, beim Sport oder beim Friseur alles sah und hörte. Nicht selten habe ich erlebt, wie Menschen in Gasthäusern mit ihren Steuervergehen geradezu geprahlt haben. Es galt und gilt geradezu als chic, sich mit Steuertricks und Mauscheleien wichtig zu machen.
    In einem Fall tat das auch ein Bahnreisender, als er mit einem fremden Menschen in seinem Zugabteil ins Gespräch gekommen war und diesem im Verlauf der Bahnreise alle seine Steuerspartricks verraten hatte. Zum Abschied übergab er dem fremden Fahrgast
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