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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Sie kann den Arrest auch dann anordnen, wenn die Forderung noch nicht zahlenmäßig feststeht oder wenn sie bedingt oder betagt ist. In der Arrestanordnung ist ein Geldbetrag zu bestimmen, bei dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der vollzogene Arrest aufzuheben ist.«
    Ein dinglicher Arrest ist sehr wirkungsvoll, wenn die Polizei beispielsweise einen Drogenhändler aufgespürt hat. Wird dann bei dessen Hausdurchsuchung eine größere Bargeldmenge gefunden, rufen die Polizisten vor Ort die Steuerfahndung zu Hilfe, die das Geld in Form eines dinglichen Arrestes sicherstellen kann. Eine Begründung für diese Maßnahme ist leicht zu finden: Da es sich auch bei einem Drogenhändler um einen »Gewerbetreibenden« handelt, der seine Einnahmen in der Regel jedoch nicht versteuert, tritt die Steuerfahndung auf den Plan und nimmt das Bargeld gewissermaßen als Anzahlung für später fällige Steuernachzahlungen mit. Durch diese Maßnahme kann gewährleistet werden, dass der Drogenhändler seine illegalen Geschäfte nachträglich der Steuer zuführen kann – und: das Geld verschwindet nach der Festnahme nicht einfach in der Tasche eines Strafverteidigers, der sich die Summe für sein Honorar sichern will.
    Wir hatten die Anschrift der Pension, den Haftbefehl und den dinglichen Arrest – es konnte losgehen. Da unser Beschuldigter bereits eine Vorstrafe wegen Körperverletzung in seinen Akten hatte, baten wir die örtlich zuständige Polizeidienststelle um Amtshilfe und hatten überdies noch einen Vollstreckungsbeamten des Finanzamtes mit dabei – man konnte schließlich nicht wissen, wie derart in die Enge getriebene Menschen im Krisenfall reagieren. Zudem wussten wir schließlich von den zurückliegenden Begegnungen, dass es sich bei dem Gesuchten um einen hünenhaften Mann handelte.
    An einem Freitagnachmittag machten wir uns auf den Weg in einen verträumten kleinen Ferienort und parkten unsere Wagen vor der fraglichen Pension. Der Lamborghini stand im Hof und kaum waren wir ausgestiegen, kam der Mann mit einem Trainingsanzug bekleidet auf uns zu. Ich begrüßte den überraschten Handwerker und verkündete ihm umgehend den Haftbefehl. Der Mann war geschockt.
    Die Durchsuchung der Privaträume seiner Freundin in der Pension war erfolglos. Wir hatten gehofft, die Flugtickets zu finden, aber in dem Haus war nichts. Der Vollstreckungsbeamte des Finanzamtes hatte inzwischen den Lamborghini gepfändet und freute sich auf die Rückfahrt in einem italienischen Sportwagen, während der Beschuldigte selbst auf einem Sessel sitzend in sich zusammensank und plötzlich anfing, jämmerlich zu weinen. Seine Worte werde ich nie vergessen: »Alle bescheißen und ausgerechnet ich muss ins Gefängnis!«
    Er tat mir leid. Da saß dieser Berg von einem Mann und sah mit einem Mal seine schöne Welt zusammenbrechen. Die ganzen Ermittlungen der vergangenen Monate schienen für ihn mehr ein lustiges Katz- und Maus-Spiel gewesen zu sein. Ägyptische Geldgeber, Spielbank- und Totogewinne, das bisschen Durchsuchung – eine hübsche Abwechslung im Leben eines Mannes, der die Herausforderung suchte. Aber was an diesem Freitag ablief, war beileibe kein Spiel mehr: Wir hatten den Haftbefehl. Die Lage war ernst und der Mann hatte sie in jenem Augenblick erstmals richtig als genau das erkannt.
    »Was ziehe ich denn fürs Gefängnis an?«, fragte er hilfesuchend. Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Dies war meine erste richtige Festnahme und auch ich fühlte mich in diesem Augenblick ein wenig überfordert. »Etwas Vernünftiges«, gab ich ihm zur Antwort und schaute ihm hinterher, wie er in Begleitung eines Polizisten im Schlafzimmer verschwand. Nur wenige Minuten später stand er wieder vor mir – in einem Nadelstreifenanzug.
    Der Polizeibeamte zog sich wieder zurück, nachdem er bemerkt hatte, dass der Beschuldigte keine Unannehmlichkeiten machte, und auch der Vollstreckungsbeamte war bereits auf dem Weg zurück zu seiner Behörde – selbstverständlich im Lamborghini. Mein Kollege und ich indes wussten nicht so recht, wie wir mit dem Mann weiterverfahren sollten. Wir aktivierten die Kindersicherung in meinem Auto, setzten den verhafteten Steuersünder auf die Rückbank und fuhren los. Da wir auf dem Hinweg von dem Vollstreckungsbeamten begleitet worden waren, der uns den Weg wies, taten wir uns schwer, den Rückweg zurück
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