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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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sogar seine Visitenkarte – weil man sich so sympathisch war, so zumindest mag es der monologisierende Steuersünder empfunden haben. Der Fahrgast indes sah sich als Bundesbürger persönlich von den Schilderungen dieses ihm fremden Menschen beleidigt und leitete seine Empörung direkt in schriftlicher Form an die Steuerfahndung weiter, die den redseligen Bahngast ein wenig später durchsuchte. Dieses Verfahren, von einem Kollegen bearbeitet, brachte dem Gemeinwesen mehrere hunderttausend Mark an Steuermehreinnahmen ein. Die Fahrt dieses Mannes dürfte als die teuerste Zugreise aller Zeiten in die Geschichte der Menschheit eingegangen sein.
    Ich persönlich konnte zeitlebens auf eine Verquickung von Dienst und Privatleben verzichten, verbarrikadierte nach Feierabend weitgehend alle steuerfahnderlichen Sinnesorgane und verbrachte meine Freizeit als genuss- und lebensfreudiger Mensch.
    Und genau daran musste ich denken, als wir in den Schränken dieser Frau wühlten. Mein Gespür sagte mir, dass in dem Haus nichts Wesentliches zu finden wäre, und ich empfand unsere Untersuchung als einen unangenehmen, ungerechtfertigten Eingriff in das Privatleben einer Frau, die, von einigen unbedeutenden steuerlichen Vergünstigungen einmal abgesehen, mit ihrem Noch-Gatten nicht mehr viel zu tun haben wollte. Bis mich einer meiner Kollegen in den geräumigen Garagenanbau rief.
    In der Garage, die auf diesem Gründerzeitanwesen einst wohl das Gesindehaus war, fanden wir eine perfekt eingerichtete Töpferwerkstatt mit Brennöfen, Werkbänken und unzähligen Werkzeugen sowie einer Art Drehbank. In diesem Moment konnte ich mir auch die Herkunft der zahlreichen Steingut-Behältnisse, Vasen und Skulpturen erklären, die über das gesamte Wohnhaus verteilt waren. Meine Kollege hatte sich offenbar schon ein wenig in der Werkstatt umgesehen und deutete auf ein Heft, das er in einer Schublade gefunden hatte. Es beinhaltete die »Buchhaltung« der Frau, die – wie wir schnell herausfinden konnten – über Jahre hinweg unzählige Blumen- und Geschenkläden in der Umgebung mit ihrer Töpferware beliefert und dabei vorzügliche Umsätze gemacht hatte.
    Ein Zufallsfund, wie so etwas in Steuerfahnderkreisen bezeichnet wird, der in § 108 der Strafprozessordnung (STPO) geregelt ist:
    »(1) Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, so sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen. Der Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntnis zu geben. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit eine Durchsuchung nach § 103 Abs. 1 Satz 2 stattfindet.
    (...)
    (3) Werden bei einer in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 genannten Person Gegenstände im Sinne von Absatz 1 Satz 1 gefunden, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der genannten Person erstreckt, ist die Verwertung des Gegenstandes zu Beweiszwecken in einem Strafverfahren nur insoweit zulässig, als Gegenstand dieses Strafverfahrens eine Straftat ist, die im Höchstmaß mit mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist und bei der es sich nicht um eine Straftat nach § 353b des Strafgesetzbuches handelt.«
    In diesem kleinen Heft waren kurz überrissen Umsätze im mittleren fünfstelligen Bereich aufgeführt, und man musste kein Ermittler sein, um zu ahnen, dass das Finanzamt von diesen Geschäften mit Sicherheit keine Kenntnis hatte.
    Die Frau war in der Zwischenzeit knallrot angelaufen und wurde im zunehmenden Maße sauer. Die Durchsuchung war eigentlich gegen ihren Mann gerichtet und nun war sie – wegen seiner Mauscheleien – plötzlich in den Fokus steuerrechtlicher Ermittlungen geraten. Sie, eine von Haus aus eher esoterisch und vor allem künstlerisch denkende Frau, die mit ihrem Hobby ein wenig Geld nebenbei verdient hatte. Nun, es war ein wenig viel Geld, was da in ihrem Kassenbüchlein notiert war, aber gleichwohl: Wir wurden binnen weniger Sekunden zum Feind dieser kultivierten und überaus talentierten Dame.
    Mein Kollege nahm das Buch mit und legte es im Wohnzimmer zu den wenigen anderen Fundsachen, die wir zur weiteren Überprüfung mit ins Büro nehmen wollten. Ich sah mich noch ein wenig im Raum um, als ich plötzlich bemerkte, dass die Frau einzelne Blätter aus ihrem Kassenheft herausriss und in ihren Mund stopfte.
    »Was machen Sie denn da, um Himmels willen?«, rief ich erschrocken und machte einen Schritt auf die Dame zu. Doch bei ihr saß der Schäferhund
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