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Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Titel: Orphan 1 Der Engel von Inveraray
Autoren: Karyn Monk
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DER ENGEL VON INVERARAY
    Im 19. Jahrhundert machen Willkür und Grausamkeit auch vor Kindern nicht Halt.
    Und die ebenso warmherzige wie couragierte Genevieve MacPhail tut alles dafür, diesen Kindern zu helfen. Bei ihrem jüngsten Besuch in den finsteren Verliesen von Inveraray fällt ihr Blick jedoch auf einen Mann: Halb bewusstlos von den Schlägen der Wärter liegt der zum Tode Verurteilte am Boden - und der flehende Blick seiner Augen berührt Genevieve zutiefst! Nichts für diesen Gefangenen tun zu können, der seine Hiebe dafür bekam, dass er einem ihrer Schützlinge beistehen wollte, bricht ihr fast das Herz. Dass Lord Haydon Kent, Marquess of Redmond, noch in dieser Nacht die Flucht gelingen und er bei ihr Zuflucht suchen wird, ahnt Genevieve nicht - und auch nicht, welch dramatisches Abenteuer voller Leidenschaft und Gefahr damit beginnt...
      1. KAPITEL
    Inveraray, Schottland
    Winter 1861
    Er öffnete die Augen einen Spaltbreit, den Blick von Schmerzen und Fieber getrübt.
    „'n Abend, Eure Lordschaft." Ein schweres Paar eiserner Handschellen baumelte bedrohlich in der schmutzigen Faust des Wärters. „Wie ist das werte Befinden?"
    Haydon betrachtete ihn argwöhnisch und schwieg.
    Der Kerkerwärter lachte und entblößte dabei seine fauligen Zähne. „Nicht sehr gesprächig heute Abend, was?" Mit seinem schlammverkrusteten Stiefel stieß er gegen den irdenen Napf mit geronnenem Haferschleim, der neben Haydons Holzpritsche stand. „Was ist das? War das Essen nicht nach Ihrem Geschmack, Mylord?"
    „Der Junge kann es haben." Haydon wies mit dem Kopf auf die magere Gestalt, die ihm gegenüber auf dem kalten Steinboden hockte. „Ich bin nicht hungrig."
    Der knochige Jüngling machte sich nicht die Mühe aufzublicken und blieb zusammengekauert sitzen, die dünnen Arme im vergeblichen Versuch, sich zu wärmen, um die Knie geschlungen.
    „Was hältst du davon, Jack?" fragte der Wärter. „Willst du dir den Bauch mit dem Mittagessen Seiner Lordschaft voll schlagen?"
    Als der Junge aufsah, blitzte offene Feindseligkeit aus seinen grauen Augen. Eine dünne weiße Narbe verunzierte die ansonsten glatte Haut seiner linken Wange.
    „Nein."
    Der Wärter lachte. Die Gefängniskost war nicht nur widerlich, sondern auch äußerst karg, und er wusste, dass der Junge hungrig sein musste. „Bist 'n stolzes Kerlchen, wie? Nimmst von niemandem was - abgesehen von denen, die du bestiehlst, natürlich. Das Stehlen steckt dir im Blut, so wie deiner Mutter das Rumhuren, stimmt's, Bursche?"
    Der schmächtige Körper des Jungen verkrampfte sich. Haydon beobachtete, wie er die dünnen Arme fester um die Knie schlang, während er versuchte, seine Wut im Zaum zu halten.
    „Das ist die Krux mit euch Hurenbälgern", fuhr der Wärter fort. „Ihr werdet mit schlechtem Blut geboren und sterbt mit schlechtem Blut, und dazwischen macht ihr uns anständigen Leuten das Leben schwer. Nun, heute", sagte er gedehnt und rasselte drohend mit den Handschellen, „werd ich mal sehen, ob ich ein wenig von diesem schlechten Blut aus dir herausprügeln kann."
    Jacks abweisender Blick wurde ängstlich.
    Haydon biss die Zähne zusammen, kämpfte gegen den aufwallenden Schmerz und das Schwindelgefühl an und erhob sich so weit, dass er sich auf den Ellbogen stützen konnte. Die Schläge, die er zwei Wochen zuvor hatte einstecken müssen, hatten ihm mehrere Rippen gebrochen, und er war vom Fieber geschwächt. Dennoch zwang ihn die Sorge um den Jungen, sich aufzusetzen. „Wovon reden Sie?" erkundigte er sich.

    „Er ist zu sechsunddreißig Peitschenhieben verurteilt worden, unser junger Jack."
    Offenkundig bereitete es dem Wärter ein abartiges Vergnügen zu beobachten, wie dem Knaben vor Angst alles Blut aus dem schmutzigen Gesicht wich. „Dachtest du, ich hätte das vergessen, Bursche?" Er lachte und spie auf den Boden. „Der Sheriff sieht es gar nicht gern, wenn Abschaum wie du redliche Bürger bestiehlt. Er meint, eine ordentliche Tracht Prügel und ein paar Jahre in einer Besserungsanstalt in Glasgow könnten dich vielleicht auf den rechten Weg zurückbringen. Doch wir beide wissen es besser, nicht wahr, Jack?" Er packte den Jungen am Schopf und zerrte ihn hoch. „Wir wissen, dass auf einen dreckigen kleinen Mistkerl wie dich nur der Tod wartet. Entweder wird er von seinesgleichen umgebracht, oder er endet als Mörder am Galgen - so wie Seine Lordschaft da drüben." Er stieß Jack unsanft gegen die Mauer. „Nun, ich vermute, dass aus
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