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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille
Autoren: Inge Löhnig
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tun Sie das.«
    Die blonden Locken flogen, als sie sich umdrehte und die Treppe hinaufstapfte, jeder Schritt ein vorwurfsvolles Klackern auf den Stufen.
    Albert machte sich nun doch Sorgen. Babs bemerkte den angespannten Zug um seinen Mund und die hochgezogenen Schultern. Er rieb sich die Nasenwurzel. »Besser, ich rufe an.«
    Wolfram war kein gebrechlicher Mann. Vermutlich würde er unwirsch auf diese Kontrolle reagieren, aber es war Alberts Entscheidung. »Ja, mach das«, sagte Babs und versuchte sich die Enttäuschung über seine Gleichgültigkeit bezüglich ihres Vorstellungsgesprächs nicht anmerken zu lassen.
    Zu Hause duschte sie, föhnte die halblangen Haare über die Rundbürste und schminkte sich. Für den Termin hatte sie einen grauen Hosenanzug aus einer Leinenseidenmischung gekauft und dazu eine weiße Bluse. Nicht zu elegant, nicht zu businessmäßig, genau das richtige Verhältnis aus edel und salopp. Perfekt, dachte sie, als sie in den Mantel schlüpfte, nach der Handtasche griff und die Wohnung verließ.
    Die Redaktion von
Interior & Design
befand sich in der Leopoldstraße. Babs ging zu Fuß und betrat pünktlich das Bürogebäude. Die Dame am Empfang meldetesie telefonisch an und schickte sie dann in die dritte Etage. »Frau Jäger holt Sie am Lift ab.«
    Veronika Jäger war eine Bekannte Carolines und leitete das Ressort
Küchen und Bäder.
»Sie fordert von ihren Mitarbeitern viel, ist aber trotzdem nett. In der Redaktion nennt man sie auch die
Königin der Nasszellen«,
hatte Caroline gesagt.
    Der kurze Spaziergang hatte Babs gutgetan. Erleichtert bemerkte sie, während der Fahrstuhl nach oben fuhr, dass die Aufregung verflogen war. Sie hatte nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Der Lift stoppte, die Türen öffneten sich. Sie trat auf einen mit lichtgrauem Teppichboden ausgelegten Flur. Eine höchst unpraktische Farbe für eine Lauffläche, aber das war nicht ihr Problem. Während sie sich umsah, kam eine mollige Frau in Jeans und grauem Kaschmirpulli auf sie zu. Kupferrote Haare ringelten sich in widerspenstigen Locken um ihren Kopf und wippten bei jedem Schritt mit. Ein blasser Teint und Sommersprossen um die Nase ließen vermuten, dass die Haarfarbe echt war. Sie reichte Babs die Hand. »Schön, dass Sie Zeit haben, Frau Heckeroth. Jemanden mit Ihrem Händchen suche ich schon lange. Gehen wir zuerst zu mir. Den Rundgang machen wir dann hinterher.«
    Vorbei an der Graphikabteilung und der Chefredaktion gingen sie in Veronika Jägers Büro. Die dort vorherrschenden Farben waren Grau und Weiß; mit einem hellen Grün kombiniert verlieh das dem Raum eine frische Atmosphäre. Lediglich die Glaswand zum Flur, die allen Büros eigen war, irritierte Babs. Wie auf dem Präsentierteller, dachte sie. Im gegenüberliegenden Konferenzraum verwehrten Stofflamellen den Einblick. Sich dahinter bewegende Schemen verrieten, dass dort eine Besprechung im Gang war.
    Veronika Jäger bot Babs einen Platz und Kaffee an und kam dann gleich zur Sache. »Caroline hat mir erzählt, dass Sie das Studium abgebrochen haben, als die Kinder kamen …«
    Babs nickte. »Eigentlich wollte ich den Abschluss nachholen …«
    »… da machen Sie sich mal keine Sorgen. Was für uns zählt, ist das Ergebnis. Und was Sie aus Carolines Wohnung gemacht haben, ist absolut überzeugend. Haben Sie sich unser Heft schon mal angesehen?«
    Natürlich hatte Babs sich die aktuelle Ausgabe gekauft.
Interior & Design
unterschied sich wohltuend von den Hochglanzmagazinen für die oberen Zehntausend. »Mir gefallen vor allem die Reportagen«, sagte sie, »und die Tatsache, dass die vorgestellten Möbel und Accessoires auch für Otto Normalbürger erschwinglich sind.«
    Veronika Jäger lächelte. »Genau das ist unser Konzept. Wir machen unseren Lesern keine langen Zähne, sondern zeigen ihnen, wie sie zu erschwinglichen Preisen und mit pfiffigen Ideen ihre Wohnung aufhübschen können. Und dazu gehört auch unser Leserservice
Ein Problem – drei Lösungen.
Jeden Monat wählen wir aus den von unseren Lesern eingesandten Sorgenkindern eines aus und entwickeln dafür drei Vorschläge, die sich nicht nur im Design unterscheiden, sondern auch nach Budget gestaffelt sind. Also eine Low-Budget-Variante, einmal Mittelklasse und dann noch eine für Leute, die das Sparschwein schlachten wollen. Für die nächste Ausgabe bin ich mal wieder mit einem Problembad dran, und außerdem habe ich noch ein Sonderheft
Küchen
an der Backe. Wenn Sie wollen,
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