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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille
Autoren: Inge Löhnig
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lasse ich Ihnen mit dem Bad freie Hand.«
    »Wie?« Babs war überrascht. »Ich bekomme gleich einen Auftrag?«
    »Na klar.« Die Redakteurin nahm eine Mappe vom Stapel. »So sehe ich am schnellsten, was Sie können. Haben Sie Lust?«
    »Natürlich.« Babs war um den festen Klang ihrer Stimme bemüht.
    In der nächsten halben Stunde besprachen sie das Problembad einer jungen Frau, die sich eine Altbauwohnung gekauft hatte. Das Bad war klein, unvorteilhaft geschnitten und die Installationen planlos. Außerdem fehlte Stauraum.
    »Schaffen Sie das bis nächsten Montag?«
    In nur einer Woche sollte sie drei Vorschläge ausarbeiten. Das war nicht machbar. Oder doch?
    »Erste Entwürfe. Ich will nur die Marschrichtung sehen.«
    »Das kriege ich hin«, sagte Babs, obwohl sie keine Ahnung hatte, wie.
    »Gut. Dann reden wir noch übers Geld.« Veronika Jäger nannte ihr eine fixe Summe, die für dieses Projekt zur Verfügung stand, und Babs stimmte zu.
    »Prima. Dann machen wir jetzt den Rundgang.«
    Als Babs mit der Mappe unter dem Arm auf den Flur trat, wurde die Tür des Konferenzraums geöffnet. Unter den herauskommenden Mitarbeitern erkannte sie Carsten Morgenroth. Sein Blick traf ihren, während er sich mit einer Kollegin unterhielt. Er stutzte und lächelte dann. Es war noch das gleiche jungenhafte Lächeln wie in jenen Semesterferien, als eine kurze Affäre sie für einen Sommer verbunden hatte.
    Babs wandte den Blick ab, als Veronika Jäger sie leicht am Arm berührte und sie einigen Redaktionsmitgliedern vorstellte. Inzwischen beendete Carsten das Gespräch und kam zu ihr herüber.
    »Hallo, Barbara. Das ist ja eine Überraschung!« Er schien kaum gealtert zu sein. Sein Haar war dunkel, wie Waldhonig, seine Figur noch immer athletisch und der Blick aus braunen Augen warm und freundlich.
    »Du kennst Frau Heckeroth?« Veronika Jäger hakte einen Daumen in den Gürtel. »Sie wird für die nächste Ausgabe für
Ein Problem – drei Lösungen
die Entwürfe machen.«
    »Wir haben zusammen studiert«, erwiderte Carsten an Veronika Jäger gewandt. Dann reichte er Babs die Hand. »Aber damals hast du noch Meining geheißen. Du hast tatsächlich Albert geheiratet?« Er klang überrascht, als wäre Albert der größte Langweiler.
    »Vor dreizehn Jahren schon. Uns geht es gut. Die Praxis läuft, und die Jungs sind inzwischen aus dem Gröbsten raus. Jetzt versuche ich den Seiteneinstieg in meinen Beruf. Und was machst du hier?«
    Carsten lächelte. »Ich bin der Clown vom Dienst. Jongliere mit Themen und Terminen, bändige wild gewordene Fotografen, schwinge die Peitsche, damit das Heft pünktlich am Kiosk ist, und hypnotisiere gelegentlich den Herausgeber. Man kann auch sagen: Ich bin der Chefredakteur. Wir werden uns in Zukunft also häufiger sehen. Schön.« Das Handy, das er in einer Halterung am Gürtel trug, begann zu klingeln. »Bis demnächst.« Er zwinkerte ihr zu und griff dann nach dem Telefon.
    Auf dem Heimweg arbeiteten zwiespältige Gefühle in Babs. Einerseits war sie stolz auf den ersten Auftrag und auf das Vertrauen, das man in sie setzte. Andererseits war sie unsicher wegen des Termins. Eine Woche. Sie hatte ja nicht einmal einen Schreibtisch. Eigentlich hatte sie geplant, die Speisekammer neben der Küche in ihr Büro zu verwandeln. Aber dafür blieb nun keine Zeit.
    Es war beinahe schon Mittag, als sie heimkam. Sie schlüpfte in Jeans und T-Shirt, kochte für die Jungs Spaghetti bolognese und aß mit ihnen gemeinsam, als sie von der Schule kamen. Ihre Frage an Noel, wie es denn bei der Schulaufgabe gelaufen sei, beschied er mit einem »Passt schon«, während Leon die Lippen zusammenpresste, um, wie Babs vermutete, ein verräterisches Grinsen zu unterdrücken.
    »Ich vertue meine Zeit nicht, wenn ich die Volleyballshirts wasche? Es reicht für eine Zwei?«
    »Locker«, entfuhr es Leon mit vollem Mund. Dann lief er rot an und blickte so konzentriert auf seinen Teller, als würde sich dort gleich ein Orakel offenbaren.
    Noel, der zusammengezuckt war, griff hastig zur Gabel.
    Babs sah von einem zum anderen. »Habt ihr etwas zu beichten?«
    Beide Köpfe fuhren gleichzeitig hoch. »Nö. Wieso?«
    »Glaubt ihr, ich bin doof? Schaut euch doch mal an. Heute kann ich euch fast nicht unterscheiden. Also?«
    Leon konnte sich das Grinsen nicht länger verkneifen.
    »Ihr habt also die Rollen getauscht. Findet ihr das richtig?«
    Es folgte eine Diskussion über die Nutzlosigkeit von Latein und darüber, dass die Lehrerin
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