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In Schönheit sterben

In Schönheit sterben

Titel: In Schönheit sterben
Autoren: J Goodhind
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machte sich auf den Weg zur Eingangstür.
    »Na, dann auf in den Kampf!«, murmelte sie und tätschelte liebevoll die Stelle in ihrer Reisetasche, wo die geschmuggelten Leckereien verstaut waren, fest in zwei neue Hosen von Marks und Spencer, Größe XL, eingewickelt.
    Irgendwie konnte sie nicht begreifen, warum sie so aufgeregt war. Ja, sie sollte ein bisschen schnüffeln. Wie Steve gesagt hatte: »Frauen, die Gesichtsmasken aufgelegt kriegen und Fettverbrennung oder so was machen, können sich da besser umschauen, als ich das wahrscheinlich je schaffen würde.«
    Der Seitenhieb mit der Fettverbrennung hatte ihm eine schnelle Ohrfeige eingebracht, aber im Grunde hatte sie begriffen, worauf er hinauswollte. Mit Klatsch und Tratsch von Frau zu Frau konnte man viel weiter kommen als ein Polizist, der seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckte.
    Leise Musik berieselte den Empfangsbereich, und es roch nach Meer, oder nach einem künstlich hergestellten Aroma. Es roch so, wie das Meer riechen könnte, wenn nicht Kanalisationsrohre hineinführten und überall Eistüten und Pappkartons herumlägen. Die Wände und Fußböden waren in sanften Farben gehalten. Der Teppich war dick und flauschig. Wenn auch das Haus in seiner glänzenden Vergangenheit gewiss schimmernde Marmorbödensein eigen genannt hatte, heute trug der Teppich zu einer Atmosphäre der Ruhe und des Friedens bei.
    Die Empfangsdame sah aus, als könnte sie Miss Vollkommen heißen. Auf dem Namensschildchen stand etwas anderes: Karen Pinker.
    Ihr Lächeln war breit und freundlich.
    »Mrs. Driver? Ich heiße Karen. Willkommen im Beauty Spot, unserer Wellness- und Schönheitsfarm.«
    Honey taufte Karen Pinker sofort in Karen Vollkommen um. Frauen, die sich eigentlich bisher nicht für hässlich oder ein bisschen verwahrlost gehalten hatten, würden ihre Meinung sofort ändern, sobald sie bei der Ankunft mit so viel Perfektion konfrontiert wurden. Honey hegte den trüben Verdacht, dass dahinter eine finstere Absicht steckte. Wer vorher nicht eingesehen hatte, dass gewisse Verbesserungsmaßnahmen notwendig waren, musste nach der Begegnung mit Karen davon überzeugt sein, dies bitter nötig zu haben.
    »Danke.« Es war schwierig, zu lächeln und zu jemandem höflich zu sein, der einem das Gefühl vermittelte, eine hässliche Kröte zu sein, aber Honey war sich sicher, dass sie es ganz gut hingekriegt hatte.
    Karens perlweiße Zähne blitzten wie Diamanten in einem abgrundtiefen Brunnen. »Wenn Sie sich bitte hier eintragen wollen, dann bringe ich Sie in Ihr Zimmer. Wunderbar!«
    Diesen Ausruf versah sie mit einem beinahe atemlosen Staunen. Der makellose Teint der jungen Frau in dem weißen Kittel schimmerte nur so vor jugendlichem Selbstbewusstsein. Kein einziges Fältchen verunzierte die sahnig weiche Haut. Die Lippen prangten wie zwei kleine Samtkissen in ihrem perfekten Gesicht. Sie sahen so weich aus, so wunderbar geformt. Kurz überlegte Honey, ob man wohl Designer-Lippen käuflich erwerben konnte. Wenn ja, dann hatte dieses Mädel welche.
    Honey ertappte sich dabei, wie sie ihre eigenen Lippenin den Mund sog. Obwohl sie sie am Morgen in einem hübschen Apricot-Ton geschminkt hatte, wirkten sie wahrscheinlich im Vergleich zu den sinnlichen Lippen dieser Dame etwa so attraktiv wie altbackene Kekse.
    Na ja, deswegen bist du ja hier, rief sie sich in Erinnerung. Wenn du hier rauskommst, bist du eine neue Frau.
    Karen reichte ihr eine Mappe, von der sie behauptete, sie enthielte alles, was Honey wissen müsste. Noch ein paar Mal auf die Tastatur getippt, und sie war eingecheckt.
    »Darin finden Sie Ihren Behandlungsplan und die allgemeinen Informationen zu Ihrem Aufenthalt bei uns, aber fragen Sie bitte, wenn Ihnen etwas nicht klar ist. Wir sind dazu da, Ihnen zu helfen, die Frau zu werden, die Sie sein möchten. Bitte hier entlang«, sagte eine lächelnde Karen.
    Karen Pinker war in der Rückansicht genauso perfekt wie von vorn. Ein knackiger, kleiner Hintern und schmale Hüften zeichneten sich unter dem weißen Kittel der jungen Frau vor ihr ab. Karen wirkte nicht nur hübsch, sondern beinahe priesterinnenhaft, schien aus nichts als Helligkeit und Strahlen zu bestehen. In auffälligem Kontrast zu Honeys dunklen Jeans und schwarzem Pullover – der Standarduniform aller, die wissen, dass sie zu viel wiegen, sich aber größte Mühe geben, das zu kaschieren – womit man im Grunde die Symptome und nicht die Ursache bekämpft, überlegte Honey. Das konnte sie
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