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In Schönheit sterben

In Schönheit sterben

Titel: In Schönheit sterben
Autoren: J Goodhind
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das Bad in Vulkan-Stein aus Hawaii dagegen sind der älteren Dame zuträglich.«
    Es klang, als hätte sie dieses Mantra auswendig gelernt wie Honey seinerzeit das Einmaleins. Einmal gelernt, nie wieder vergessen.
    Honey betrachtete das Programm, das man ihr ausgehändigt hatte. Jawohl. Da gab es nichts dran zu rütteln. Sie war tatsächlich für alles eingeteilt, was Karen ihr gesagt hatte. Man hatte ihr Geburtsjahr berücksichtigt – sie war etwa um die Zeit geboren, als in den meisten Kneipen noch eine Jukebox stand.
    »Wenn Sie jetzt bitte Ihre Kleider ausziehen und in den Bademantel schlüpfen würden?«
    Sofort musste sie an das Terpentin und die Vorwände des Künstlers denken, um sich an sie ranzumachen. Nicht dass Karen etwa irgendwelche finsteren Absichten hegte, natürlich nicht. Es war nur ein bisschen sehr hell, all dies nördliche Licht, und jetzt sollte sie sich auch noch ausziehen.
    Wirklich, das Letzte, was sie jetzt brauchte, war, dass diese ach so vollkommene junge Frau Honeys nicht so vollkommenen Körper zu sehen kriegte.
    »Könnten Sie mich einen Moment allein lassen?«
    Karen lächelte süßlich. »Wozu denn? Das ist doch nicht nötig. Ich helfe Ihnen. Es braucht Ihnen nicht peinlich zu sein.«
    »Alles ausziehen?«
    Alle Fettpölsterchen! Die Miederhose! Sie würde alles sehen!
    Miss Vollkommen plapperte weiter, ahnte nichts von den verschwommenen Erinnerungen an eine längst vergangene Liaison, vielmehr an eine gar nicht erst zustande gekommene Liaison.
    Sie rezitierte schon wieder ihr Mantra: »Sie werden feststellen, dass wir an alles gedacht haben, was Sie brauchen.Von Artikeln für die persönliche Hygiene bis zur Papierunterwäsche und der Reinigungslotion. Kein Make-up, versteht sich, denn schließlich sind Sie ja hier, um Ihren Körper zu reinigen und sich verschönern zu lassen.«
    Honey öffnete den Mund, um zu protestieren, aber gab es denn einen Grund zur Beunruhigung? Es war für alles gesorgt. Karen die Schöne hatte es gesagt.
    Gehorsam, wie sie es nicht mehr gewesen war, seit sie mit sieben Jahren ertappt wurde, nachdem sie die reinseidene Unterwäsche ihrer Mutter zu einer Piratenhose umfunktioniert hatte, zog sich Honey kleinlaut aus.
    »Das ist nicht nötig«, sagte Karen, als Honey nach dem Kleiderbügel griff, auf dem der Frotteebademantel gehangen hatte. Der einzige Kleiderbügel im Schrank? Das war doch seltsam?
    »Ich lege alles mit hier rein«, sagte sie, faltete Honeys Sachen ordentlich zusammen und schnappte sich Honeys Reisetasche. »Die kommt in die Gepäckaufbewahrung, bis Sie sie wieder brauchen.«
    Katastrophe! Karen zog bereits den Reißverschluss an der Reisetasche auf, in der sich alles befand, was sie benötigte – einschließlich des Essens!
    »Und was ist mit meinem Portemonnaie? Mit meinem Telefon?«
    Sie äußerte diese Worte mit der gleichen Verzweiflung, mit der der Funker der Titanic seine SOS-Botschaft abgesetzt hatte, nachdem er den Eisberg gesichtet hatte.
    Honey schaute entsetzt zu, wie Karen die Sachen in ihrer Tasche verstaute.
    »Das brauchen Sie alles nicht«, sagte sie. »Das ist eine unserer Regeln. Wir nehmen es mit den Regeln sehr viel genauer als die weniger exklusiven Etablissements, aber wir garantieren Ihnen auch, dass wir wahre Wunder für Ihren müden Körper und Ihr Gesicht wirken. Wie ich Ihnen bereits erklärt habe, wollen wir erreichen, dass Sie die Welt und all Ihre Habseligkeiten draußen vor der Tür zurücklassen.Sie sollen sich uns voll und ganz ausliefern und sich sozusagen nackt wie ein Neugeborenes in unsere Hände geben.«
    Das Wort nackt traf Honey mitten ins Herz. Schon wieder stieg in ihrer Erinnerung der Terpentingeruch auf. Aber es gab Schlimmeres. Einerseits wollte sie sagen, dass ihr Körper und ihr Gesicht so müde nun auch nicht waren und dass Doherty davon ganz angetan schien. Eigentlich hatte sie ein erfülltes Privatleben, danke der Nachfrage, und sie kam gut damit zurecht, dass sie nicht aussah wie ein stark retuschiertes Foto von einem rundüberholten Model. Aber sie war ja aus beruflichen Gründen hier! Schnüffeln, nicht Meckern war die Devise. Sie biss sich also auf die Zunge.
    Wollte sie wirklich alles für ihre Lieblingstörtchen, eine Schachtel Pralinen von Thorntons’, zwei Baguettebrötchen mit Käse und Chutney, zwei Tüten Chips und ein halbes Pfund Cheddar riskieren?
    Sie musste sich mit den Tatsachen abfinden und biss also die Zähne zusammen. Jetzt galt es, Charakterstärke zu zeigen.
    Das
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