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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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steckte, bedeutete neues Leben; mir war, als ob mir meine Mutter zum zweiten Male das Leben gegeben hätte. Ich wußte, welch' aufopfernde Liebe in diesen Geldscheinen steckte: wie schwer es der Mutter mit der kargen Witwenpension geworden sein mußte, mir solch eine Summe zu schenken. Und mit einem Male überkam es mich wie eine Welle überströmender Freude. Frei würde ich sein! Danken würde ich der Liebe können, die mir half.
    *
    Um fünf Uhr nachmittags hatte ich den Brief erhalten. Ich war gerade vom Arbeitsdienst in die Kaserne zurückgekommen, vom Unkrautjäten auf den Gräbern des Legionsfriedhofes. Das sollte mein letztes Arbeiten als Legionär gewesen sein!
    Denn auch nicht eine einzige Stunde wollte ich mit der Flucht warten! Jeder Gedanke drängte mich hinaus in die Freiheit. Im Lande von Sidi-bel-Abbès ließ es mir keine Ruhe mehr.
    Auf dem Mannschaftszimmer saßen die Kameraden schon bei der Suppe, als ich mit meinem Brief vom Postbureau der Kaserne kam, und Guttinger schien verwundert darüber, daß ich nichts aß und sofort die »Ausgeh-Uniform« anzog. Er sah mich mißtrauisch an, als ob er eine Ahnung hätte, daß ich etwas Ungewöhnliches im Sinn hatte. Gar zu gerne hätte ich dem alten Trommler, der mir in seiner Art Freundschaft gegeben hatte und ein guter Mensch war, einen letzten Gruß gesagt, doch er saß mit den andern am Tisch. Als ich mich aber angezogen hatte und Briefe und einige Kleinigkeiten, die ich mitnehmen wollte, verstohlen aus meinem Tornister hervorholte, kam Guttinger und legte sich auf sein Bett, wie immer nach der Suppe.
    »Adieu, Trommler,« flüsterte ich. »Bist ein guter Kamerad gewesen!«
    Guttinger rührte sich nicht. Nur in seinen Augen blitzte es auf.
    »Hast Geld?« fragte er leise.
    »Ja!«
    »Dann is' gut! Adieu – Adieu!«
    Die andern Menschen im Zimmer saßen auf den Bänken, als ich hinausging, und arbeiteten an der Kleinarbeit der Legion. Sie putzten und polierten – polierten und putzten. Keiner von ihnen war mir damals mehr als eine Begegnung am Weg. Heute freilich sind sie mir unvergeßliche Typen geworden.
    Ein allerletzter Aerger sollte mir noch bevorstehen.
    Der wachhabende Sergeant am Kasernentor hielt mich an, weil ich in der Eile meine Capote falsch zugeknöpft hatte, und sagte mir, er habe gute Lust, mich wegen meiner Nachlässigkeit zurückzuschicken.
    »Nom de Dieu, weißt du Schwein denn nicht, daß diesen Monat die Capote nach rechts geknöpft wird!«
    Aber er ließ mich gehen. Im Strom der in die Stadt eilenden Legionäre eilte ich die Promenade entlang. Zum Crédit Lyonnais, der beim Place Carnot eine Filiale hatte, mußte ich zuerst. Ein großer Teil meines Geldes bestand aus belgischen Banknoten, die natürlich in Algerien nicht angenommen werden, und ich gedachte, das Wechselgeschäft in der Bank am schnellsten und billigsten zu erledigen. Darin irrte ich mich. Der Beamte am Schalter erklärte umständlich, daß er für belgische Banknoten keine Verwendung habe, und daß es viel Geld koste, wenn er sie nach Paris schicken müsse. Natürlich war er nur gewinnsüchtig, wie ganz Sidi-bel-Abbès gewinnsüchtig ist, und spekulierte darauf, eine möglichst hohe Provision zu berechnen. Er mochte denken, daß es einem Legionär, der so glücklich war, Geld zu haben, auf einige Francs mehr oder weniger nicht ankommen würde. Darin irrte er sich nun wieder! Ich erwiderte ihm, ich würde mich bei meinem Regimentskommandeur darüber beschweren, daß die einzige Bank in Sidi-bel-Abbès einen einfachen Soldaten übervorteilte. Worauf dieser sonderbare Beamte einer weltberühmten Bank brummend meine Banknoten überzählte und mir französisches Geld gab.
    Durch die hellerleuchteten Hauptstraßen schlenderte ich, rechts und links Offiziere grüßend, dem Ghetto zu. Gleich in der ersten der engen Gassen begegnete ich einem alten Mann, der mir vielversprechend aussah. Ich klopfte ihm auf die Schulter.
    »Eh, Zivilkleider?«
    Der Jude hob den Zeigefinger in die Höhe:
    »Darf Legionär nichts verkaufen!«
    Ich drehte mich um und schritt langsam weiter. Aber schon war er hinter mir her:
    »Wieviel?«
    »Zwanzig Franks.«
    »Fünfzig!«
    »Dreißig.«
    »Fünfundvierzig!«
    »Vierzig Franks bekommst du – aber nur, wenn es sehr schnell geht.« Er blieb stehen, sah mich an und hielt mir die gekrümmte Hand hin; der Pantomime Sinn war klar: ich beruhigte ihn, indem ich ihm ein paar Goldstücke zeigte. Der Mann Israels nickte zufrieden und zog mich nach
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