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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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Legionäre) seiner Nachbarländer, aller Länder, mit offenen Armen aufnimmt, sie grundsätzlich für eine besondere militärische Organisation verwendet. Man kann nicht irren, wenn man diese Handlungsweise als einen militärischen Egoismus bezeichnet, der etwas Unnatürliches, Anwiderndes, Verächtliches hat. In der Fremdenlegion lebt ein Stück Mittelalter. Und zwar nicht nur mittelalterliches Landsknechtstum, sondern auch mittelalterliche Moral, die Moral jener Zeiten, in denen ein armer Teufel zur Werbetrommel eilte, weil er sonst nichts mehr anzufangen wußte mit seinem bißchen Leben und freudig aufgenommen wurde, weil er billig war, die mittelalterliche Moral, die einen Ueberläufer hochschätzte, weil er die eigene Truppe um zwei Fäuste und zwei marschierende Beine bereicherte. In jedem Werbebureau der Fremdenlegion wird ein Rekrut, der angibt, deutscher Deserteur zu sein, mit besonderer Freude aufgenommen, wird besonders hoch geschätzt als wünschenswerte militärische Bereicherung des Fremdenregiments. Noch weit schlimmer ist die Tatsache, daß Frankreich in seiner Fremdenlegion flüchtigen Verbrechern ganz offenkundig Asyl gewährt. Die Fremdenlegion liefert nur Mörder aus – allen anderen Verbrechern gibt sie Schutz! Und zwar nur aus dem egoistischen Grunde, für ein Regiment, das ständig für Frankreich im Kampfe steht und in ungesundem Klima arbeitet, billiges Menschenmaterial zu beschaffen.
    Der Durchschnittsfranzose hat sich in den achtzig Jahren des Bestehens der Legion damit begnügt, die Erfolge der fremden Söldner der französischen Fahne gutzuschreiben und die Fremdenlegion als eine von Gewohnheitswegen bestehende, gute, vorteilhafte, patriotische Institution zu betrachten. Erst in neuerer und vor allem in allerletzter Zeit betrachten französische Kreise die Legion als ein Problem. Heutzutage ist die Fremdenlegion nicht mehr eine Institution, die von allen Franzosen gutgeheißen wird. Auch im französischen Kriegsministerium hat man sich mit dem Legionsproblem beschäftigt. Man konnte sich aber nicht dazu entschließen, die Legion aufzugeben. Ein Soldat, der fünf Centimes, bare vier Pfennige Tagessold erhält und in den häßlichsten Klimaten, zu den gewagtesten Operationen verwendet werden kann, weil kein Hahn nach ihm kräht und seine Kommandeure keine Rechenschaft für sein Leben abzulegen haben, stellt ein zu verlockendes Geschäft im militärischen Sinne dar.
    Dem auf militärische Traditionen stolzen Frankreich mag es ja auch schwer fallen, eine Truppe aufzulösen, die seit über achtzig Jahren existiert und von den berühmtesten Generälen und Marschällen Frankreichs geführt wurde.
    Man warf die Frage auf, ob es nicht angebracht sein würde, den Rekrutierungsmodus zu ändern. Man wollte Legitimationspapiere verlangen, die darzutun hätten, daß der ausländische Rekrut in keinerlei Konflikt mit den Behörden seines Heimatlandes geraten war. Deserteure der Armeen anderer Länder sollten von vornherein nicht genommen werden.
    Ueber diesen Vorschlag ist die Meinung in französischen Militärkreisen geteilt. Bis jetzt hat immer die Ansicht den Ausschlag gegeben, daß die Fremdenlegion mit den fremden Deserteuren ihren in anderen Armeen ausgebildeten Kern von Soldaten verlieren würde. Die andere Partei behauptet jedoch, daß namentlich bei einer Erhöhung des Tagessoldes und einer Verkürzung der zur Pension berechtigenden Dienstzeit, die Abenteuerlichkeit des Lebens in der Fremdenlegion und die Hoffnung auf Avancement immer noch brauchbares Material genug aus aller Herren Ländern zum Dienst unter der Fremdenlegionsflagge verleiten würden. Bei diesen Debatten war nur der militärische Standpunkt maßgebend. Da als militärischer Faktor die Fremdenlegion sich stets glänzend bewährt hat, so ließ man die Dinge beim alten. Die Erwägungen über etwaige Aenderungen im System der Fremdenlegion gingen natürlich in aller Stille vor sich. Die Legion hat jedoch in allerletzter Zeit auch die allgemeine Öffentlichkeit in Frankreich beschäftigt.
    Es ist zweifellos, daß man in Frankreich anfängt, der Institution der Fremdenlegion kritisch gegenüberzustehen. Es ist erwachendes Verständnis, beginnender leiser Zweifel, ob das Landsknechtsregiment existenzberechtigt ist. Jaurès schrieb anläßlich der Massenmeuterei von Fremdenlegionären bei Saïda in der » Humanité «:
»Die Fremdenlegion wird uns gewiß andauernd Schwierigkeiten schaffen; die Idee, aus Fremden, zumeist aus fremden
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