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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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Luftröhre stäke, als ob einem der Hals zugeschnürt wäre, als ob man nie wieder würde atmen können. Damals, das erstemal, als ich die Angst in der Kehle kennen lernte, war die erste spanische Granate vom San Juanhügel her dicht neben mir krepiert. Diesmal wars schlimmer.
    Ah, man muß sich zusammennehmen! Irgendein Vers fiel mir ein:
Sei fröhlich, lieber Wandersmann!
Nun fängt ein neues Leben an.
    Hu, wie ironisch das klang! Wie ich nur gerade auf diese lustigen zwei Zeilen gekommen sein mochte ...
    Mit lächerlicher Sorgfalt kleidete ich mich an und brachte es sogar fertig, mich krampfhaft über den Schwarzbefrackten zu amüsieren, der die silbernen Kaffeegeräte so hübsch umständlich und zierlich zurecht stellte. Dann bezahlte ich unten im Bureau die Rechnung und erntete für mein Goldstück ein liebenswürdiges Lächeln von Madame und ein ganz leises Aufblitzen in den hübschen Augen. Der Oberkellner stand an der Tür, ein bißchen katzenbuckelnd, sehr erwartungsvoll.
    Ich griff in die Westentasche und gab ihm ein großes Silberstück:
    »Siehst du, mein Sohn, du bist der letzte Mensch auf dieser niederträchtigen Welt, dem ich ein Trinkgeld gebe. Das ist doch traurig, nicht wahr?«
    Der Oberkellner machte ein dummes Gesicht.
    » Je ne parle pas ...«
    »Ist schon gut,« sagte ich.
    Langsam schlenderte ich durch die winkeligen Gassen Belforts. Da reihte sich Laden an Laden, und vor jedem Laden standen, weit die Hälfte des Trottoirs einnehmend, kleine Tische, auf denen allerhand Sachen verlockend ausgebreitet lagen. Wie bequem für Diebe! dachte ich – und mußte gleich darauf lachen. Wie kam ich Verzweifelter dazu, an Belforter Ladenbesitzer und Belforter Diebe zu denken! Mechanisch überschaute ich die Umgebung. Von einem weiten freien Platz schimmerte es blau herüber: die Belforter hatten das Riesendach ihrer neuen Markthalle aus saphirblauem Glas erbaut, und Frau Sonne ließ sich häuslich darin nieder, um aus dem prosaischen Gehäuse für Kohlköpfe und Kartoffeln die allerschönsten Farbenspiele hervorzuzaubern. Lebhafte Franzosen und Französinnen eilten hin und her, und auf den Straßen herrschte ein Gewimmel und ein Gedränge ... Kinder, krabbelt doch nicht so umher – dies Leben ist der Plage gar nicht wert!
    Nein, es will nicht gehen mit dem Spott, und das große Vergessen will gar nicht kommen. Ich rappele mich zusammen. Machen wir Schluß!
    Ein blutjunger Leutnant kam die Straße herauf. Ich suchte mühsam mein holperiges Gymnasial-Französisch zusammen und lüftete den Hut.
    »Würden Sie so liebenswürdig sein, mir zu sagen, wo das Werbebureau der Fremdenlegion ist?«
    Der Offizier griff an die Mütze und blieb verwundert stehen.
    »Sie können mich begleiten, mein Herr. Ich bin sowieso auf dem Wege zu den Festungsbureaus.«
    Wir schritten nebeneinander her.
    »Sie scheinen ein Deutscher zu sein?« fragte der Leutnant in recht gutem Deutsch. »Falls Sie auf dem Legionsbureau irgendwelche Erkundigungen einziehen wollen, kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein. Ich bin der Adjutant des Festungskommandanten.«
    »Ich bin Deutscher und gedenke mich für die Fremdenlegion anwerben zu lassen,« murmelte ich. Wie fürchterlich schwer doch dieser erste Schritt war! Ich glaubte, ersticken zu müssen an den paar Worten.
    »Oh la, la ...« sagte der Offizier verblüfft.
    Noch einmal glitt sein prüfender Blick über meinen äußeren Menschen. Dann plauderte er (der Junge war ein prächtiges Exemplar französischer Liebenswürdigkeit) unbefangen weiter. Die Legion sei ein ungemein interessantes Korps. Er selbst hoffe, einmal auf ein paar Jahre zu den »étrangers« versetzt zu werden. Da unten sei doch immer etwas los.
    »Nirgends ist das Kreuz der Ehrenlegion so leicht zu haben wie im algerischen Süden. Brillante Karrieren da unten. Oh la, la! Eh bien – mein Herr, Sie werden bald die französische Uniform tragen. Wünschen Sie, mir irgend etwas Besonderes zu sagen?«
    Wieder der prüfende Blick.
    Ich verneinte.
    »Wirklich nichts?« fragte der Leutnant ernst.
    »Nein, durchaus nicht! Ich dachte, die Fremdenlegion lege ein ausschließliches Gewicht auf körperliche Tauglichkeit, ohne sich für das Vorleben der Rekruten zu interessieren.«
    Der Leutnant nickte: »Ah, das ist ganz richtig. Ich fragte nur in Ihrem eigenen Interesse. Wenn Sie zum Beispiel besondere militärische Kenntnisse hätten, so könnte Ihnen Ihr Weg in der Legion sehr leicht gemacht werden.«
    Was er meinte, verstand ich
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