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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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wenigen Schritten in ein Haus. Eine kleine Lampe qualmte in einer übelriechenden Stube. –
    »Sarah!« rief mein Begleiter.
    Eine alte Frau kam mit schlürfenden Schritten aus einem Nebengemach und schleppte, als sie hörte, um was es sich handelte, einen Haufen Kleider herbei. Ein Anzug war darunter, der anständig aussah. Er paßte mir ziemlich und – natürlich wurde wieder geschachert. Fünfzig Franks wechselten ihre Besitzer.
    Dann gab ich ihm noch ein Goldstück: »So, jetzt besorgst du mir Hut, Stiefel, Kragen und Kravatte.«
    Da aber fing die dicke Frau mit kreischender Stimme zu zetern an. Ich brächte das Unglück über ihr Haus, das Geschäft sei abgeschlossen – ich dürfe nicht länger im Hause bleiben! Es sei viel zu gefährlich! Allez-vous-en – allez-vous-en!
    Die alte Dame fiel mir auf die Nerven, und ich ging gerne. An der Ecke der Gasse wartete ich auf den Juden. In zehn Minuten war er zurück und meinte, für weitere zwanzig Franks würde er besonders gute Sachen, mehrere Kragen, einen guten Hut und Handschuhe schaffen können; für zwanzig Franks darüber einen ausgezeichneten Revolver. Ich gab ihm die Goldstücke. In kurzer Zeit kam er wieder und gab mir zwei Bündel.
    Am Ende der nächsten Gasse begann die Festungsmauer. Ich konnte sie von der Innenseite leicht ersteigen. Auf der Außenseite war die Entfernung zum Boden ziemlich groß, aber beim Sprung in die Tiefe fiel ich unbeschädigt in den Sand und stand in einem Palmenhain. Aus den weit geöffneten Fenstern einer Villa dicht bei den Baumgruppen des Hains strömte eine Flut von Licht, und lustige Walzerklänge tönten herüber. In schattenhaften Umrissen sah ich Paare sich im Tanze wirbeln. Offiziere waren darunter! Aber unter den Palmen war es dunkel. In fieberhafter Eile streifte ich die Uniform ab und zog die Zivilkleider an. Sie paßten! Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder einen Kragen anzuknöpfen und wieder eine Kravatte zu binden.
    Und als ich umgezogen war, spießte ich Uniform und Mantel, Militärschuhe und Käppi mit dem spitzen Bajonett an eine Palme. Mochten sie's da finden am Morgen!
    Ich streifte die Handschuhe über – meine Toilette war beendet. Drüben in der Villa wurde ein deutscher Walzer gespielt: »Das ist das süße Mädel ...«
    Mit einem häßlichen Furchtgefühl schritt ich dem nächsten Tore in der Festungsmauer zu. Aber die Legionäre, die dort auf Wache waren, beachteten mich gar nicht. Das gab mir Selbstvertrauen. Langsam und unauffällig, als sei ich ein spazierengehender Bürger, ging ich wieder über die Promenade. Ueberall schlenderten Legionäre. Mehreremale mußte ich umkehren und einen Umweg machen, weil mir Unteroffiziere meiner eigenen Kompagnie entgegenkamen! Es war ein aufregender Weg! Endlich hatte ich die innere Stadt durchquert und bog in das Villenviertel ein, dessen Hauptstraße geradenwegs nach dem Bahnhof führte. Das kleine Stationsgebäude lag verlassen da. Sorgfältig sah ich mich um, ob mich auch niemand beobachtete, und kletterte über die felsige Böschung hinab auf das Geleise.
    Die Schienen führen in gerader Linie nach Norden, Oran zu. Es war unterdessen völlig dunkel geworden. Vom Bahnhof her funkelten Lichter und Signallaternen; der Schienenstrang selbst lag in Dunkelheit da. Ich fing an, zu laufen. Im Anfang stolperte ich fortwährend über die spitzen Steine der Schotterung zwischen den Schwellen und fiel einmal der Länge nach hin. Aber ich gewöhnte mich rasch daran, von Schwelle zu Schwelle zu springen. Aus vollen Kräften rannte ich, eine Viertelstunde lang, eine halbe Stunde lang. Dann mußte ich, schwer keuchend, stehen bleiben. Feiner Regen rieselte herab. Die Gegend war in tiefes Dunkel gehüllt, und nur ein schwacher Lichtschein weit hinten am Horizont zeigte, wo Sidi-bel-Abbès lag. Meiner Schätzung nach mußte ich ungefähr fünf Kilometer zurückgelegt haben. Meine Füße schmerzten mich. Als ich einen Stiefel auszog und ihn tastend untersuchte, fühlte ich, daß innen im Stiefel lange Reihen von spitzen Nägeln durchdrangen; daß die Sohle feucht war von meinem Blute. Ich zerriß ein Taschentuch und polsterte die Nägelstellen mit Tuchfetzen aus. Zwar bohrten sich die spitzen kleinen Ungeheuer auch durch diese Hülle, aber es war doch weit besser als vorhin. Nun untersuchte ich den Revolver in meiner Tasche und sah mit freudigem Erstaunen, daß es eine prachtvolle Waffe war, eine Browningpistole. Der alte Jude, der von Schußwaffen nichts verstehen
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